Wurden nach Türkis-Blau "im großen Stil" Akten vernichtet?
Das geht aus Unterlagen hervor, die dem U-Ausschuss zum "rot-blauen Machtmissbrauch" übermittelt wurden und der APA vorliegen. Auch der "Standard" berichtete bereits.
Aus einer Mail eines Beamten vom Mai 2019 an zwei Kollegen des Gesundheitsministeriums geht hervor, dass er eine Kabinettsmitarbeiterin der ehemaligen Ministerin kontaktiert hat, "um Papierunterlagen unter Verschluss in Archivschachteln ans Staatsarchiv zu verpacken".
Und: "Dabei stellte sich heraus, dass sämtliches Papier der Büros im Kabinett der FBM (Frau Bundesministerin, Anm.) im großen Stil vernichtet wurde. (Datenschutzcontainer entsorgt)", heißt es in der Mail.
Nur elektronische Akten verschont
Ausgenommen seien nur "ELAK-Datenbestände", also elektronische Akten gewesen, die auch an das Staatsarchiv übergeben worden seien. Weiters habe der Beamte vernommen, dass der Büroleiter des Kabinetts im Archiv angerufen habe, um anzukündigen, "dass keine physischen Unterlagen unseres Ressorts zu erwarten sind".
Kritik musste sich Hartinger-Klein bereits vor einigen Wochen gefallen lassen. Die Grünen wollten die Fusion der Sozialversicherungsträger unter Hartinger-Klein im U-Ausschuss thematisieren, allerdings konnte der Rechnungshof viele Akten nicht einsehen.
Laut dem Ministerium sollen diese am 22. Mai 2019 als "Privatakten" versiegelt dem Staatsarchiv übergeben worden sein - und so für 25 Jahre gesperrt sind. Die Reform habe einem Rechnungshofbericht zufolge 215 Millionen Euro an Mehrkosten verursacht.
Keine Konsequenzen, wenn Akten verschwinden
In der daraufhin entfachten Debatte, ob eine Reform des Bundesarchivgesetzes notwendig sei, zeigten sich grundsächlich alle Parteien gesprächsbereit. Derzeit hat das Staatsarchiv trotz der Lieferungspflicht keinerlei Sanktions- oder Zugriffsmöglichkeiten, wenn eine Ministerin oder ein Minister Akten als privat deklariert oder Akten gar nicht liefert.
Immer wieder für ein "Schredder- und Vertuschungsverbot" stark machen sich die NEOS. Erst vergangene Woche brachten die Pinken einen Fristsetzungsantrag ein, der darauf abzielt, eine "Archivierungspflicht für alle beruflichen Nachrichten und Kanäle der obersten Staatsorgane festzulegen und bei Zuwiderhandlung Konsequenzen zu erzwingen".
Der Antrag wurde mit den Stimmen ÖVP und der Grünen abgelehnt. "Die Grünen machen der ÖVP wieder einmal die Leiter und verhindern damit ein Schredder- und Vertuschungsverbot", kritisierte daraufhin NEOS-Fraktionsführer Yannick Shetty.
Ganz so einfach sei das für die die Grüne Fraktionsführerin im U-Ausschuss zum "rot-blauen Machtmissbrauch", Meri Disoski, jedoch nicht.
Zuerst kritisierte sie im Gespräch mit der APA, dass ein mehrere Jahre alter Antrag der NEOS lediglich "haptische" Unterlagen umfasse, digitales wie etwa Whatsapp-Nachrichten jedoch nicht enthalten seien.
Am Dienstagabend korrigierte sie ihre Aussage dann aber: Zwar umfasse der Antrag der NEOS auch digitale Kommunikation, im pinken Entschließungsantrag fehle jedoch der Aspekt "dass die archivierten Akten von Minister:innen nach geltendem Recht für Jahrzehnte unter Verschluss stehen, insbesondere auch, wenn so Akten von Minister:innen - wie in dem Fall von Hartinger-Klein - dem Untersuchungsausschuss vorenthalten werden", heißt es in einer Stellungnahme gegenüber der APA.
Man wolle aber keine "halben Sachen" machen, und nicht einem Antrag zustimmen, der wieder Lücken offen lasse. Man werde weiter Gespräche führen und sich dafür einsetzen "dass ein neues starkes Bundesarchivgesetz keine Geheimhaltung mehr erlaubt".
Video: Start der U-Ausschüsse : Polit-Show im Wahljahr?
Zusammenfassung
- Nach dem Platzen der türkis-blauen Regierung im Jahr 2019 soll die ehemalige FPÖ-Gesundheitsministerin Beate Hartinger-Klein im "großen Stil" Akten aus ihrem Ministerium vernichten haben lassen.
- Ausgenommen seien nur elektronische Akten gewesen.
- Bereits vor Wochen gab es Kritik: Die Grünen wollten die Fusion der Sozialversicherungsträger unter Hartinger-Klein im U-Ausschuss zu "rot-blauem Machtmissbrauch" thematisieren.
- Allerdings konnte der Rechnungshof viele Akten nicht einsehen.
- Laut dem Ministerium sollen diese am 22. Mai 2019 als "Privatakten" versiegelt dem Staatsarchiv übergeben worden sein - und so für 25 Jahre gesperrt sind.