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Geleaktes SPÖ-Papier: ORF beendet SORA-Zusammenarbeit

Das geleakte SORA-Papier für die SPÖ trat am Mittwoch eine Welle der Ereignisse los. Der ORF beendete die Zusammenarbeit, SORA-Mitgründer Günther Ogris kündigte einen Rückzug an. Unterdessen spricht die FPÖ von "Silberstein-Methoden", die Grünen von einem "Alptraum" und die ÖVP fordert Transparenz von ORF und Sozialdemokratie.

Unbeabsichtigt ist am Dienstag ein internes SPÖ-Strategiepapier geleakt worden. In der Unterlage, die auch PULS 24 vorliegt, wird unter anderem ein "Schattenkabinett" für Parteichef Andreas Babler entworfen. Dem SPÖ-Chef selbst tut SORA "leid", liege die "Panne" doch "klar bei ihnen", wie Babler am Mittwoch vor Journalisten sagte. Beauftragung durch die Partei habe es keine gegeben.

Die Unterlagen seien "Überlegungen", die SORA gemacht habe. Daher sei es auch kein "SPÖ-Strategiepapier", betonte der SPÖ-Vorsitzende. Die "Panne" liege bei dem Meinungsforschungsinstitut und nicht bei der SPÖ. Auch kenne er das Papier nicht in seiner Gesamtheit, so Babler. Daher könne er nichts zu den als "Schattenkabinett" titulierten Personen sagen oder zu anderen darin enthaltenen Vorschlägen und Strategien.

Bablers "Schattenkabinett"

Prominentester Kopf in Bablers "Schattenkabinett" ist Medienmanager Gerhard Zeiler als Finanzminister. Weiters wird ÖBB-Infrastruktur-Chefin Silvia Angelo als Infrastrukturministerin gehandelt. Der Vorstandsvorsitzende der Stadtwerke Judenburg, Manfred Wehr soll für Wirtschaft zuständig sein, Volkshilfe-Chef Erich Fenninger soll sich um Soziales kümmern.

Vize-Klubobfrau Eva Maria Holzleitner soll Frauenministerin werden und die Wiener Landtagsabgeordnete und Chefin der Wiener SPÖ-Frauen Marina Hanke soll mit dem Thema Bildung betraut werden. 

ORF beendet SORA-Zusammenarbeit

Der ORF kooperierte bisher mit dem Meinungsforschungsinstitut bei Wahlen, etwa für Hochrechnungen, Wahltagsbefragungen und Analysen. Dort zog man nun Konsequenzen und beendete die Wahl-Zusammenarbeit. 

"Insbesondere bei Wahlen sind Glaubwürdigkeit und Objektivität in der ORF-Berichterstattung von essenzieller Bedeutung, auch jeglicher Anschein von Einseitigkeit muss unterbunden werden", teilte der öffentlich-rechtliche Rundfunk in einer Aussendung mit. Der ORF betonte allerdings, "dass die vergangenen Hochrechnungen von SORA äußerst präzise waren und niemals irgendein Indiz für eine parteipolitische Einseitigkeit gegeben war".

Am Vormittag zeigte man sich auf PULS 24 Nachfrage noch zurückhaltend. Wie ein Sprecher sagte, wollte man ursprünglich noch die Pressekonferenz der ÖVP um 13.00 Uhr abwarten, nun traf man schon am Mittwochmittag eine Entscheidung. Zuvor kritisierte FPÖ-Chef Herbert Kickl die Zusammenarbeit deutlich und forderte das sofortige Ende. ÖVP-Generalsekretär Christian Stocker forderte Transparenz bei den Geschäftsbeziehungen zwischen SPÖ und SORA.

Ogris zieht sich aus ORF-Wahlanalyse zurück

Der SORA-Sozialforscher Günther Ogris betonte am Mittwoch, dass es sich dabei um kein Parteipapiert, sondern um eine Präsentation ohne Auftragsverhältnis gehandelt habe. Er arbeite "seit Jahrzehnten" neben seiner sozialpolitischen Forschung und Wahlforschung auch an strategischen Modellen. Bei der an die Medien gelangten Unterlage handle es sich um "eine persönliche Hypothesensammlung und Vorversion einer Gesprächsunterlage".

