Hälfte der Unis plant Rückkehr zum vollen Präsenzbetrieb
"Wir planen in einem Präsenzsemester", betonte Seidler. Eine rote Linie, ab der die Unis komplett ins Digitale wechseln, gibt es aus ihrer Sicht nicht. "Bisher sind wir nur auf Distanz umgestiegen, wenn das von uns verlangt wurde. Ich persönlich gehe nicht davon aus, dass das wieder kommt." Zwar werde je nach Infektionsgeschehen sicher noch ein "Feintuning" bei den Sicherheitsmaßnahmen nötig sein. "Aber ich gehe davon aus, dass wir das durchziehen werden können."
Die Bandbreite beim Präsenzangebot sei dabei je nach Uni und Art der Lehrveranstaltung groß. Der Schwerpunkt bei den Präsenzangeboten soll dabei bei den Studienanfängern sowie jenen liegen, die in den vergangenen drei Semestern ihr Studium begonnen haben. Seidler hob dabei auch die Master-Studierenden hervor, die in drei von vier Semestern die Uni de facto nicht von innen gesehen hätten. Es soll außerdem nach Lehrerveranstaltungstyp unterschieden werden, eine Massenvorlesung könne man auch gut digital abhalten.
An der Uni Wien, der größten Hochschule des Landes, sollen etwa 40 Prozent der Lehrveranstaltungen rein in Präsenz stattfinden, wie Rektor Heinz Engl am Freitag in der "Presse" berichtet hat. Zusätzliche 20 bis 30 Prozent werden gemischt in Präsenz mit digitalen Elementen abgehalten und die restlichen 30 Prozent werden weiterhin digital sein. Die Uni für Angewandte Kunst in Wien hat wiederum zuletzt die komplette Rückkehr in den Präsenzunterricht angekündigt.
"Das Bild ist divers. Das liegt daran, dass auch die Anforderungen divers sind", betonte Seidler. Die kleinen Kunstuniversitäten etwa konnten mit strengen Sicherheitsvorkehrungen schon im vergangenen Sommer wieder in die Hörsäle zurückkehren. Komplett geschlossen seien die Universitäten ohnehin nie gewesen, betonte die uniko-Chefin. Viele Formate wie Labors, kleinere Lehrveranstaltungen oder Prüfungen hätten - abgesehen von vier bis sechs Wochen im ersten Lockdown - während der gesamten Zeit vor Ort stattgefunden.
Ein wesentliches Instrument im Rahmen der Sicherheitsvorkehrungen der Unis sei die 3G-Regel, wobei die Umsetzung auch hier wieder von Uni zu Uni unterschiedlich aussehen kann. Die Kontrollen reichen von lückenloser bis zu stichprobenartiger Überprüfung. An der TU Wien wurde eine Art spezieller "Grüner Pass" entwickelt, der die Kontrolle von 3G-Nachweis und Identität in einem Schritt ermöglicht, wie Rektorin Seidler berichtete. Zusätzlich zu den 3G-Regeln empfiehlt die Mehrheit der Unis das Einhalten von Mindestabständen, an der TU Wien etwa bleibt in den Hörsälen jeder zweite Platz frei.
Die Hälfte der Standorte sieht außerdem laut der vor zwei Wochen durchgeführten uniko-Umfrage eine Maskenpflicht in öffentlichen Bereichen und auf Verkehrsflächen vor. Außerdem wird nur an einigen wenigen Unis, die auf besonders strenge Sicherheitsmaßnahmen setzen, mit einer hundertprozentigen Auslastung der Hörsäle geplant. Die übrigen orientieren sich an einer Belegung von 50 bis 70 Prozent. Einschränkung: "Wir müssen und jetzt permanent an die aktuelle Situation anpassen."
In Sachen Prävention setzen auch alle Unis auf die Impfung: Alle Unis haben laut uniko-Umfrage Impfkampagnen durchgeführt und Impfungen für Studentinnen, Studenten und Lehrende durchgeführt, sei es direkt am Campus oder in Kooperationen mit Ländern bzw. Stadtregierungen. In Wien sei man mittlerweile soweit, dass es zumindest in der Nähe der Unis ein niederschwelliges Imfpangebot für Studierende gibt. An rund der Hälfte der Unis soll es außerdem Testangebote vor Ort geben, andere Stellen des Studierenden Gurgeltests zur Verfügung.
Kritik an den Plänen der Universitäten kam von der Österreichischen HochschülerInnenschhaft (ÖH). "Wir haben als ÖH immer betont, dass für die Studierenden nur ein hybrides Lehrangebot die nötige Planungssicherheit und Flexibilität mit sich bringt. Dass die Universitäten jetzt um jeden Preis möglichst viel Präsenzunterricht durchdrücken wollen zeigt, dass sie aus der Pandemie nichts gelernt haben", kritisiert Sara Velić (Verband Sozialistischer Student_innen) vom Vorsitzteam. Die ÖH fordert stattdessen in allen Lehrveranstaltungen, wo dies möglich sei, eine digitale und eine Präsenzvariante. Das würde auch Flexibilität für Studierende bringen, die nebenbei arbeiten müssen oder Betreuungspflichten haben.
Zusammenfassung
- Die Hälfte der Unis will nach drei Semestern, in denen coronabedingt ein Großteil der Lehre digital abgehalten wurde, im nächsten Studienjahr zum vollen Präsenzbetrieb mit mehr als 90 Prozent Lehre vor Ort zurückkehren.
- Die Kunst- und Medizinunis, die Wirtschaftsuni und die Uni Graz wollen kompletten Präsenzbetrieb, an den übrigen Unis sind es 50 bis 80 Prozent.
- "Wir planen in einem Präsenzsemester", betonte Seidler.