Lufthansa und Austrian meiden weißrussischen Luftraum

Nach der erzwungenen Landung eines Ryanair-Flugzeugs in Minsk wird die deutsche Fluggesellschaft Lufthansa den weißrussischen Luftraum vorerst meiden. Die Entscheidung betreffe auch Austrian Airlines. Der Vater des in Belarus festgenommen Bloggers äußerte sich zum ersten Mal.

Nachdem eine österreichische Maschine nach Moskau am Montag am Hin- und Rückflug Belarus (OS601 bzw. OS602) umflogen hatte, hatte eine Sprecherin von Lufthansa am Nachmittag noch von der Konzernentscheidung berichtet, dass Flüge aller Gesellschaften der Lufthansa Gruppe doch weiterhin regulär über Belarus geführt würden. Zwischenzeitlich wurde diese Entscheidung revidiert. "Unser nächster Flug nach Moskau, den das betrifft, ist aber erst am 27. Mai und es wird erwartet, dass am Dienstag eine Entscheidung vom EU-Gipfel kommt", erläuterte sie. Auch andere europäischer Fluggesellschaft umflogen bereits am Montag.

Der belarussische Flughafen in Minsk gilt als wichtiges internationales Drehkreuz, weil es im Zuge des Konflikts zwischen Russland und der Ukraine keine direkten Flüge mehr zwischen den beiden Ländern gibt. Wer zum Beispiel von Moskau nach Kiew will, nutzte bisher vor allem Verbindungen über Minsk. Die Ukraine will den Luftraum über Belasrus aber komplett meiden.

Blogger festgenommen

Behörden der autoritär regierten Republik Belarus hatten am Sonntag ein Ryanair-Flugzeug auf dem Weg von Athen nach Vilnius zur Landung gebracht. Dabei stieg auch ein Kampfjet vom Typ MiG-29 auf, wie das Militär in Minsk bestätigte. An Bord des Ryanair-Fliegers war nach Angaben des Menschenrechtszentrums Wesna auch der von Lukaschenko international gesuchte Blogger Roman Protassewitsch, der in Minsk festgenommen wurde.

Die EU verurteilte das Vorgehen geschlossen und forderte Protassewitschs Freilassung.Die EU verurteilte das Vorgehen geschlossen und forderte Protassewitschs Freilassung. EU-Staats- und Regierungschefs berieten am Montagabend bei einem ohnehin geplanten EU-Sondergipfel in Brüssel über mögliche Maßnahmen. Weißrussischen (belarussischen) Airlines könnte ein Flug- und Landeverbot in der Europäischen Union drohen. Ein entsprechender Vorschlag lag in Brüssel auf dem Tisch, wie EU-Vertreter bestätigten.

Der Vater des inhaftierten oppositionellen Journalisten Roman Protassewitsch äußert sich erstmals zu der Inhaftierung seines Sohnes in Belarus nach der erzwungenen Landung des Ryanair-Flugzeugs in Minsk. Er glaube, dass sein Sohn in einem Video, das online veröffentlicht wurde, zu einem Schuldeingeständnis durch Anwendung von Gewalt gezwungen worden sei.

"Es sind nicht seine Worte"

"Es ist möglich, dass seine Nase gebrochen ist, denn ihre Form ist anders und es ist eine Menge Make-up Puder darauf. Die ganze linke Seite seines Gesichts ist abgepudert", sagte Dsmitri Protassewitsch in einem Interview am späten Montag der Nachrichtenagentur Reuters. "Es sind nicht seine Worte, es ist nicht seine Art wie er spricht. Er verhält sich sehr reserviert und man kann sehen, dass er nervös ist." Und es sei nicht seine Zigarettenschachtel auf dem Tisch - "die raucht er nicht."

Daher denke er, dass sein Sohn zu der Aussage, er habe die Proteste in Belarus angestachelt, gezwungen wurde. "Mein Sohn kann nicht zugeben, die Massenunruhen verursacht zu haben, weil er so etwas einfach nicht getan hat." Die Inhaftierung seines Sohnes sei ein Akt der Vergeltung und soll Regierungskritikern zeigen: "Schaut, wozu wir in der Lage sind." "Das ist totaler Irrsinn, was hier passiert."

Die belarussische Bürgerrechtlerin Swetlana Tichanowskaja vermutet, dass der festgenommene Blogger Roman Protassewitsch im Gefängnis gefoltert wird. Die internationale Gemeinschaft müsse nun über gemeinsame Schritte diskutieren, "um die Täter vor Gericht zu stellen", schrieb Tichanowskaja am Dienstag im Nachrichtenkanal Telegram. Zugleich forderte sie die Freilassung des 26-Jährigen und auch anderer politischer Gefangener in Belarus. Tichanowskaja lebt in Litauen im Exil.

Blogger in U-Haft

Das weißrussische Innenministerium teilte mit, Protasewitsch sei in Untersuchungshaft und habe nicht über gesundheitliche Probleme geklagt. Der stellvertretende polnische Außenminister Pawel Jablonski sagte dem Privatsender TVN24, dass seine Regierung von der in Polen lebenden Mutter des Inhaftierten gehört habe, dass er sich in einem schlechten Gesundheitszustand befinde, nannte aber keine Details. Protassewitsch lebte vor seiner Festnahme im Exil. Sein Social-Media-Kanal war eine der letzten verbleibenden unabhängigen Quellen für Nachrichten über Belarus seit der Massenunterdrückung von Dissidenten im letzten Jahr.

EU beschloss Sanktionen

Die Staats- und Regierungschefs der EU hatten am Montag weitere Sanktionen gegen Belarus beschlossen und die sofortige Freilassung des Regierungskritikers und seiner Begleiterin Sofia Sapega gefordert. Zudem solle die Internationale Organisation für Zivilluftfahrt den Vorfall untersuchen, bei dem Belarus am Sonntag einen Ryanair-Flug von Griechenland nach Litauen zur Landung in Minsk angewiesen hatte. US-Präsident Joe Biden verurteilte Belarus für sein Vorgehen. Er habe seine Berater gebeten, ihm Optionen aufzuzeigen, um die Verantwortlichen zur Rechenschaft zu ziehen.

Mehr dazu:

ribbon Zusammenfassung
  • Nach der erzwungenen Landung eines Ryanair-Flugzeugs in Minsk wird die deutsche Fluggesellschaft Lufthansa den weißrussischen Luftraum vorerst meiden.
  • Die Entscheidung betreffe auch Austrian Airlines, erklärte eine Sprecherin der zur Lufthansa-Gruppe gehörenden österreichischen Fluglinie in Folge auf Anfrage der APA.
  • Auch andere europäischer Fluggesellschaft umflogen bereits am Montag.
  • Behörden der autoritär regierten Republik Belarus hatten am Sonntag ein Ryanair-Flugzeug auf dem Weg von Athen nach Vilnius zur Landung gebracht.
  • An Bord des Ryanair-Fliegers war nach Angaben des Menschenrechtszentrums Wesna auch der von Lukaschenko international gesuchte Blogger Roman Protassewitsch, der in Minsk festgenommen wurde.
  • Der Vater des inhaftierten oppositionellen Journalisten Roman Protassewitsch äußert sich erstmals zu der Inhaftierung seines Sohnes. Er glaube, dass sein Sohn in einem Video, das online veröffentlicht worden war, zum Geständnis gezwungen worden sei.