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Gespräche über Waffenruhe im Sudan in der Schweiz

In der Schweiz haben Gespräche zur Lösung der größten humanitären Krise der Welt im Sudan begonnen. Ziel ist ein Waffenstillstand, um massiv mehr humanitäre Hilfe für Millionen Menschen ins Land zu bekommen. Aber nur eine der beiden Konfliktparteien ist der amerikanischen Einladung zu den Gesprächen gefolgt, die Armee ist nicht vertreten. "Höchste Zeit, dass die Waffen schweigen", schrieb der US-Sonderbeauftragte für Sudan und Leiter der Gespräche, Tom Perriello, auf X.

Die Armee (SAF) und die paramilitärische Miliz "Rapid Support Forces" (RSF) liefern sich seit rund 16 Monaten einen blutigen Machtkampf ohne Rücksicht auf die Zivilbevölkerung. Mehr als zehn Millionen Menschen sind in die Flucht getrieben worden, im eigenen Land und in Nachbarländer. Mehr als 25 Millionen Menschen, über die Hälfte der Bevölkerung, ist von akutem Hunger bedroht.

"Die Militäroperationen werden erst dann eingestellt, wenn alle Milizionäre aus den Städten und Dörfern, die sie geplündert und kolonisiert haben, abgezogen sind", erklärte der Chef der sudanesischen Streitkräfte, Abdel Fattah al-Burhan, am späten Dienstagabend. Die Armee erklärte, ihre Abwesenheit von den Gesprächen sei darauf zurückzuführen, dass frühere Zusagen der USA und Saudi-Arabiens, Kämpfer aus zivilen Gebieten abzuziehen und Hilfslieferungen zu erleichtern, nicht umgesetzt wurden. Nach Angaben von Vermittlern wurde diese Vereinbarung jedoch von beiden Seiten missachtet.

Zu den Gesprächen waren Vertreter der RSF und Delegationen aus Ägypten, Saudi-Arabien, den Vereinigten Arabischen Emiraten sowie Vertreter der Afrikanischen Union und der Vereinten Nationen in die Schweiz gereist. Der genaue Ort des Treffens wird aus Sicherheitsgründen geheim gehalten. "Unsere US-Delegation, viele internationale Partner, technische Experten, die sudanesische Zivilgesellschaft warten weiter auf die SAF", schrieb Perriello auf X. "Die Welt schaut zu."

In Abwesenheit der Armee soll es nach Angaben von Perriello zunächst um technische Fragen gehen, wie mehr humanitäre Hilfe ins Land gebracht werden kann. Nach UNO-Angaben wird der Zugang systematisch behindert, unter anderem durch hohe bürokratische Hürden. UNO-Konvois mit Lebensmitteln stecken oft tagelang an Checkpoints fest. Mit der einsetzenden Regenzeit werden Straßen zunehmend unpassierbar.

Nach mehreren Putschen wollten der Armee-Oberbefehlshaber Abdel Fattah al-Burhan, und der Chef der RSF-Milizen, Mohamed Hamdan Daglo, sich die Macht teilen. Al-Burhan wurde Präsident, Daglo sein Stellvertreter. Das Gebilde zerbrach aber im April 2023 an der Rivalität der Männer. Seitdem kämpfen beide mit ihren Truppen um die territoriale Vorherrschaft. Die RSF setzt ihre Operationen in mehreren Gebieten des Sudan fort und bombardiert die Städte Omdurman, al-Obeid und al-Fashir heftig. Außerdem drang sie in den Südosten des Landes vor. Beide Seiten begegnen Zivilisten nach Angaben von Einwohnern mit roher Gewalt. Ihnen werden schwere Menschenrechtsverletzungen vorgeworfen.

Fast 26 Millionen Menschen sind von akutem Hunger bedroht, das ist mehr als die Hälfte der Bevölkerung. 755.000 Menschen stehen am Rande einer Hungersnot, wie UNO-Analysen zeigen. Im Flüchtlingslager n. Im Flüchtlingslager SamSam in Nord-Darfur mit 500.000 Flüchtlingen wurde bereits eine Hungersnot deklariert. 10,7 Millionen Menschen sind auf der Flucht, mehr als zwei Millionen weitere sind über die Grenzen in Nachbarländer geflohen.

