Midterm-Wahlen: Droht Biden eine Blockade?
Bei den Midterm-Wahlen in den USA - zur Mitte von Bidens Amtszeit - werden am Dienstag alle 435 Sitze im Repräsentantenhaus und etwa ein Drittel der Sitze im Senat neu vergeben. Zudem stehen in diversen Bundesstaaten Gouverneurswahlen an.
Umfragen zufolge haben die Republikaner gute Chancen, die Mehrheit im Repräsentantenhaus zu erobern. Für den Senat wird ein enges Rennen um die Mehrheit vorhergesagt. Folgende Szenarien sind möglich:
Ein geteilter Kongress
Folgendes wäre laut Umfragen gut möglich: Die Republikaner erobern die Mehrheit im Repräsentantenhaus und die Demokraten verteidigen ihre Mehrheit im Senat. Das wäre erst einmal erfreulich für Biden, denn üblicherweise verliert die Partei des Präsidenten bei den "Midterms" Sitze in beiden Kammern. Unangenehm würde es für Biden trotzdem.
Die Republikaner drohen mit diversen Untersuchungen gegen Demokraten oder gar Amtsenthebungsverfahren gegen Mitglieder des Biden-Kabinetts. Der Rechtswissenschaftler Gregory Magarian von der Washington University in St. Louis meint, viele in der Partei wollten "Rache" üben für das Vorgehen gegen den republikanischen Ex-Präsidenten Donald Trump. Gegen ihn gab es zwei Amtsenthebungsverfahren, ein Untersuchungsausschuss geht seiner Rolle bei der Attacke auf das US-Kapitol nach. Das Ziel einiger Republikaner ist, nun im Gegenzug Biden und seiner Regierung das Leben schwer zu machen.
Vor allem würde der Präsident bei diesem Ausgang keine großen Gesetzesvorhaben mehr durch den Kongress bringen können - "weil ihm die Republikaner keine Erfolge gönnen und nicht wollen, dass er seine Bilanz verbessert", sagt Johannes Thimm, USA-Experte der Stiftung Wissenschaft und Politik.
Das könnte auch Folgen weit über die USA hinaus haben: Denn die Republikaner könnten womöglich ebenso die Ukraine-Hilfen, die vom Kongress bewilligt werden müssen, blockieren oder ausbremsen. Der oberste Republikaner im Repräsentantenhaus, Kevin McCarthy, der Vorsitzender der Kammer werden will, hat genau das angedroht und argumentiert, inmitten einer Rezession könnten die USA der Ukraine keinen "Blankoscheck" ausstellen. Experten vermuten dahinter allerdings eher einen Versuch McCarthys, Druck aufzubauen.
Die theoretische andere Variante, dass die Demokraten ihre Mehrheit im Repräsentantenhaus halten und die Republikaner dafür die Mehrheit im Senat holen könnten, gilt als sehr unwahrscheinlich.
Mehrheit für Republikaner in beiden Kammern
Sollten die Republikaner die Mehrheit in beiden Kammern gewinnen, wäre das bitter für Biden. "Dann hat er drei Probleme", sagt Thimm: "Er bekommt keine Gesetze mehr durch, muss sich mit Untersuchungen herumschlagen und bekommt auch keine Nominierungen im Senat mehr durch." Wichtige Personalien auf Bundesebene - etwa Botschafter, Kabinettsmitglieder oder Bundesrichter - müssen vom Senat bestätigt werden. Gerade die Berufung von Richtern hat Gewicht: "Das haben beide Parteien zu einer Priorität gemacht, weil da die Kämpfe über die politische Zukunft des Landes ausgefochten werden", sagt Thimm.
Verlieren die Demokraten auch ihre hauchdünne Mehrheit im Senat, käme also vieles zum Stillstand. "Das würde erst mal Blockade und Reformunfähigkeit bedeuten", erklärt Thimm, betont aber: "Biden bleibt dann das exekutive Regieren: per Dekret, per Anordnung, per Regulierung durch nachgeordnete Behörden. Da geht schon noch eine ganze Menge." Viele dieser Befugnisse hat Biden allerdings schon zu Beginn seiner Präsidentschaft ausgespielt. Deshalb stellt sich die Frage, ob er auf diese Weise noch größere Vorhaben anstoßen könnte.
Die Republikaner könnten in diesem Szenario in beiden Kongresskammern Untersuchungen gegen Demokraten anstrengen und außerdem nach Belieben legislative Initiativen anstoßen, etwa ein nationales Gesetz zur Einschränkung von Abtreibungen. Viel davon würde verpuffen, weil der Präsident dies per Veto stoppen könnte und keine Zweidrittelmehrheit für die Republikaner absehbar ist, um ein Veto zu überstimmen. Mühsam wäre es für Biden trotzdem.
