Janik: Hamas-Zerschlagung ohne Kriegsverbrechen "nicht möglich"
Das größte Krankenhaus in Gaza Stadt, die Al-Shifa-Klinik, habe als "Terror Hochburg" seinen Schutzstatus "nach internationalem humanitärem Recht verloren", meinte Sharuz Shalicar, Sprecher der israelischen Verteidigungskräfte (IDF) im PULS 24 Interview. Im Kriegsfall sei das Spital "ein legitimes Ziel, dass das israelische Militär angreifen darf".
In der Nacht auf Mittwoch ist die israelische Armee in das Krankenhaus vorgerückt - dabei sollen Hamas-Kämpfer getötet worden sein, Waffen, Militärtechnologie und ein Kommandozentrum der Terroristen seien nach israelischen Angaben gefunden worden.
Zauberwort: Verhältnismäßigkeit
Das israelische Militär wisse mehr als Beobachter von außen, meint Menschen- und Völkerrechtsexperte Ralph Janik im Newsroom LIVE. Die Israelis müssten jetzt aber auch beweisen, dass ihre Behauptungen stimmen.
Es gebe im Völkerrecht kein Objekt, das per se "absoluten Schutz" genieße, nicht einmal Krankenhäuser. Das bedeute aber auch nicht, dass es "gar keinen Schutz genießt". Das Zauberwort hier laute: Verhältnismäßigkeit.
Sharuz Shalicar, Sprecher der IDF (Israelische Verteidigungskräfte), im Interview
Israel hat "hohen Beweisstandard" zu erfüllen
Auch wenn das Spital von der Hamas militärisch genutzt würde, müsse eine Verhältnismäßigkeit hergestellt werden. Das heißt, bei jedem Angriff muss der "erwartete militärische Vorteil" mit den zu erwartenden "zivilen Kosten" abgewogen werden.
In dieser Art der Kriegsführung habe Israel einen "hohen Beweisstandard" zu erfüllen. Es müsse bewiesen werden, dass das Krankenhaus tatsächlich von der Hamas "zweckentfremdet" wurde, aber auch die "militärische Bedeutung" des Spitals für die Terroristen.
Außerdem hebt Menschen- und Völkerrechtsexperte Ralph Janik hervor: Die Verletzung des Völkerrechts der einen Partei rechtfertigt nicht, dass auch die andere Partei dieses bricht. Das bedeutet, auch wenn die Hamas gegen das Völkerrecht verstößt, heiße dies nicht, dass Israel es auch verletzten dürfe.
Hamas-Zerschlagung "gar nicht möglich"
Die Befreiung der israelischen Geiseln sei das "legitimste" Kriegsziel Israels. Die Zerschlagung der Hamas sei das "nachvollziehbarere" Ziel, meint Janik. Man müsse sich jedoch fragen: Ist dieses Ziel realistischerweise umsetzbar und erreichbar?
Auch die USA habe sich nach 9/11 eingestehen müssen, dass die Ausmerzung des Terrorismus auf der ganzen Welt kein mögliches Ziel war. So nachvollziehbar das Ziel der Zerschlagung der Hamas nach dem 7. Oktober auch sei - Israel müsse sich fragen, ob es tatsächlich erreichbar ist. "Selbst wenn es umsetzbar wäre, würde man dabei nicht so viele Kriegsverbrechen begehen müssen? Weil es anders gar nicht erst geht, weil die Hamas und das Volk so stark verwoben sind?", betont Janik.
Das faktische Ziel sei eigentlich, die Hamas "entschieden zu schwächen". Die Zerschlagung der Hamas sei allerdings "gar nicht möglich". "Zumindest nicht im Rahmen eines halbwegs sauberen Kriegs", so der Völkerrechtsexperte.
Zusammenfassung
- Die Hamas zu zerschlagen sei "gar nicht möglich". "Zumindest nicht im Rahmen eines halbwegs sauberen Kriegs", meint Menschen- und Völkerrechtsexperte Ralph Janik im Newsroom LIVE.
- So nachvollziehbar das Ziel der Zerschlagung der Hamas nach dem 7. Oktober auch sei - Israel müsse sich fragen, ob es tatsächlich erreichbar ist.
- "Selbst wenn es umsetzbar wäre, würde man dabei nicht so viele Kriegsverbrechen begehen müssen? Weil es anders gar nicht erst geht, weil die Hamas und das Volk so stark verwogen sind?", betont Janik.