Höflicher Teuerungsschlagabtausch im Parlament
SP-Klubobfrau Pamela Rendi-Wagner erhob Forderungen wie einen Gaspreisdeckel oder das Einfrieren der Mieten, während Kanzler Karl Nehammer (ÖVP) im Sinne künftiger Generationen davor warnte, das Budget zu überfordern. Gleichzeitig zählte er die Entlastungsmaßnahmen der Koalition auf. Die Opposition zeigte sich damit nicht zufrieden.
Im Ton waren die beiden Parteivorsitzenden um Sachlichkeit bemüht: "Wir als Sozialdemokraten sind hart in der Sache, klar in der Haltung und ganz respektvoll im Ton", gab Rendi-Wagner gleich bei der Begründung des "Dringlichen Antrags" der SPÖ - der am Ende der Sitzung von allen anderen Fraktionen abgelehnt wurde - die Richtung vor. Das änderte freilich nichts daran, dass sie der Regierung ein denkbar schlechtes Zeugnis bei der Teuerungsbekämpfung ausstellte und nicht müde wurde, anhand von Beispielen darzulegen, wie viel besser es doch sozialdemokratisch geführte Kabinette, etwa in Spanien und Deutschland, machten.
Dass gehandelt werden muss, steht für Rendi-Wagner fest. Wenn es um die Teuerung gehe, sei schon lange nicht mehr nur Energie betroffen. Es gehe um Mieten, den täglichen Einkauf, Reinigungsmittel und vieles mehr: "Es geht an die Substanz und tief in die Mittelschicht." Die Regierung habe mit Einmalmaßnahmen reagiert. Diese hätten den Steuerzahler viel Geld gekostet, aber die Inflation nicht gedämpft und auch die Preise nicht gesenkt: "Einmal ist eben einmal und nicht nachhaltig."
Rendi-Wagner forderte die Regierung auf, ihre Vorschläge aufzunehmen: "Es ist nicht automatisch schlecht, was von der Opposition kommt." Der SPÖ schwebte in ihrem "Dringlichen Antrag" neben dem Gaspreis-Deckel und der Sistierung der Mieterhöhungen etwa auch ein Aussetzen der CO2-Steuer sowie eine befristete Streichung der Mehrwertsteuer auf Grundnahrungsmittel vor.
Nehammer dankte der roten Klubobfrau für deren sachlichen Redebeitrag, nahm die Vorschläge Rendi-Wagners jedoch nicht auf. Viel lieber referierte der Kanzler über all das, was die Regierung bereits geleistet habe und warnte davor, den "Untergangspropheten" zu trauen. Schließlich habe es ja auch Prognosen gegeben, dass die Österreicher im Winter frieren müssten und die Industrie nicht mehr produzieren könne: "All das ist nicht eingetreten." Dabei habe man die Abhängigkeit von russischem Gas von 80 auf 20 Prozent reduziert.
Geholfen habe man allen, die es bräuchten und das schnell. Der VP-Chef erinnerte an den Teuerungsausgleich für jene, die in besonders prekären Verhältnissen leben, an die Pensionserhöhung, die doppelte Familienbeihilfe und die Erhöhung des Pendlerpauschale. Zudem habe man den Schutzschirm vor Delogierungen weiter gespannt. Die Länder hätten 500 Millionen erhalten, damit sie zusätzlichen Heizkostenzuschuss ausbezahlen könnten.
In der darauffolgenden Debatte äußerte die Opposition an all dem scharfe Kritik. SPÖ-Mandatar Andreas Kollross forderte die Wiedereinführung der Wohnbauinvestitionsbank, sein Parteikollege Rainer Wimmer prangerte die Abschaffung der Blockvariante der Altersteilzeit an. FPÖ-Chef Herbert Kickl formulierte das Teuerungsproblem grundsätzlicher. "Der Kern, um den sich alles dreht, sind die Russlandsanktionen, ist der Wirtschaftskrieg, in den Sie uns hineingeführt haben." Es werde hier mit den "gleichen Lügen" wie bei den Coronamaßnahmen agiert, meinte er - und holte sich dafür den ersten Ordnungsruf im neuen Haus ab.
"Kehren wir nach einem Beitrag von Radio Moskau zurück in die österreichische Realität", kommentierte der Grüne Markus Koza die blaue Wortmeldung. Das SPÖ-Forderungspaket sei eines, das "nicht für morgen geschnürt" sei, denn es würde nur kurzfristig und nicht nachhaltig wirken. Wenig übrig für die Wünsche von SPÖ und FPÖ hatte auch ÖVP-Mandatar Christian Stocker, denn diese - und nicht die Maßnahmen der Koalition - würden bei ihrer Umsetzung wohl Wohlstand und Wirtschaft gefährden.
NEOS-Chefin Beate Meinl-Reisinger kritisierte, dass von Regierungsseite viel von Konsens geredet, die Opposition aber kaum eingebunden werde. Den nunmehrigen neuerlichen Strompreiszuschuss kritisierte sie als weitere Gießkannenmaßnahme. "Das kann die Linke besser, das Geld anderer Leute ausgeben", meinte sie abschätzig. Sie forderte eine nachhaltige Wirtschaftspolitik und strukturelle Maßnahmen zur Wiederherstellung von Österreichs Wettbewerbsfähigkeit ein.
Zusammenfassung
- Die Rezepte zur Bekämpfung der Teuerung bleiben unterschiedlich.
- Rendi-Wagner forderte die Regierung auf, ihre Vorschläge aufzunehmen: "Es ist nicht automatisch schlecht, was von der Opposition kommt."
- "Das kann die Linke besser, das Geld anderer Leute ausgeben", meinte sie abschätzig.
- Sie forderte eine nachhaltige Wirtschaftspolitik und strukturelle Maßnahmen zur Wiederherstellung von Österreichs Wettbewerbsfähigkeit ein.