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Menschenrechtsliga mit Appell an Koalitionsverhandler

Die Österreichische Liga für Menschenrechte hat anlässlich des Internationalen Tags der Menschenrechte am 10. Dezember Forderungen an die Politik. Die Menschenrechte seien 2024 "massiv unter Druck", hieß es am Montag bei der Präsentation des "Befunds 2024" zur Lage der Grund- und Menschenrechte. Die Liga fordert einen verstärkten gesellschaftlichen Dialog und konkrete Maßnahmen zur Wahrung sowohl der Menschenrechte als auch der sozialen Gerechtigkeit.

Barbara Helige, die Präsidentin der Liga für Menschenrechte, warf auch einen Blick auf die Regierungsverhandlungen zwischen ÖVP, SPÖ und NEOS: Die Lage erwarte, dass die gesamte Erstellung des Regierungsprogramms auf einer "menschenrechtlichen Basis" erfolge. Die Menschenrechte müssten die "selbstverständliche Grundlage" sein, es müsste Integration gefördert und der Spaltung entgegengewirkt werden. "Das ist eine ganz wichtige und die zentrale Forderung."

Die Situation 2024 sei nicht einfacher geworden, so Helige. Sie verwies auf die Kriege in der Ukraine und im Nahen Osten, die zahlreiche zivile Opfer forderten. Auch würden Parteien weltweit an Einfluss gewinnen, die demokratische Institutionen infrage stellen.

Revolutionen würden in demokratischen Staaten an der Wahlurne stattfinden, verwies sie auch auf das Wahlergebnis in Österreich. Die letztendlich stimmenstärkste Partei habe auf fremdenfeindliche Rhetorik gesetzt und die Wut der Bevölkerung "geschürt", so Helige, ohne die angesprochene FPÖ beim Namen zu nennen. Man müsse die Frustration vieler Menschen über Teuerung, Mangel an leistbarem Wohnraum und die Probleme in den Schulen ernst nehmen.

Man dürfe aber das Feld nicht jenen überlassen, "die am demokratischen Rechtsstaat rütteln". Es brauche eine überzeugende Vermittlung der Vorteile des politischen Systems Demokratie, das Diskriminierung verbietet und die Menschenrechte wahrt. Es werde für alle notwendig sein, den Dialog in der Gesellschaft zu fördern und ein tieferes Verständnis für unterschiedliche Perspektiven zu entwickeln. Wichtig sei es dabei auch, nicht in der jeweiligen Blase zu verharren, man müsse sich der Diskussion stellen und einer weiteren Spaltung der Gesellschaft entgegenwirken.

Auf das Thema der Energiearmut wies Marie Chahrour, Vertreterin der Volkshilfe, hin. Im ersten Quartal 2023 hätten sich 14 Prozent der 18- bis 74-Jährigen das Heizen und/oder den Strom nicht ausreichend leisten können, verwies sie auf Daten der Statistik Austria. Besonders würden armutsbetroffene Familien und Frauen darunter leiden. Eine Umfrage der Volkshilfe habe gezeigt, dass über die Hälfte der befragten Klientinnen und Klienten ihre Kinder nur eingeschränkt vor Kälte in der Wohnung schützen kann. Dies habe weitreichende Folgen für deren physische und psychische Gesundheit. Sie forderte von der Regierung Lösungen, um Energiearmut nachhaltig zu beseitigen, wie etwa eine Energiesicherung, die ein leistbares Grundkontingent an Energie für alle garantiert. Darüber hinaus verwies sie auf die Forderung der grundsätzlichen Beseitigung von Armut durch Maßnahmen wie eine armutsfeste Sozialhilfe, eine Kindergrundsicherung und die Erhöhung des Arbeitslosengeldes.

Auf die aktuelle Gefährdung der Rechte von LGBTIQ+ Personen verwies Andreas Brunner, Co-Leiter von QWIEN - Zentrum für queere Geschichte. Der Wahlsieg Donald Trumps in den USA verstärke anti-queere Tendenzen auch in liberalen Demokratien. In den USA würden Rückschritte bei Frauen- und Minderheitenrechten drohen, insbesondere für Trans- und Inter-Personen. Auch erinnerte er daran, dass in Österreich viele entscheidende rechtliche Änderungen nicht von der Politik, sondern durch Urteile der Höchstgerichte durchgesetzt wurden.

Auch die Volksanwaltschaft nahm den Tag der Menschenrechte am Dienstag zum Anlass zu einem Appell, die Menschenrechte in Österreich weiter zu verbessern. 2023 haben Kommissionen der Volksanwaltschaft österreichweit 505 Kontrollen durchgeführt, bei 64 Prozent kam es zu Beanstandungen der menschenrechtlichen Situation, hieß es in einer Aussendung. Im Jahr davor gab es 481 Kontrollen mit 70 Prozent Beanstandungen. Geprüft wurden Orte wie Alten- und Pflegeheime, Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe wie auch Einrichtungen für Menschen mit Behinderungen. "Die Richtung stimmt also, aber es gibt noch viel Luft nach oben", so Volksanwältin Elisabeth Schwetz, Volksanwältin Gabriela Schwarz und Volksanwalt Bernhard Achitz.

Die Entwicklungsorganisation Jugend Eine Welt wies darauf hin, dass laut UNESCO weltweit 251 Millionen Kinder und Jugendliche ohne Schulbildung sind und 650 Millionen die Schule ohne Abschluss verlassen. "Vor allem in Ländern des Globalen Südens haben Kinder und Jugendliche noch immer keine Möglichkeit wichtige Schulbildung zu erhalten. Mit unseren Schul- und Ausbildungsprojekten, die wir seit mittlerweile 27 Jahren in Südamerika, Afrika, Asien und Ost-Europa unterstützen, versuchen wir genau diesen jungen Menschen den Schlüssel zu einem besseren Leben in die Hand zu geben", so die Organisation in einer Aussendung.

Der Österreichische Gehörlosenbund (ÖGLB) wies auf die Notwendigkeit der vollständigen Gleichstellung und Inklusion der Gehörlosen-Community in Österreich hin und lud in Kooperation mit dem Österreichischen Institut für Menschenrechte zu einer Veranstaltung an die Universität Salzburg mit diesem Thema. "Die Verwirklichung der Menschenrechte für alle, auch für gehörlose, schwerhörige und taubblinde Personen, ist nur mit umfassender Barrierefreiheit möglich", sagte ÖGLB-Präsidentin Helene Jarmer in einer Aussendung.

(S E R V I C E - Die vollständigen Beiträge des Befundes 2024 sind unter http://www.liga.or.at/projekte/menschenrechtsbefund abrufbar.)

ribbon Zusammenfassung
  • Die Österreichische Liga für Menschenrechte fordert zum Internationalen Tag der Menschenrechte verstärkten Dialog und Maßnahmen zur Wahrung der Menschenrechte.
  • Barbara Helige, Präsidentin der Liga, betont, dass das Regierungsprogramm auf einer menschenrechtlichen Basis erfolgen muss.
  • Marie Chahrour von der Volkshilfe berichtet, dass 14 Prozent der 18- bis 74-Jährigen in Österreich im ersten Quartal 2023 Energiearmut erlebten.
  • Andreas Brunner von QWIEN warnt vor verstärkten anti-queeren Tendenzen, beeinflusst durch den Wahlsieg Donald Trumps.
  • Die Volksanwaltschaft stellte 2023 bei 64 Prozent der Kontrollen menschenrechtliche Beanstandungen fest.