Mehr Budget fürs Bundesheer? Laut Grünen laufen Verhandlungen noch
Der Krieg in der Ukraine führt zu einer Trendwende in der österreichischen Verteidigungspolitik, hieß es am Donnerstagvormittag in mehreren Zeitungsberichten: Dem Bundesheer würde "dank eines geplanten Neutralitätspaketes" der große Geldsegen bevorstehen.
"Kronenzeitung" und "Kurier" berichteten, dass ein zehn Milliarden Euro schwerer "Neutralitätsfonds" für die nächsten Jahre eingerichtet werden soll, mit dem der Investitionsrückstau der letzten Jahrzehnte abgebaut werden soll. Zum anderen soll das Regelbudget des Heers bis 2027 auf 1,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts angehoben werden. Das soll Verteidigungsministerin Klaudia Tanner (ÖVP) fordern, so die Medien.
Grüne dementierten
Der Wehrsprecher des Grünen Koalitionspartners bestreitet die kolportierten Zahlen allerdings. "Jeder Punkt ist falsch", sagt David Stögmüller (Grüne) gegenüber PULS 24. Es habe am Donnerstagvormittag eine Risikoanalyse mit den Wehsprechern der Parlamentsparteien gegeben. Ums Budget sei es dabei nicht gegangen und um konkrete Zahlen schon gar nicht, so Stögmüller. Laut seinen Angaben würde "so hohe Zahlen nicht mal die ÖVP" fordern. Debatten über das Budget des Bundesheeres würden derzeit geführt werden, so der Grünen-Politiker. Bis ein Ergebnis feststehe, sei aber Stillschweigen vereinbart worden.
Auch die Wehrsprecher Robert Laimer (SPÖ), Reinhard Bösch (FPÖ) und Douglas Hoyo (NEOS) zeigten sich über das angebliche Vorgehen der Ministerin empört. Aus dem Verteidigungsministerium hieß es am Donnerstagabend schließlich ebenfalls, dass die Ministerin die 1,5 Prozent vom BIP zwar "wünschenswert" finde, es heute aber um "keine konkreten Zahlen" gegangen wäre. Die Gespräche seien "am laufen". Es gebe aber Konsens, dass es mehr Budget brauche.
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Sollte das in den Medien beschriebene "Neutralitätspaket" so das Parlament passieren, wäre das ein bisher nie da gewesenes Verteidigungsbudget, das dem in den vergangenen Jahrzehnten stark reduzierten Bundesheer neuen Handlungsspielraum eröffnen würde. 1,5 Prozent des Bruttoinlandsproduktes wären um die sechs Milliarden Euro im Jahr.
Derzeit liegt das Heeresbudget bei 0,6 Prozent des BIP beziehungsweise 2,7 Milliarden Euro. Zum Vergleich: Zum Höhepunkt des Kalten Krieges lag das Verteidigungsbudget bei knapp 1,2 Prozent des BIP. Selbst eine Verankerung im Verfassungsrang steht zur Debatte.
Konsens nur über Debatte an sich
Derzeit scheint aber nur festzustehen, dass man das Budget reformieren wolle. In einer offiziellen Aussendung des Verteidigungsministeriums nach der Risikoanalyse wurde Ministerin Klaudia Tanner (ÖVP) wie folgt zitiert: "Das aktualisierte Risikobild zeigt deutlich, dass die sicherheitspolitischen Herausforderungen die Notwendigkeit einer erhöhten gesamtstaatlichen Resilienz noch deutlicher unterstreichen. Daher müssen wir die Wehrfähigkeit steigern, die Neutralität sicherstellen und europäisch denken. [...] Wir müssen wieder für ein gesteigertes Sicherheitsgefühl sorgen, das schulden wir den Menschen die in Österreich leben. Um all diese Herausforderungen bewältigen zu können, benötigen wir ein deutlich höheres Budget, darüber gab es im heutigen Gespräch Konsens".
Auch der grüne Wehrsprecher David Stögmüller soll sich laut der Aussendung zu den Plänen bekannt haben: "Wir brauchen einen gemeinsamen, parteiübergreifenden Schulterschluss um unser Heer weiterzuentwickeln. Nicht zum Selbstzweck, sondern um uns alle zu schützen. Gemeinsam wollen wir das Budget auf die Notwendigkeiten des aktualisierten Risikobildes anpassen. Klar ist: wir müssen im Sinne der umfassenden Landesverteidigung Prioritäten setzen und die Projekte Stück für Stück abarbeiten."
Tanner beruft sich auf Generalstabschef
Am Nachmittag stellte sich Tanner im Parlament dann doch noch den Medien. Die zehn Mrd. Euro bzw. die 1,5 Prozent des BIP kämen von Generalstabschef Robert Brieger, erklärte sie, und "als Verteidigungsministerin stehe ich da vollinhaltlich dahinter". Sie selbst habe die notwendigen Erhöhungen nicht an Zahlen festgemacht. "Ich bin überzeugt, dass das Parlament einen dementsprechenden Beschluss fassen wird, dass wir alles erhalten, was wir brauchen", zeigte sie sich überzeugt. Schließlich gebe es einen entsprechenden Beschluss des nationalen Sicherheitsrats. Auf die Brüskierung der Fraktionen - und auch des grünen Koalitionspartners - angesprochen meinte Tanner: "Die jetzige Situation ist nicht geeignet, dass Verärgerungen entstehen sollten." Sie habe jedenfalls Kontakt mit allen Wehrsprechern aufgenommen.
Hinweis: Auch PULS 24 übernahm zuerst die konkreten Zahlen aus anderen Medienberichten, der Artikel wurde nach Reaktion der Grünen geändert.
Zusammenfassung
- Laut zwei Medienberichten soll sich Verteidigungsministerin Klaudia Tanner (ÖVP) für ein 10 Milliarden Euro umfassendes "Neutralitätspaket" fürs Bundesheer einsetzen, 1,5 Prozent des BIP sollen ins Budget des Heers fließen.
- Der Wehrsprecher des Grünen Koalitionspartners bestreitet die kolportierten Zahlen allerdings. "Jeder Punkt ist falsch", sagt David Stögmüller (Grüne) gegenüber PULS 24.
- Es habe am Donnerstagvormittag eine Risikoanalyse mit den Wehsprechern der Parteien gegeben. Ums Budget sei es dabei nicht gegangen und um konkrete Zahlen schon gar nicht, so Stögmüller.
- Auch die Wehrsprecher Robert Laimer (SPÖ), Reinhard Bösch (FPÖ) und Douglas Hoyo (NEOS) zeigten sich über das angebliche Vorgehen der Ministerin empört.
- Aus dem Verteidigungsministerium hieß es am Donnerstagabend schließlich ebenfalls, dass die Ministerin die 1,5 Prozent vom BIP zwar "wünschenswert" finde, es heute aber um "keine konkreten Zahlen" gegangen wäre.