Mangott: Mutmaßlich freier Prigoschin zeigt Putins Schwäche

Am Donnerstag wurden Gerüchte laut, dass sich der Wagner-Truppenführer Jewgeni Prigoschin nun in Russland befindet. Eigentlich hatte man ihn im Exil in Belarus geglaubt. Osteuropa-Experte Gerhard Mangott sieht die Quelle als unzuverlässig an.

Vor etwa zwei Wochen rief der russische Söldner-Chef Jewgeni Prigoschin seine Truppen zum Marsch auf Moskau auf. Bis in die russische Hauptstadt kamen sie nicht, aber die Macht-Position des russischen Präsidenten Wladimir Putin wurde damit stark geschädigt. Der innerrussische Eklat endete mit Prigoschins Exil in Belarus. Nun verkündete der belarussische Machthaber Alexander Lukaschenko, dass Prigoschin gar nicht in Belarus sei, sondern in Russland.

Laut Russland-Experten Gerhard Mangott gibt es dafür keine Beweise. Auch dass Prigoschin überhaupt in Belarus gewesen sei, das hätte nur Lukaschenko gesagt. Bilder habe es nie gegeben.

Aktuell gebe es jedoch Flugdaten, wonach ein Privatjet des Söldnerführers Prigoschin auf dem Weg nach Moskau sei.

"Absurde" Aussagen des Kremls

Verwirrung um den Aufenthaltsort des Truppenführers stiftete auch eine Aussage des Kreml-Sprechers Dimitri Peskow. So hat dieser gesagt, dass der Kreml "nicht [die] Fähigkeit und auch nicht [den] Wunsch zu wissen [hat], wo Prigoschin sich aufhält".

Das sei "verwunderlich", so Mangott, denn immerhin habe Prigoschins Meuterei am 24. Juni das Leben von 13 russischen Soldaten gekostet. Peskows Aussage findet der Russland-Experte "absurd", natürlich wisse die russische Führung, wo Prigoschin sich befindet.

Kommt Prigoschin davon?

Falls das in Moskau ist, dann sei das ein "außerordentliches Zeichen der Schwäche von Putin". Es müsse einen Grund haben, dass "Prigoschin unbehelligt bleibt". Mangott vermutet Unterstützer im Militärgeheimdienst auf der Seite des Söldnerführers. 

Wenn Putin zu schwach sei, etwas gegen Prigoschin zu unternehmen, dann könne Prigoschin in Moskau sein. Das wäre aber wiederum ein "fatales Zeichen für die Autorität" Putins. 

Anpatz-Kampagne des Kremls

Schon vor der Meuterei durch die Wagner-Truppen am 24. Juni war Prigoschin den Russinnen und Russen bekannt. Er soll hohe Beliebtheitswerte gehabt haben. Das Gerücht, dass Prigoschin als "feier Mann in Russland" verkehrt, würde nun dazu führen, dass zum Beispiel Bilder von einer bereits zurückliegenden Wohnungsdurchsuchung von Prigoschin veröffentlicht wurden.

Der Kreml wolle hier den Söldner-Führer vor der Bevölkerung diskreditieren. Veröffentlicht wurden auch Bilder, die den Wagner-Chef mutmaßlich mit Perücken oder Bärten zeigen, Mangott denkt, dass es sich bei diesen Aufnahmen auch um "Fake-News" handeln könne. 

Klar sie mittlerweile, dass die Wagner-Truppen weiterhin existieren. Das wisse man aus Verhandlungen von Russland mit dem afrikanischen Staat Mali. Unklar sei aktuell aber, wem gegenüber die Truppen weisungsgebunden sind – dem russischen Verteidigungsministerium oder Prigoschin. 

AKW Sabotage "unwahrscheinlich"

Russland und auch die Ukraine warnen vor einer Eskalation der Situation beim ukrainischen AKW Saporischschja. So berichtete der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj am Mittwoch von russischen Anschlagsplänen auf das Atomkraftwerk. Diese Art der Beschuldigung sei nicht neu, Mangott hält es für "sehr unwahrscheinlich", dass Russland wirklich einen Anschlag auf das AKW ausüben würde, denn die Konsequenzen würden auch russische Soldaten betreffen.

Im Ernstfall glaubt der Russlandexperte aber nicht, dass sich Umweltkatastrophen, wie in Tschernobyl oder Fukushima wiederholen könnten. Denn die Reaktoren in Saporischschja sind "im Cold-Shutdown". Die Bedrohungslage sei für NATO und EU unverändert. 

AFP
ribbon Zusammenfassung
  • Am Donnerstag wurden Gerüchte laut, dass sich der Wagner-Truppenführer Jewgeni Prigoschin nun in Russland befindet.
  • Eigentlich hatte man ihn im Exil in Belarus geglaubt.
  • Osteuropa-Experte Gerhard Mangott sieht die Quelle als unzuverlässig an.