APA/ROLAND SCHLAGER

Glaubwürdigkeit am Prüfstand: Schmid belastet Kurz vor Gericht

Thomas Schmid machte am Montag seine lang erwartete Zeugenaussage im Prozess gegen Sebastian Kurz und Bernhard Bonelli wegen mutmaßlicher Falschaussage. Er belastete die beiden schwer. Ihre Verteidiger versuchten, Schmid in schlechtes Licht zu rücken - auch mit einem neuen Chat. Am Freitag geht es weiter.

Thomas Schmid, der Mann, der seine Chats "offenbar" nicht alle löschte, wie er vor Gericht sagte, gab sich vor Gericht meist ruhig und gelassen, nur selten energisch und emotional.

Die sichergestellten Datenträger des Ex-Finanz-Generalsekretärs und ehemaligen ÖBAG-Chefs sorgten für weitere Hausdurchsuchungen, für Ermittlungen und Rücktritte – auch von Schmid selbst – und nicht zuletzt tiefe Einblicke in die Kommunikation von Sebastian Kurz und seinem engsten Umfeld.

Der "Neustart" von Thomas Schmid

Einst schrieb Schmid noch: "Ich liebe meinen Kanzler", Gernot Blümel bescheinigte ihm, er würde zur "Familie" gehören. Bei seinen Aussagen bei der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) und am Montag als Zeuge vor Gericht belastete er Kurz nun aber schwer. Mit Kurz im Nacken widersprach er diesem und dem Mitangeklagten Bernhard Bonelli im Prozess um mutmaßliche Falschaussage vor dem Ibiza-Untersuchungsausschuss in wichtigen Punkten. Er will einen "Neustart" gemacht haben und Leuten wie Kurz "nichts mehr zu tun haben", sagte er.

Dabei wurde er am Montag noch nicht mal von der WKStA befragt, die ihn als wichtigsten Belastungszeugen ansieht. Die Anwälte der Angeklagten – Otto Dietrich und Werner Suppan – beantragten, dass sie vor der Staatsanwaltschaft drankommen. Am Ende war Schmid zu müde und muss am Freitag statt Gernot Blümel den Anklägern antworten.

Verteidigung wollte "Waffengleichheit"

Otto Dietrich argumentierte, dass die Verteidigung noch gar nicht mit Schmid sprechen konnte, während die WKStA ausführliche Einvernahmen durchführte. Im Sinne der "Waffengleichheit" wollte er deshalb beginnen. Der Richter gab ihm Recht.

Die Verteidigung dürfte bei ihrem Antrag aber auch die Medienpolitik im Sinn gehabt haben, also Redaktionsschluss und abnehmendes Interesse am Abend. Am Ende sprachen sie sich erfolglos gegen die Vertagung auf Freitag aus.

Kurz ist sein Auftreten vor Medien auch als Angeklagter wichtig. Wieder trat er vor dem Prozess vor die Kameras, gab ein Statement ab. Wieder setzte er sich erst auf die Anklagebank, als die Kameras den Gerichtssaal verlassen mussten. Teilweise gestikulierte er genervt in Richtung Verteidiger, Bonelli oder Richter.

Schmid hingegen wurde von den Fotograf:innen erst in der Pause erwischt. Vor dem Prozess zischte er unerkannt an ihnen vorbei.

Kurz wollte "mitreden"

Umso brisanter seine Aussagen. Die WKStA wirft Kurz und Bonelli zusammengefasst vor, deren Rolle bei der Besetzung von Aufsichtsrat und Vorstand der ÖBAG im U-Ausschuss kleingeredet zu haben. Schmid bestärkte das in seiner Zeugenaussage.

"Undenkbar" sei es gewesen, dass Personalia nicht mit Kurz abgestimmt worden wären. Die Bestellung von Helmut Kern zum Vorsitzenden des ÖBAG-Aufsichtsrates sei etwa der Vorschlag aus dem Bundeskanzleramt gewesen. Und Einiges sei von dort auch "abgeschossen", Kandidaten abgelehnt worden. Kurz und Bonelli wollten laut Schmid mitreden, nicht nur informiert werden.