"Die zweite Hälfte seiner Präsidentschaft wäre rein defensiv", sagt Magarian. "Er würde im Wesentlichen an seinem Schreibtisch sitzen und politische Drohungen abwehren." Ob Biden aus dieser Position heraus - und als ältester Präsident aller Zeiten - gute Chancen für eine zweite Amtszeit hätte, ist fraglich.
Mehrheit für Demokraten in beiden Kammern
Derzeit haben Bidens Demokraten eine knappe Mehrheit in beiden Kongresskammern, im Senat nur eine hauchdünne. Sie besetzen dort 48 der 100 Sitze, zwei Unabhängige stimmen nahezu immer mit ihnen. Auf eine Mehrheit kommen sie nur durch die Stimme von US-Vizepräsidentin Kamala Harris, die gleichzeitig Präsidentin des Senats ist und in einer Pattsituation mit abstimmen darf. Bliebe es dabei, wäre das für Biden eine echte Sensation - angesichts der sonst üblichen Verluste für den Präsidenten bei den "Midterms".
Das hieße, Biden könnte weitermachen wie bisher. Dass das aber auch nicht immer einfach ist, haben die vergangenen zwei Jahre gezeigt. "Auch mit einfachen Mehrheiten kann Biden nicht durchregieren", sagt Thimm. Vor allem zwei Parteikollegen machten Biden im Senat das Leben schwer: Joe Manchin und Kyrsten Sinema blockierten diverse seiner Vorhaben - auch ein gewaltiges Investitionsprogramm für Klima und Soziales, das Biden als Vermächtnis seiner Präsidentschaft angepeilt hatte. Am Ende konnte er nur Teile davon durchsetzen.
Könnten die Demokraten ihre Mehrheit im Senat womöglich noch ausbauen, wonach es in Umfragen nicht aussieht, dann täten sich für sie neue Chancen auf. "Wenn die Demokraten einen Sitz dazugewinnen, müssen sie sich um Manchin nicht mehr viele Sorgen machen", sagt Magarian. "Wenn die Demokraten zwei Sitze dazugewinnen, müssen sie sich weder um Manchin noch um Sinema mehr viele Sorgen machen." Das würde Biden dramatisch mehr Spielraum geben. Er könnte zuvor blockierte Vorhaben doch noch durchbringen und punktuell womöglich die uralte Filibuster-Regel im Senat aushebeln, um Initiativen zur Abstimmung zu bringen, gegen die sich Republikaner vehement sperren. In einem Wort hieße dies für Biden eines, sagt Magarian: "Halleluja".
Sechs US-Staaten im Mittelpunkt
Laut "CNN" stehen gerade sechs US-Staaten im Mittelpunkt der Midterm-Wahlen. In den Bundesstaaten Arizona, Georgia, Michigan, Pennsylvania, Wisconsin und Nevada finden mehrere entscheidende Wahlen statt, die "über die Kontrolle des Senats, des Repräsentantenhauses und Regierung der Bundesstaaten entscheiden werden".
Comeback für Trump?
Der frühere US-Präsident Donald Trump hat kürzlich angedeutet, dass er bei den Wahlen 2024 noch mal für das Weiße Haus kandidieren könnte. "Um unser Land erfolgreich, sicher und ruhmreich zu machen, werde ich es sehr, sehr, sehr wahrscheinlich wieder tun", sagte er bei einer Wahlkampfveranstaltung der Republikaner in Sioux City im Bundesstaat Iowa. "Macht euch bereit, das ist alles, was ich euch sage", ergänzte der 76-Jährige.
Eine mit Trumps Plänen vertraute Person sagte, der Ex-Präsident wolle seine Wiederwahlkampagne kurz nach den Kongress-Wahlen am kommenden Dienstag ankündigen.
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Laut der Nationalratsabgeordneten Ewa Ernst-Dziedzic (Grüne) ist die derzeitige Stimmung in den USA "zweifelsohne angespannt". Das Land sei gespalten und es gebe eine "hohe Polarisierung". Viele Menschen in den USA würden Joe Biden als Präsident weiterhin nicht anerkennen und sich eine Rückkehr des ehemaligen Präsidenten Donald Trump wünschen.
Die "sicherheitspolitische und die gesellschaftspolitische Lage" werde weiterhin angespannt bleiben, unabhängig davon wie die Midterm-Wahlen ausgehen, so Ernst-Dziedzic.
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Zusammenfassung
- Bei den Midterm-Wahlen in den USA - zur Mitte von Bidens Amtszeit - werden am Dienstag alle 435 Sitze im Repräsentantenhaus und etwa ein Drittel der Sitze im Senat neu vergeben
- Zudem stehen in diversen Bundesstaaten Gouverneurswahlen an.
- Umfragen zufolge haben die Republikaner gute Chancen, die Mehrheit im Repräsentantenhaus zu erobern
- Für den Senat wird ein enges Rennen um die Mehrheit vorhergesagt.
- Welche Szenarien möglich sind, lesen sie weiter im Artikel.