Klimaaktivistin Windl über U-Haft: "Es bricht eine Welt zusammen"

Die bekannte Klimaativistin Anja Windl wurde am Freitag aus der U-Haft entlassen, ermittelt wird weiter. Die Aktivist:innen der "Letzten Generation" sehen im rigorosen Vorgehen der Behörden Repression.

Anja Windl ist eines der bekanntesten Gesichter der österreichischen Klimaaktivisten. Sie ist Teil der Gruppe "Letzte Generation", die auch international durch zivilen Ungehorsam auf sich aufmerksam macht. 

In der Vorwoche nahm Windl an zwei Protestaktionen teil, nach der zweiten wurde sie verhaftet. Erst am Freitag wurde sie aus der U-Haft entlassen, vorgeworfen wird der 26-jährigen Studentin schwere Sachbeschädigung. Für sie steht viel auf dem Spiel, die gebürtige Deutsche könnte in ihr Heimatland abgeschoben werden.

Im Interview mit PULS 24 Infochefin Corinna Milborn erzählt die Aktivistin, wie es ihr nach der Festnahme ging. Als ihr mitgeteilt wurde, dass sie in U-Haft genommen werde, "dachte ich mir, ehrlich gesagt, es bricht eine Welt zusammen", so Windl. "Ich hatte so ein Panikgefühl bekommen, weil mir eben das mitgeteilt wurde, hey, du kommst jetzt bis zu sechs Monate in U-Haft."

"Arschloch-Protestform" aus Verzweiflung

Die "Letzte Generation" will eigentlich auch "überhaupt nicht" auch diese Art und Weise protestieren, aber die Politik würde nicht handeln. In der Haftanstalt habe sie den Fernseher angemacht "und was siehst du? Drei Grad Erderhitzung bis 2100 bei den derzeitigen Maßnahmen".

Windl hat auch Mitgefühl für die heulende Mutter, die Angst hatte, dass ihr Sohn es nicht zur Schullandwoche schafft. Inzwischen ist bekannt, dass der Bus gewartet hat und der Sohn nur 15 Minuten zu spät kam - ein Happy End, aber nicht für den Planeten.

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Aktivisten sehen Repression

Die Behörden würden willkürlich vorgehen, so Marina Hagen-Canaval, Sprecherin der Letzten Generation gegenüber PULS 24. Mehrere Aktivist:innen haben sich auf die Autobahn "betoniert", ein Teil von ihnen wurde mit Lösungsmitteln gelöst, ein anderer Teil mit "schwerem Gerät", wie es die Staatsanwaltschaft gegenüber der APA nannte. Dabei wurde die Straße beschädigt.

Es hatten sich zwei Gruppen der Aktivist:innen festbetoniert - ein Teil davon wurde von der Feuerwehr Wiener Neudorft aus dem Beton geschnitten, die Gruppe postete Fotos davon auf Facebook.

In der Vergangenheit habe es einen ähnlichen Fall gegeben, damals seien die Ermittlungen eingestellt worden. Damit rechnet die Sprecherin auch diesmal. Aber die Behörden würden versuchen, die Repression hochzufahren, so Hagen-Canaval.

Heiligabend im Gefängnis

Martha Krumpeck, eine weitere Aktivistin der Gruppe, befindet sich aktuell noch in Haft. Sie wird wahrscheinlich bis 25. Dezember in Haft bleiben. Die Aktivistin hat Verwaltungsstrafen in Österreich nicht bezahlt, das sei aber Teil der Strategie, so Hagen-Canaval. Sie wird "lieber eingesperrt, als dass die Regierung endlich Klimaschutzmaßnahmen einführt", so die Sprecherin.

Auf eine Anfrage von PULS 24 zu dem Fall konnten die Behörden am Dienstag noch keine weitere Auskunft geben.

Keine Auflösung, aber Führungswechsel

Die "Letzte Generation" existiert nach wie vor, aktuell gab es Verwirrung über Berichte, dass sich die Führungsebene verändert habe. Zeitgleich zu den Protesten der Vorwoche hätten sich der ehemalige "Letzte Generation"-Sprecher Florian Wagner, Aktivist David Sonnenbaum und auch Krumpeck zurückgezogen, sie wollen zukünftig zivilen Widerstand in Bürgerbewegungen unterstützen.

Die Personen hätten ihre Entscheidungsmandate zurückgelegt, seien aber weiterhin beratend und strategisch in der "Letzten Generation" aktiv. 

In den medialen Reaktionen sieht Hagen-Canaval eine "Lust am Niederschreiben" der Bewegung

Kein Interesse am Nahostkonflikt

In die aktuelle Diskussion rund um die politische Ausrichtung der Bewegung zum Nahost-Konflikt wolle sich die "Letzte Generation Österreich" nicht äußern. "Wir haben uns im Fokus ganz klar auf Zivilisationsschutzmaßnahmen gesetzt und da bleiben wir auch dabei. Also wir wollen uns gar nicht in diese Spaltungsdiskussionen mit einbringen", so Windl im Interview.

ribbon Zusammenfassung
  • Die bekannte Klima-Aktivistin Anja Windl wurde am Freitag aus der U-Haft entlassen, ermittelt wird weiter.
  • Die Aktivist:innen der "Letzten Generation" sehen im rigorosen Vorgehen der Behörden Repression.