Linke fordert Wagenknecht zur Rückgabe von Mandat auf
Wagenknecht spielt seit längerem mit dem Gedanken, eine neue Partei zu gründen. Die Parteiführung hat das wiederholt scharf kritisiert. "Die Zukunft der Linken ist eine Zukunft ohne Sahra Wagenknecht", heißt es im Vorstandsbeschluss weiter. Es sei nicht akzeptabel, dass sie Ressourcen aus Mandaten, die sie für die Linke gewonnen habe, für den Aufbau einer Konkurrenzpartei nutze. Wagenknecht habe wiederholt erklärt, dass sie keine Perspektive für die Linke sehe. "Sie ist der Aufforderung, eindeutig von einem konkurrierenden Parteiprojekt Abstand zu nehmen, bis heute nicht nachgekommen."
Die frühere Fraktionschefin Wagenknecht hatte erst am Freitag bekräftigt, dass sie bis zum Jahresende über ihre Zukunft in der Linken und eine mögliche Parteigründung entscheiden will. Zuvor hatte sie bereits erklärt, nicht mehr für die Linke für den Bundestag zu kandidieren. Am Samstag wollte sie sich auf Nachfrage nicht öffentlich zu dem Beschluss des Parteivorstandes äußern.
Parteichefin Janine Wissler erklärte, der Vorstand kämpfe um die Einheit der Partei und gegen alle Versuche, sie zu spalten. Minderheitenmeinungen würden respektiert. "Wir erwarten aber, dass die demokratischen Beschlüsse der Partei ernst genommen werden und sie auch eingehalten werden und nicht, dass mit einer Parteigründung gedroht wird, um die Partei auf einen anderen Kurs zu bringen, als die Gremien, die Parteitage demokratisch beschlossen haben." Der Vorstandsbeschluss sei einstimmig angenommen worden, hieß es.
Zwischen Wagenknecht und der Parteispitze sowie anderen Mitgliedern gibt es seit Jahren Streit über grundsätzliche Positionen. In der Flüchtlingspolitik sprach sie sich gegen offene Grenzen aus; sie äußerte sich in der Corona-Zeit skeptisch zur Impfung; in ihrem Buch "Die Selbstgerechten" rechnete Wagenknecht mit dem gender- und klimaengagierten Teil ihrer Partei ab, und auch beim Thema Ukraine eckt sie mit ihrem Kurs an, der einigen zu russlandnah erscheint.
Wagenknecht hat aber auch Unterstützer in Partei und Fraktion. Die Linksfraktionschefin im Bundestag, Amira Mohamed Ali, kritisierte den Vorstandsbeschluss ihrer Partei. "Ich halte den heutigen Beschluss des Parteivorstandes von Die Linke für einen großen Fehler und einer Partei unwürdig, die sich Solidarität und Pluralität auf die Fahnen schreibt", schrieb sie am Samstagabend auf Twitter. "Wir haben unseren Wählerinnen und Wählern und all den Menschen gegenüber, die ohne uns keine Stimme haben, eine wichtige Aufgabe. Vorstandsbeschlüsse gegen eigene Mitglieder zu fällen und öffentlich breitzutreten, gehört nicht dazu!" Mohamed Ali führt die Fraktion zusammen mit Dietmar Bartsch.
Der Bochumer Abgeordneten Christian Leye, früher Mitarbeiter in Wagenknechts Wahlkreisbüro, teilte am Samstag mit: "Sahra Wagenknecht ist um ein Vielfaches populärer als die Partei, und das heutige Manöver ist ein weiterer Schritt Richtung Abgrund." Der Bundestagsabgeordnete Alexander Ulrich kritisierte: "Anstatt darüber nachzudenken, warum immer weniger Menschen Interesse an dieser Partei haben, arbeitet man sich weiter an einer der wenigen populären PolitikerInnen in den eigenen Reihen ab."
Die Linke hat im Bundestag 39 Abgeordnete. Bei der Bundestagswahl 2021 hatte sie die Fünf-Prozent-Hürde verfehlt und den Einzug nur über drei direkt gewonnene Mandate geschafft. Danach hatte die Partei bei allen Landtagswahlen zum Teil herbe Niederlagen eingesteckt.
Zusammenfassung
- Der Linke-Vorstand hat sich von der deutschen Bundestagsabgeordneten Sahra Wagenknecht losgesagt und sie und ihre Mitstreiter zur Rückgabe ihrer Mandate aufgefordert.
- Wagenknecht spielt seit längerem mit dem Gedanken, eine neue Partei zu gründen.
- Wagenknecht habe wiederholt erklärt, dass sie keine Perspektive für die Linke sehe.
- Zuvor hatte sie bereits erklärt, nicht mehr für die Linke für den Bundestag zu kandidieren.