Herr: Staatsbürgerschaft ist geregelt "wie unterm Kaiser"
Der niederösterreichische FPÖ-Landesrat Gottfried Waldhäusl beleidigte in der PULS 24 Sendung "Pro und Contra" eine Schulklasse, indem er den Schüler:innen ausrichtete, dass Wien noch Wien wäre, wenn Kinder mit Migrationshintergrund nicht in Österreich wären. PULS 24 Anchor Werner Sejka stellte deshalb in "WildUmstritten" der SPÖ-Nationalratsabgeordneten Julia Herr und der Wiener ÖVP-Gemeinderätin Laura Sachslehner die Frage, ob Wien denn noch Wien sei. Wien sei eine wunderschöne Stadt, habe aber ein "massives Gewaltproblem", bedingt durch Migranten, findet Sachslehner.
Menschen mit Migrationshintergrund würden Österreich am Laufen halten, hätten jedoch kaum Mitbestimmungsrechte, findet hingegen Julia Herr. 60 Prozent der Menschen, die am Bau und in der Gastronomie arbeiten würden und 70 Prozent der Reinigungskräfte, hätten keine Staatsbürgerschaft. Es würden ständig alle Probleme mit diesen Menschen in Verbindung gebracht werden.
"Schnösel am Stadtrand"
Eine Parallelgesellschaft, in der Integration scheitert, sieht Herr nicht in Wiens Bezirken mit großen Anteilen ausländischer Bevölkerungsgruppen. Eine Parallelgesellschaft seien stattdessen "die Schnösel am Stadtrand", die "mit ihrem SUVs in die Innenstadt fahren". Diese Menschen seien abgeschottet von jeglicher Lebensrealität.
Gelungene Integration durch Mitsprache
Herr sieht das Recht auf Mitbestimmung als Schlüssel zur Integration: Demokratie sein ein aktiver Prozess der Mitbestimmung. Wenn die Menschen kein Recht auf Staatsbürgerschaft hätten, dann gäbe es auch keine Möglichkeit der wirklichen Integration. 31 Prozent der Menschen in Wien dürften nicht wählen und das sei ein "riesengroßes Problem".
ÖVP-Politikerin Sachslehner sieht diese SPÖ-Forderung als "Asyl durch die Hintertür". Diese "ewige Litanei mit der Sozialen Gerechtigkeit" sei eine "Verhöhnung der Steuerzahlung". Sachslehner fordert ein Ende des Märchens der Wiener "sozialen Hängematte". Wien, so Sachslehner, hätte die meisten Sozialhilfeempfänger.
"Linke Staatsbürgerschafts-Fantasien"
Jeder könne die Staatsbürgerschaft beantragen, so Sachslehner. Es würden jedes Jahr Menschen eingebürgert und es sei "absurd" davon zu sprechen, "dass Menschen ausgeschlossen würden". Für Sachslehner steht die Staatsbürgerschaft am Ende des gelungenen Integrationsprozesses. Es dürfe da keinen Automatismus geben. "Menschen, die bei uns sind, müssen sich mit unseren Werten identifizieren" und sie sei nicht bereit das für "irgendwelche linken Staatsbürgerschafts-Fantasien zu opfern".
"Das ist wie unterm Kaiser"
Die SPÖ wolle niemandem die Staatsbürgerschaft nachschmeißen, kontert Herr. Österreich habe ein sehr restriktives Staatsbürgerschaftsrecht mit Einkommensgrenzen. Ökonomisch schwache Menschen würden dabei ausgeschlossen werden und das sei ein demokratiepolitisches Fiasko, findet die SPÖ-Politikerin. "Das ist wie unterm Kaiser", wo auch Stand und Verdienst für das Wahlrecht entscheidend gewesen seien.
Herr ist stolz darauf, dass in Wien viele Menschen Sozialhilfe bekommen: "Wien ist eine Stadt, wo tatsächlich Sozialleistungen nicht irgendwie als negativ empfunden werden, sondern wo man stolz darauf ist, dass man auf ein gutes, gemeinsames Miteinander setzt". Deshalb sei Wien eine der lebenswertesten Städte der Welt.
Zusammenfassung
- Viele Menschen könnten sich in Österreich nicht integrieren, weil sie nicht mitbestimmen dürfen. Mitbestimmung müsse man sich in Österreich aber leisten können, sagt Julia Herr von der SPÖ.
- ÖVP-Politikerin Laura Sachslehner sieht das anders, für sie seien die Forderungen der SPÖ "Asyl durch die Hintertür".