Ikrath: Justiz als "Bastion" gegen Politik-Verdruss
Zu Gast im Newsroom LIVE sind die ehemalige OGH-Präsidentin und NEOS-Nationalratsabgeordnete Imgard Griss und der ehemalige ÖVP-Justizsprecher Michael Ikrath.
Zu den Tonbandaufnahmen des verstorbenen Justiz-Sektionschefs Christian Pilnacek wird Justizministerin Alma Zadić (Grüne) eine Untersuchungs-Kommission einsetzen. Ihr Vorsitzen wird der Korruptionsexperte Martin Kreutner. Bis zum 31. Mai 2024 soll die Arbeit der Kommission abgeschlossen sein, ihr Endbericht wird am 15. Juni vorgelegt.
Untersuchung der vergangenen 13 Jahre
Zadić hat Großes vor: Die Kommission soll überprüfen, ob es seit dem 1. Jänner 2010 bis zum 1. Dezember 2023 Einfluss auf die Staatsanwaltschaft gab. Pilnacek begann im Herbst 2010 als Sektionschef, daher der Startpunkt.
Das Vorhaben der Kommission sei "extrem ambitioniert", so Imgard Griss. Kreutner sei eine gute Wahl für den Vorsitz. Man würde sich bei einer derartigen Untersuchung auch nicht jedes Verfahren ansehen, sondern die, die eingestellt wurden oder bei denen es politische Implikationen gab.
Christian Pilnacek war bei einem privaten Abendessen vom Unternehmer und Ex-BZÖ-Politiker Christian Mattura aufgenommen worden - unwissentlich. Dabei beschwerte sich Pilnacek im privaten Rahmen unter anderem über die ÖVP - seine Aussagen suggerierten, dass vor allem der aktuelle Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka gewollt hätte, dass er Justizverfahren gegen die ÖVP abdrehe.
Sobotka erklärte sich im Nationalrat kurz und knapp - er habe keine Absichten zurückzutreten. Absetzen kann ihn als Nationalratspräsidenten niemand. Die ÖVP kritisiert ihrerseits das Zustandekommen des Tapes als Störung der Totenruhe, gehen aber kaum auf die Vorwürfe gegenüber Sobotka ein.
"Goldener Griff"
Der ehemalige ÖVP Justizsprecher Michael Ikrath findet, dass die Wahl von Kreutner zum Vorstand der Kommission "ganz klar" widerlegen würde, dass die Kommission nur eine Alibi-Aktion sei.
"Wer Martin Kreutner kennt - und das war ein goldener Griff ihn zum Vorsitzenden zu machen - weiß, dass er nicht nur enorme Erfahrung hat in Untersuchungen dieser Art, sondern auch jemand ist, der ein ausgezeichneter Jurist ist", so Ikrath. Kreutner sei "in jeder Beziehung eine unabhängige Persönlichkeit".
Justiz als Demokratie-Bastion
Mit der Kommission könne das Vertrauen der Menschen weiter gefestigt werden, so Ikrath. Es gebe in Österreich einen "extremen" Vertrauensverlust in die Institutionen der Demokratie - die Justitz sei nun "die Bastion" der liberalen Demokratie und des Rechtsstaates.
Dass in Österreich Spitzenpositionen wie die im Bundesverwaltungsgericht schon lange unbesetzt sind, das senke den Glauben an die Politik, so Griss.
Die Äußerungen von Pilnacek auf dem Tape sieht sie als Beleg dafür - wenn man sie als wahrheitsgemäß sieht – dass es keine Einzelperson an der Spitze der Bundes- oder Generalstaatsanwaltschaft braucht, sondern ein Gremium.
"Es sei viel schwieriger, drei Personen auf Linie zu bringen, als eine Einzige." Auch Ikrath stimmt hier zu, in der Privatwirtschaft sei es zum Beispiel undenkbar, dass einer Person die gesamte Entscheidungsmacht gegeben würde.
Zusammenfassung
- Mit Martin Kreutner sei Justizministerin Zadić als Vorsitzender der U-Kommission zum mutmaßlichen Einfluss auf die Staatsanwaltschaft durch die Politik ein Glücksgriff passiert.
- Ex-OGH-Präsidentin Griss und Ex-ÖVP-Justizsprecher Ikrath glauben beide, dass der ambitionierte Ausschuss Licht ins Dunkel bringen wird.