Israel attackiert Ziele im Westjordanland: Sieben Tote
Bei einem großangelegten israelischen Militäreinsatz in der Stadt Jenin im Westjordanland sind mindestens sieben Palästinenser getötet worden. Rund zwei Dutzend weitere seien verletzt worden, davon befänden sich mehrere in kritischem Zustand, teilte das palästinensische Gesundheitsministerium am Montag mit. Zum zweiten Mal binnen weniger als zwei Wochen setzte das Militär auch Drohnen ein.
Israel will gegen "terroristische Infrastruktur" vorgehen
Die Operation "Heim und Garten", die sich nach israelischen Angaben gegen "terroristische Infrastruktur" richtete, dauerte am Montagmorgen noch an. In der Region um Jenin habe es "Bombenangriffe aus der Luft und eine Invasion am Boden" gegeben, sagte der Direktor des palästinensischen Roten Halbmonds in Jenin, Mahmud al-Saadi, der Nachrichtenagentur AFP. Die israelische Armee sprach von einem "großangelegten Anti-Terror-Einsatz".
Region um Jenin im Zentrum der Militäraktionen
Die Region um Jenin und das dazugehörende Flüchtlingslager mit rund 17.000 Einwohnern gelten seit Jahren als Hochburg militanter Palästinenser. In der Nacht kam es zu stundenlangen Kämpfen in Jenin, wo in einem großen Flüchtlingslager Hunderte teils schwer bewaffnete Kämpfer verschiedener militanter Palästinensergruppen wie Hamas und Islamischer Jihad leben. Laut dem israelischen Militär, das mit Hunderten Soldaten im Einsatz war, wurde bei der Razzia unter anderem ein improvisierter Raketenwerfer beschlagnahmt.
Die Armee erklärte, getroffen worden seien eine Waffenfabrik und ein Sprengstofflager sowie ein Gebäude, das als Kommandozentrum für die Jenin-Brigaden gedient habe. Die Miliz, die sich aus Kämpfern verschiedener Palästinensergruppen in dem gleichnamigen Lager zusammensetzt, meldete ihrerseits Gefechte mit israelischen Truppen und den Abschuss einer Drohne. Ein palästinensischer Rettungswagenfahrer erklärte, es würden ständig Verletzte aus dem Flüchtlingslager geholt. Das Camp sei aus der Luft angegriffen worden. "Was in dem Flüchtlingslager passiert, ist echter Krieg."
Videos zeigen Ausmaß der Zerstörung
Auf Videos waren mehrere zerstörte Straßen zu sehen. Auch das "Freedom Theatre" im Zentrum der Stadt wurde getroffen, wie die Kultureinrichtung bestätigte. Israels Armee war kurz nach den Luftangriffen mit Bodentruppen und rund 100 Militärfahrzeugen in die Stadt eingerückt. Palästinensischen Berichten zufolge kam es daraufhin zu gewaltsamen Kämpfen mit Bewohnern.
Ausgelöst worden waren die stundenlangen, nächtlichen Kämpfe in dem Lager durch israelische Drohnenangriffe, wie sie es bis zu einem vergleichbaren Einsatz am 21. Juni seit 2006 nicht mehr gegeben hatte. Das israelische Militär rechtfertigte die jüngsten Drohnenangriffe mit dem immer größeren Ausmaß der Gewalt und dem wachsenden Druck auf die israelischen Bodentruppen. Mit dem Einsatz habe verhindert werden sollen, dass das Flüchtlingslager Palästinenser-Kämpfern weiterhin als Rückzugsort diene, sagte ein Militärsprecher. Jenin sei zu einem "Hornissennest" geworden.
Israelischer Außenminister sieht "Drehscheibe des Terrorismus"
Im Flüchtlingslager in Jenin seien "terroristische Angriffe gegen Zivilisten" angezettelt worden, sagte der israelische Außenminister Eli Cohen. "Wir gehen mit großer Kraft gegen diese Drehscheibe des Terrorismus vor." Der israelische Verteidigungsminister Yoav Gallant teilte mit, die Armee werde in Jenin weiter "proaktiv und entschlossen vorgehen". Israels Verteidigungsapparat sei auf jedes Szenario vorbereitet.
Islamisten sehen "brutales" Vorgehen
Der Führer der radikalislamischen Palästinenserorganisation Hamas, Ismail Haniyeh, nannte den israelischen Einsatz "brutal", der Islamische Jihad erklärte, dass "alle Optionen offen sind, um den Feind (Israel) als Antwort auf seine Aggression in Jenin zu schlagen".
Neben der im Gazastreifen herrschenden Hamas haben in den vergangenen Jahren auch der militante Islamische Jihad sowie weitere lose Gruppierungen in Jenin massiv an Einfluss gewonnen. Finanziert werden sie größtenteils vom Iran. Die Hamas rief in der Früh zur Mobilisierung der Palästinenser im Westjordanland auf und sicherte ihren Kämpfern in Jenin Unterstützung zu.
Gewaltwelle hält weiter an
Vor zwei Wochen waren bei einer Razzia der israelischen Armee im Flüchtlingslager sieben Menschen getötet worden. Dabei feuerte die Armee Raketen von einem Hubschrauber aus ab. Kurz darauf starben vier Israelis bei einem Angriff von zwei bewaffneten Palästinensern an einer Tankstelle nahe der Siedlung Eli. In derselben Woche tötete die israelische Armee drei Mitglieder einer "Terrorzelle" bei einem Drohnenangriff in der Nähe von Jenin.
Die Gewalt im Westjordanland hat sich in den vergangenen Monaten verschärft. Die Sicherheitslage in Israel und den palästinensischen Gebieten hatte sich zuletzt nochmals verschärft. Unter anderem aus der Regierung wurden zuletzt Rufe nach einer großangelegten Militäroffensive laut. Seit Jahresbeginn wurden mindestens 182 Palästinenser, 25 Israelis, ein Ukrainer und ein Italiener getötet, wie eine Zählung von AFP auf Grundlage offizieller Quellen ergibt.
Israel eroberte das Westjordanland und Ost-Jerusalem während des Sechstagekrieges 1967. Die Palästinenser fordern die Gebiete für einen eigenen Staat.
Zusammenfassung
- Bei einem großangelegten israelischen Militäreinsatz in der Stadt Jenin im Westjordanland sind mindestens sieben Palästinenser getötet worden.
- Rund zwei Dutzend weitere seien verletzt worden, davon befänden sich mehrere in kritischem Zustand, teilte das palästinensische Gesundheitsministerium am Montag mit.
- Zudem führte das Militär erstmals wieder seit Jahrzehnten einen gezielten Luftangriff gegen Palästinenser im Westjordanland durch.