Hamas prüft Vorschläge für Waffenruhe im Gaza-Krieg
"Das bedeutet: die Auslöschung der Hamas, die Rückkehr aller Geiseln und die Sicherstellung, dass von Gaza keine Gefahr mehr für Israel ausgeht", erklärte Netanyahu. Er schloss die Freilassung "tausender" in Israel inhaftierter Palästinenser als Teil einer Vereinbarung aus. "Ich möchte das klarstellen", sagte Netanyahu am Dienstag bei einer Ansprache in der Siedlung Eli im besetzten Westjordanland mit Verweis auf aktuelle Verhandlungen zu einem entsprechenden Abkommen. "Wir werden die IDF (Armee) nicht aus dem Gazastreifen abziehen und wir werden nicht tausende Terroristen freilassen. Nichts davon wird geschehen."
Laut Hamas umfasst der in Paris ausgearbeitete Vorschlag für eine Feuerpause drei Phasen. Dabei sollten sowohl Geiseln, die von der Hamas festgehalten werden, frei kommen als auch Palästinenser in israelischen Gefängnissen, wie der Vertreter der radikalen Palästinensergruppe zu Reuters sagt. In der ersten Phase sollten alle Zivilisten - Frauen, Kinder, Kranke und Erwachsene - freigelassen werden. In der zweiten Phase sollten alle Rekruten - männlich und weiblich - frei kommen. In der dritten Phase sollten dann Leichen übergeben werden. Während der gesamten Zeit sollten die militärischen Handlungen auf beiden Seiten eingestellt werden. Wie viele Geiseln von den Palästinensern freigelassen werden sollten, stehe noch nicht fest. Das sei Gegenstand von Verhandlungen.
Vertreter der USA, Israels, Katars und Ägyptens hatten am Wochenende in Paris über ein Abkommen beraten, das im Gegenzug für eine Feuerpause die Freilassung von israelischen Geiseln aus der Gewalt der Hamas im Gazastreifen vorsieht. Israel bezeichnete die Gespräche als "konstruktiv", verwies aber auf "bedeutende Differenzen".
Der Deal könnte laut einem Bericht der "New York Times" vorsehen, dass die Hamas mehr als 100 Geiseln freilässt und Israel dafür seinen Militäreinsatz im Gazastreifen für etwa zwei Monate aussetzt. In einer ersten Phase sollten die Kämpfe für 30 Tage pausieren, hieß es. In dieser Zeit solle die Hamas weibliche, ältere und verletzte Geiseln freilassen. Parallel dazu sollten beide Seiten über eine zweite Phase verhandeln, in der als Geiseln genommene israelische Männer und Soldaten im Gegenzug für weitere 30 Tage Feuerpause freigelassen würden.
Israels rechtsextremer Sicherheitsminister Itamar Ben-Gvir hat unterdessen auf der Plattform X (ehemals Twitter) im Zusammenhang mit den Verhandlungen über eine längere Waffenruhe im Gaza-Krieg mit dem Austritt seiner Partei aus der national-religiösen Koalition von Ministerpräsident Benjamin Netanyahu gedroht. Sollte es ein "rücksichtsloses" Abkommen mit der Hamas zur Freilassung von Geiseln geben, werde seine Partei Jüdische Kraft die Koalition verlassen. Ben-Gvir und Finanzminister Bezalel Smotrich von der Partei Religiöser Zionismus hatten kürzlich gefordert, dass Israel die Offensive vorantreibe und den Gazastreifen, aus dem es sich 2005 zurückgezogen hat, wieder besiedelt.
Ende November waren im Zuge einer von Katar, Ägypten und den USA vermittelten einwöchigen humanitären Feuerpause 105 israelische Geiseln im Gegenzug für 240 in Israel inhaftierte Palästinenser freigekommen. Nach Angaben der israelischen Behörden sind 132 Geiseln noch immer in der Gewalt der Hamas, 28 von ihnen sollen tot sein.
Infolge der israelischen Angriffe auf den Gazastreifen sind nach Angaben der von der Hamas kontrollierten Gesundheitsbehörde binnen 24 Stunden insgesamt 114 Palästinenser getötet worden. Die Zahl der Toten in dem Küstenstreifen seit Kriegsbeginn steige damit auf 26 751, teilte ein Sprecher der Behörde am Dienstag mit. Verletzt wurden demnach seither 65.636 Menschen. Die Zahlen lassen sich derzeit nicht unabhängig überprüfen.
Israels Armee bestätigte am Dienstag erstmals, Tunnel der islamistischen Hamas im Gazastreifen geflutet zu haben. Ziel sei es, "die unterirdische Terrorinfrastruktur im Gazastreifen zu neutralisieren", teilte das Militär am Dienstagabend mit. Dabei seien große Wassermengen in die Tunnel geleitet worden. Das Militär sprach von einem "bedeutenden technischen und technologischen Durchbruch" im Anti-Terror-Kampf.
Die von den USA und der EU als Terrororganisation eingestufte Palästinenserorganisation Hamas hatte bei ihrem Großangriff auf Israel am 7. Oktober nach israelischen Angaben etwa 1.140 Menschen getötet und rund 250 weitere als Geiseln in den Gazastreifen verschleppt. Israel geht seither massiv militärisch im Gazastreifen vor, erklärtes Ziel ist die Zerstörung der Hamas. Nach jüngsten Angaben des von der Hamas kontrollierten Gesundheitsministeriums, die nicht unabhängig überprüft werden können, wurden seit Beginn des Gaza-Kriegs mindestens 26.751 Menschen im Gazastreifen getötet.
Zusammenfassung
- Die radikalislamische Palästinenserorganisation Hamas prüft einen Entwurf für eine Vereinbarung mit Israel, der zu einem Austausch von Geiseln gegen Häftlinge und zu einer längeren Feuerpause führen könnte.
- Der Deal könnte vorsehen, dass die Hamas mehr als 100 Geiseln freilässt und Israel seinen Militäreinsatz für etwa zwei Monate aussetzt.
- Israel hat deutlich gemacht, dass es nicht bereit sei, für die Freilassung aller Geiseln den Krieg gegen die Hamas komplett zu beenden.