"Da werde ich auch emotional"

Dass der damalige und formell zuständige Finanzminister Hartwig Löger (ÖVP) eine eigene Liste mit Aufsichtsräten machen hätte können, verneinte der Zeuge. Schmid versteht laut eigener Aussage auch nicht, warum die beiden Beschuldigten nun nichts mehr damit zu tun haben wollten. "Entschuldigung, da werde ich auch emotional", so Schmid. Kurz habe gewollt, dass er ÖBAG-Chef werde. Ohne sein "Backing" hätte er sich auch nie beworben.

Schmid-Anwalt Roland Kier zum Prozesstag

Zu Kurz' mittlerweile berühmter Anmerkung "du Aufsichtsratssammler" und "kriegst eh alles was du willst" meinte der Zeuge, er habe dem damaligen Kanzler immer wieder erklärt, dass die ÖBAG in den Unternehmens-Aufsichtsräten vertreten sein müsste. Wie er, Schmid, die Bemerkung empfunden habe? "Das war positiv." Kurz hatte das Zitat in seiner Befragung vor Gericht noch als Ermahnung interpretiert, dass Schmid den Hals nicht vollkriegen könne.

Zudem sagte Schmid, er sei wegen des "Pallawatsch" rundum den Schmid-Schiefer-Deal, wonach die ÖVP zwei Drittel und die FPÖ ein Drittel der ÖBAG-Aufsichtsratsmitglieder aussuchen dürfe, ins Kanzleramt zitiert worden sei. Dieses "Gentlemans-Agreement" mit Arnold Schiefer habe Kurz laut Schmid nicht gepasst. Kurz hatte beim U-Ausschuss gesagt, dass er nicht wisse, was Schiefer und Schmid vereinbart hatten.

Neue Chat-Nachricht

Die Verteidiger waren hingegen sehr bemüht, Thomas Schmid, als unglaubwürdig darzustellen. Sie legten etwa eine bisher unbekannte angebliche Chat-Nachricht vor – in Form eines abfotografierten Telefons. "Das war ein sehr guter Auftritt mit Darlegung, wie es wirklich war", schrieb Schmid damals angeblich in der selbstlöschenden Nachricht nach einem "ZiB"-Interview von Sebastian Kurz.

Der Richter fragte mehrmals, was die Quelle des Chats sei und welche Relevanz Fragen danach hätten. Einige Fragen wurden nicht zugelassen. Fragen zu einem angeblichen Bewerbungsgespräch von Schmid, in dem er gesagt haben soll, er sei von der WKStA unter Druck gesetzt worden, was laut Kurz' Verteidigung Unbekannte in einer eidesstattlichen Erklärung bestätigen würden, wurden vorerst noch nicht mal protokolliert.

Der Richter betonte, dass die Glaubwürdigkeit von Zeugen schon hinterfragt werden könne – ein etwaiger Kronzeugen-Status, den Schmid bei Anklagen in der Causa Umfragen erreichen will, spiele hier aber noch keine Rolle.

Am Freitag geht's weiter

Auch die WKStA geriet abermals ins Visier der Verteidiger. So soll Schmid exakt das ausgesagt haben, was in einer Anordnung der WKStA steht, selbst die Interpunktion sei dieselbe. Er habe gelegentlich aus Dokumenten oder aus vorbereiteten Unterlagen zitiert, begründete Schmid die Gleichheit.

Die WKStA bekommt wegen der von ihr beantragten Vertagung der weitere Befragung erst am Freitag die Chance, Thomas Schmid zu befragen. Die Zeugenaussage von Gernot Blümel wird verschoben – Thomas Schmid sagte zu, erneut zu kommen.

Der Liveblog zum Nachlesen:

Liveblog

Sebastian Kurz vor Gericht - Thomas Schmid sagt aus

ribbon Zusammenfassung
  • Ex-Finanz-Generalsekretär Thomas Schmid ist am Montag im Prozess gegen Ex-Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) wegen Falschaussage im Ibiza-Untersuchungsausschuss als Zeuge befragt worden.
  • Konkret ging es um dessen Rolle bei der Besetzung der Staatsholding ÖBAG. Kurz wird vorgeworfen, seine Rolle dabei im U-Ausschuss kleingeredet zu haben.
  • Schmid distanzierte sich von Kurz und widersprach dessen Aussagen großteils - er belastet Kurz und Bonelli schwer.
  • Die Verteidigung hingegen versuchte, Thomas Schmid als unglaubwürdig darzustellen.
  • Die Befragung am Straflandesgericht wurde aufgrund der Länge auf Freitag vertagt - die WKStA konnte Schmid noch keine Fragen stellen.