Karner: Russland hat "keines seiner strategischen Ziele" erreicht
Auf die Frage, ob sich der Krieg in der Ukraine zu einem langanhaltenden Zermürbungskrieg entwickeln könnte, meint Karner, dass "Russland keines seiner strategischen Ziele erreicht hat". Aus militärischer Sich sei es deswegen "ganz klar" und "schwer vorstellbar", dass wenn es auf den "Willen" des russischen Präsidenten Putin "ankommt" er "etwas braucht, ein strategisch verwertbares Ergebnis". Laut dem Offizier wird er also "alles militärisch mögliche tun", um dieses Ergebnis zu erreichen damit die russische Seite bei "substanziellen" Friedensverhandlungen mit der Ukraine Forderungen stellen kann.
Welche Reserven hat Russland?
Allerdings spricht auch "ganz klar dagegen", dass sich die Situation "vor allem in der Ostukraine noch ganz lange hinziehen kann", so Karner. Im Moment sieht es so aus, als wären die russischen Kräfte bereits "ermattet", analysiert der Militärexperte. "Wir sprechen ja doch von sehr hohen Verlusten eigentlich", welche laut Karner auch bereits "zum Großteil belegt" und durch "belastbare Informationen" gestützt sind. Der Militärstratege erklärt, dass man inzwischen von einer "hohen vierstelligen Zahl an Gefallenen" ausgeht – für Karner bedeutet das auch, dass man davon ausgehen kann, dass die Zahl der verwundeten Soldaten "um einiges höher" ist.
Für Karner hängt es also auch von der Frage ab, welche Kräfte Russland noch an Reserven aufbringen kann – "sollte dies wenig sein, spricht wenig dafür" weiterhin Krieg zu führen.
Regimente wachsen nicht aus dem Boden
Der Offizier hält Überlegungen und Gerüchte, dass mit dem ersten April die neuen russischen Grundwehrdiener sofort in den Krieg eingezogen werden für nicht glaubwürdig. In Russland habe man außerdem zu wenig Geld, um zusätzlich auch alle bisher an den Kampfhandlungen beteiligten Soldaten zu bezahlen, so Karner: "Ich erwarte mir nicht, das plötzlich die neuen Regimente und Divisionen aus dem Boden wachsen."
Wirksame Sanktionen
Maßnahmen wie das im Moment vieldiskutierte Ölembargo Russlands hält Karner für wirksamer, als all die kriegerischen Handlungen. Er ist sich allerdings unsicher, ob sich die westlichen Staaten auf härtere Sanktionen einigen können. Karner merkt auch an, dass solche schärferen Sanktionen auch nicht "ein sofortiges Ende der Kampfhandlungen bedeuten würden".
Wir werden mit diesem Krieg "noch einige Zeit leben müssen", bis beide Seiten der Überzeugung sind "sie haben etwas erreicht, was in Verhandlungen etwas strategisch verwertbares ist", erklärt Karner.
Taktische Atomwaffen
Einen möglichen Einsatz von Atomwaffen in der Ukraine hält Karner für "nicht realistisch". Es gibt zwar verschiedene Arten von Atomwaffen, auch jene die nicht den gesamten Kontinent vernichten würden, führt der Militärexperte aus. Taktische Atomwaffen – "das war schon in der sowjetischen Militärdoktrin vorgesehen" und wurde von der Russischen fortgesetzt – welche ein kompakteres Gebiet betreffen würden, könnten an "jenen Stellen wo der Durchbruch erzeugt werden soll" eingesetzt werden. "Man darf aber nicht vergessen, mit einem Nuklearschlag ist eine völlig andere Dimension dieses Krieges eröffnet." Dies könnte westliche Staaten zu einer Reaktionen zwingen, meint Karner abschließend.
Zusammenfassung
- Im Newsroom LIVE Spezial sieht der Militärstratege Gerald Karner eine reale Chance, dass sich die Situation in der Ukraine in einen "Zermürbungskrieg" verwandelt, solange der russische Präsident Wladimir Putin seine Ziele nicht erreicht hat.
- Eine Atombombeneinsatz hält er für "nicht realistisch".
- Auf die Frage, ob sich der Krieg in der Ukraine zu einem langanhaltenden Zermürbungskrieg entwickeln könnte, meint Karner, dass "Russland keines seiner strategischen Ziele erreicht hat".
- Wir werden mit diesem Krieg "noch einige Zeit leben müssen", bis beide Seiten der Überzeugung sind "sie haben etwas erreicht, was in Verhandlungen etwas strategisch verwertbares ist", erklärt Karner.
- Einen möglichen Einsatz von Atomwaffen in der Ukraine hält Karner für "nicht realistisch".