Millionenerbin entledigt sich via Bürgerrat ihres Vermögens
"Ich habe immer gesagt, ich möchte mindestens 90 Prozent rückverteilen, und jetzt geht es endlich um diese Rückverteilung", sagte Engelhorn und zeigte sich "wahnsinnig aufgeregt". Vermögen sei in Österreich klar ungleich verteilt, und das sei ungerecht. Das reichste Prozent der Bevölkerung besitze knapp 50 Prozent aller Vermögen, mit allen negativen Auswirkungen auf das soziale Gefüge, das politische System oder auch die Medienlandschaft. "Das sorgt dafür, dass die Demokratie gefährdet wird durch diesen überproportional großen Einfluss einiger reicher Menschen."
Der Staat tue aber nichts dagegen und komme seinem Auftrag nicht nach, Steuern auf Vermögen und Erbschaften einzuheben. Deshalb sei sie der Idee eines Bürger:innenrats nahegetreten, nach dem Vorbild etwa des Klimarats: "Wenn man auf die Menschen hört, kommen wirklich unglaubliche Dinge dabei heraus."
Finanziert von Engelhorn, geht ein solches Gremium nun an den Start. 10.000 Einladungsbriefe werden dieser Tage versandt. Aus diesen zufällig Ausgewählten sollen in einem zweistufigen Verfahren 50 Personen und 15 Ersatzmitglieder repräsentativ für die Menschen über 16 Jahren in Österreich ausgewählt werden, schilderte Christoph Hofinger vom Foresight Institut (vormals Sora). Von März bis Juni soll dieser "Gute Rat" (http://guterrat.info/) dann - begleitet von einem Moderatorenteam und Experten - Ideen für den Umgang mit der Vermögensverteilung entwickeln und über die Rückverteilung der 25 Millionen Euro entscheiden. Getagt wird an sechs Wochenenden in Salzburg, pro Wochenende gibt es 1.200 Euro Aufwandsentschädigung pro Person.
Dass sie diesen Weg gewählt habe und das Geld nicht einfach selbst verteilt, hat laut Engelhorn einen guten Grund: Es wäre dann weiter ihre Entscheidung, und die Macht bliebe bei ihr. "Ich denke, wenn man die Demokratie ernst nimmt, muss man ihr eine richtige Chance geben." Mit einem Bürgerrat bitte sie ganz normale Menschen, eine Entscheidung zu treffen, ohne sie dabei allein zu lassen: "Dieses Vertrauen ist mir wichtiger, als die Macht bei mir zu bunkern."
Mit dem Geld, das ihr übrig bleibe, wolle sie die Übergangszeit finanzieren, bis sie dann selbst ins Erwerbsleben einsteige. Angst, dass sie diese Lebensentscheidung später bereuen könnte, habe sie nicht; vielmehr freue sie sich, diese Macht abzugeben. "Wenn überreiche Menschen die Welt retten wollten, dann hätten sie es gemacht", erteilte Engelhorn auch der Idee philanthropischer Millionäre eine Absage.
Arbeiterkammer-Präsidentin Renate Anderl zollte Engelhorn in einer Aussendung "großen Respekt" für ihre Entscheidung. "Medien, Parlament und Bundesregierung sollten dieses starke Signal ernst und zum Anlass nehmen, über Millionärssteuern sachlich zu diskutieren und diese zu realisieren", forderte sie. Unterstützung kam auch von den Grünen, die sich für eine Millionärssteuer für Millionenerben aussprachen. Die Arbeiterkammer verwies - ebenso wie das Momentum Institut - auch auf die aktuellen Zahlen der Europäischen Zentralbank (EZB), wonach Österreich die zweithöchste Vermögenskonzentration der Eurozone aufweist.
Ein klares Nein zu Vermögens- und Erbschaftssteuer kam hingegen einmal mehr von der Industriellenvereinigung (IV). Rufe nach einer "willkürlichen Besteuerung von hart erarbeitetem und bereits besteuertem Vermögen" wurden als realitätsfremd bezeichnet. Es brauche keine weiteren standortschädigenden Debatten, wurde in einer Aussendung erklärt.
Zusammenfassung
- Millionenerbin Marlene Engelhorn macht mit der Verteilung ihres Vermögens ernst.
- Vermögen sei in Österreich klar ungleich verteilt, und das sei ungerecht.
- Das reichste Prozent der Bevölkerung besitze knapp 50 Prozent aller Vermögen, mit allen negativen Auswirkungen auf das soziale Gefüge, das politische System oder auch die Medienlandschaft.
- "Ich denke, wenn man die Demokratie ernst nimmt, muss man ihr eine richtige Chance geben."