Muslimische Hilfsorganisation fühlt sich von Justiz bedrängt
Die Anklagebehörde in Graz nehme einfach nicht zur Kenntnis, dass das von ihr geführte Verfahren zur Verdachtslage, "Rahma Austria" habe mit Spendengeldern die Terrororganisation Hamas finanziert, mangels an Beweisen im Sand verlaufen sei, meinten Vereinsobmann Taher Hassan und die Rechtsanwälte Andreas Schweitzer und Leonhard Kregcjk vor Journalistinnen und Journalisten in Wien. Zuletzt habe die Grazer Staatsanwaltschaft 700 Spender des muslimischen Vereins von der Kriminalpolizei als Zeugen vernehmen lassen, wobei man den Verdacht von Vermögens- und Finanzdelikten vorgeschoben habe, um bei Spendern den Verwendungszweck ihrer Zuwendungen abzufragen, meinte Schweitzer: "Hier wird die Sperrwirkung des eingestellten Verfahrens umgangen, um weiter dem Terrorismusverdacht nachzugehen." Den Zeugen sei "suggeriert" worden, sie hätten mit ihrer Spende womöglich Terrorismusfinanzierung betrieben.
Schweitzer nannte das eine "Überrumpelungstaktik", was sein Kollege Kregcjk bekräftigte. Man habe die Zeugen nicht zu einer förmlichen Einvernahme auf ein Amt geladen, vielmehr habe man sie am frühen Morgen zu Hause aufgesucht. "Da entsteht eine Drucksituation, wenn um halb sieben oder halb acht jemand vom Staatsschutz an der Tür klopft. Man hat das Gefühl, man hat etwas falsch gemacht und muss einen Verdacht ausräumen", sagte Kregcjik.
Die Grazer Anklagebehörde ließ diese Darstellung nicht gelten. Die Vorwürfe werde er nicht kommentieren, stellte Behördensprecher Hansjörg Bacher gegenüber der APA einleitend fest: "Es steht dem Verein bzw. den Vereinsfunktionären frei, entsprechende Rechtsmittel zu ergreifen, wenn sie sich von Verfahrensschritten verletzt fühlen." Zum Rechtlichen hielt Bacher fest, im Zuge der Ermittlungen zur "Operation Luxor" hätten sich beim Verein "Rahma Austria" Verdachtsmomente in eine völlig andere Richtung ergeben: "Es geht um den Verdacht der widmungswidrigen Verwendung von Spendengeldern." Man sei von Amts wegen verpflichtet, diesem Verdacht nachzugehen ("Wir leben schließlich in einem Rechtsstaat"), und habe daher die Kriminalpolizei mit entsprechenden Ermittlungsaufträgen betraut, betonte Bacher.
Im Zuge der staatsanwaltschaftlichen Prüfung der finanziellen Unterlagen des Vereins waren zwar keine Belege für eine zunächst vermutete Terrorismusfinanzierung gefunden worden. Man stieß aber auf Auffälligkeiten in der Buchhaltung. So wurden offenbar aus Vereinsmitteln Reisen für Personen bezahlt, die nichts mit dem Verein zu tun hatten - etwa Kleinkinder von "Rahma Austria"-Funktionären. Weiters wurden Honorarnoten für Personen sichergestellt, die nicht als beschäftigt gemeldet waren und Spenden vom Verein erhielten - für die Finanz und die Staatsanwaltschaft besteht nun der Verdacht, diese hätten "schwarz" für "Rahma Austria" gearbeitet, wobei ihrer Honorare mit Spenden-Geldern bezahlt wurden. Außerdem soll "Rahma Austria" Stromrechnungen für Personen übernommen haben, obwohl man wusste, dass diese zum Begleichen ihrer Strom-Kosten bereits Sozialhilfe erhalten hatten.
Das hat zur Folge, dass seitens der Staatsanwaltschaft Graz seit dem Vorjahr in Bezug auf diese Vorgänge gegen den Verein, den Obmann des Vereins und zwei weitere Funktionäre wegen Veruntreuung und Abgabenhinterziehung ermittelt wird. Auch der Verdacht des schweren Betrugs steht im Raum. Für den Rechtsvertreter des Vereins, Andreas Schweitzer, ist dazu "die Verdachtslage sehr weit hergeholt", wie er auf der Pressekonferenz betonte.
Der Verein "Rahma Austria" besteht seit 2006 und leistet auf drei Kontinenten und 20 Ländern karitative Hilfe. "Wir versuchen, immer vor Ort effektiv zu helfen", versicherte Obmann Taher Hassan. Zuletzt habe man nach dem schweren Erdbeben in der Türkei Wohncontainer errichtet, aktuell versorge man die Bevölkerung im Gaza-Streifen mit Lebensmitteln und Wasser. Das jährliche Spenden-Volumen umfasst laut Hassan vier Mio. Euro, wobei 30.000 bis 35.000 Personen "Rahma Austria" finanziell unterstützen.
Die anhaltenden Ermittlungen der Grazer Strafverfolgungsbehörde hätten allerdings das Spenden-Aufkommen reduziert, beklagte Hassan: "Wir haben dadurch viele Spender verloren, weil man uns in den Medien so präsentiert hat, als wären wir Kriminelle oder Terroristen. Man hat uns als Muslime denunziert."
Zusammenfassung
- Der Verein 'Rahma Austria', der seit 2006 in 20 Ländern karitative Hilfe leistet, sieht sich von der Grazer Justiz bedrängt, obwohl das Verfahren wegen terroristischer Vereinigung, Terrorismusfinanzierung und Geldwäscherei eingestellt wurde.
- Die Grazer Staatsanwaltschaft hat 700 Spender des Vereins, der jährlich ein Spendenvolumen von vier Millionen Euro von 30.000 bis 35.000 Unterstützern erhält, als Zeugen vernehmen lassen, um den Verdacht der Terrorismusfinanzierung weiter zu verfolgen.
- Die fortgesetzten Ermittlungen haben das Spendenaufkommen des Vereins reduziert, was der Verein als Diskriminierung und Denunziation in den Medien kritisiert.