Nach UNO-Schätzungen sterben im Sudan täglich mindestens hundert Menschen an den Folgen von Hunger; mindestens 30 Prozent der Kinder gelten als akut unterernährt. Neben dem Konflikt haben jetzt auch noch schwere Regenfälle und Überschwemmungen Häuser und Straßen zerstört und Zehntausende in die Flucht getrieben. In der vergangenen Woche wurden nach Angaben des Gesundheitsministeriums 268 Cholerafälle im Sudan gemeldet. Die Verteilung von Hilfsgütern in die von der RSF kontrollierten Gebiete werde durch Raub und Plünderung stark verzögert, wie Augenzeugen berichten.

"Die Lage in Khartum ist unbeschreiblich und wirklich furchtbar", sagt Khalid Mishain, Sprecher einer Jugend-NGO, der vor Kurzem aus der weitgehend zerstörten Hauptstadt geflohen ist. "Jeden Tag hört man von Menschen, die in ihren Häusern oder Wohnungen erschossen worden sind. Die Regierungstruppen bombardieren in den Vierteln, in denen die RSF die Kontrolle hat, willkürlich Wohngegenden."

In der umkämpften Stadt El Fasher sind hunderttausende Menschen vom Nötigsten abgeschnitten. Es gibt kaum noch Nahrungsmittel, berichten Einwohner. Einige hätten es in das überfüllte Lager SamSam geschafft, wo es aber auch kaum Essen gibt, berichtet Yakoub, der es kürzlich schaffte, aus El Fasher zu fliehen. Viele Menschen müssten trotz einsetzender Regenzeit unter freiem Himmel kampieren. "Kinder sterben an Unterernährung, an Durchfallerkrankungen und Malaria", berichtete er.

Mohamed Ahmed von Ärzte ohne Grenzen ist im Grenzgebiet von Darfur und Tschad. Das Elend sei immens, hunderttausende Flüchtlinge hausten dort unter chaotischen Bedingungen, Hilfsgüter erreichten sie nicht. "Was wir an humanitärer Hilfe leisten, ist wie ein Tropfen in den Ozean", sagte er. Die Welthungerhilfe steht bereit, um 18.000 Tonnen Nahrungsmittel des Welternährungsprogramms (WFP) in El Fasher, SamSam und umliegenden Ortschaften zu verteilen, wie eine Sprecherin sagte.

Beide Seiten behindern nach UNO-Angaben systematisch die nötige humanitäre Hilfe für die Menschen. Zum einen würden Visa verweigert und bürokratische Hürden aufgebaut, um Lieferungen zu genehmigen, zum anderen stünden UNO-Konvois mit Lebensmitteln oft tagelang an Checkpoints fest, sagte Mohamed Refaat, der für die UNO-Organisation für Migration in Port Sudan Hilfe koordiniert. Zudem fehlt den Vereinten Nationen Geld, selbst für die Leute, die erreicht werden könnten: von den 2,7 Milliarden Dollar (2,5 Mrd. Euro), die für 2024 nötig sind, ist nach UNO-Angaben erst ein Drittel eingegangen.

ribbon Zusammenfassung
  • In der Schweiz haben Gespräche zur Lösung der humanitären Krise im Sudan begonnen, nur die RSF ist vertreten, die Armee fehlt.
  • Mehr als 25 Millionen Menschen im Sudan sind von akutem Hunger bedroht, 755.000 stehen am Rande einer Hungersnot.
  • Die Armee erklärt ihre Abwesenheit bei den Gesprächen mit nicht umgesetzten Zusagen der USA und Saudi-Arabiens.
  • Der Zugang zu humanitärer Hilfe wird systematisch behindert, UNO-Konvois mit Lebensmitteln stecken oft tagelang an Checkpoints fest.
  • Die UNO schätzt, dass täglich mindestens 100 Menschen im Sudan an den Folgen von Hunger sterben.