Diese enthalte "persönliche Überlegungen für eine eventuelle Beratungstätigkeit" und war nicht zu Veröffentlichung bestimmt, argumentierte Ogris. Auftrag der SPÖ dazu gab es keinen.

Nicht ganz eineinhalb Stunden danach gab SORA den Rückzug Ogris' aus der Wahlanalyse bekannt. Diese Entscheidung habe er mit Mitgründer Christoph Hofinger "einvernehmlich" getroffen, hieß es am Mittwoch in einer Stellungnahme gegenüber der APA.

Ogris habe in der "langjährigen Zusammenarbeit stets höchste wissenschaftliche Professionalität bewiesen", so Hofinger. Er schätze dessen Schritt "im Sinne der Glaubwürdigkeit" sich "mit sofortiger Wirkung" aus dem für den ORF arbeitenden Wahlanalyse-Team zurückzuziehen.

Falscher Verteiler

Die Präsentation von Ogris sollte am Dienstag der SPÖ per Mail übermittelt werden, wurde aber fälschlicherweise an einen falschen Verteiler mit rund 800 Empfängern versandt.

In dem Strategieentwurf werden drei Ziele für die Nationalratswahl formuliert: Die SPÖ wird stärkste Partei, die SPÖ wird stärkste Partei links der Mitte und eine Ampel-Mehrheit wird erreicht, um eine Regierung ohne ÖVP und FPÖ zu ermöglichen.

ÖVP blockiert, Kickl schürt Hass

Als Strategie soll die SPÖ demnach die "Hoffnung auf Erlösung" schüren, indem die "depressive Stimmung und Erschöpfung" betont wird und dass "die ÖVP blockiert". Das Image der NEOS soll Richtung ÖVP gedrängt werden, damit sie "von der ÖVP Stimmen gewinnt und nach links Stimmen verliert".

Gleichzeitig soll das Kanzler-Image von Babler gestärkt werden. Dabei wird insbesondere auf das "Charisma der Nähe" des Traiskirchner Bürgermeisters gesetzt: "Er liebt die Menschen, er ist gern unter Menschen, er fühlt sich ihnen nahe und verbunden". Der "Story-Frame" laut dem Papier: "Liebe statt Hass = Babler statt Kickl".

In dem Strategiepapier wird Babler auch vorgeschlagen, wie er "offensiv" auf kritische Fragen antworten könnte, etwa ob er ein Marxist oder gegen die EU sei.

Kickl: "Aufmarschplan" für "links-linke Bundesregierung"

FPÖ-Chef Herbert Kickl nannte das geleakte Papier am Mittwoch in einer Pressekonferenz einen "Aufmarschplan" für eine "links-linke Bundesregierung". Dafür bräuchte es eine "Gebrauchsanweisung". Darin sei eine "Vernaderung des politischen Mitbewerbers" vorgenommen worden. "Das sind Silberstein-Methoden, die im Gewand der Sozialwissenschaften daherkommen", führte Kickl fort. 

Kickl nutzt das SORA-Papier, um gegen den ORF auszuteilen: "Na so viel zum Thema Objektivität, was den Österreichischen Rundfunk betrifft". Deshalb forderte er, dass die Zusammenarbeit zwischen ORF und SORA "sofort zu beenden ist"

Nur ein Angebot? Für ÖVP "wenig glaubwürdig"

"An sich sind solche Kooperationen ja nichts Verwerfliches", sagte ÖVP-Generalsekretär Christian Stocker bei einer Pressekonferenz zu der Causa. Weil das SORA-Institut aber mit dem ORF kooperiere, sei das anders. Die vorgeschlagene "konkrete strategische Beratung" der SPÖ inklusive personeller Vorschläge seien für mehr als nur ein Angebot, wie zunächst kommuniziert. Stocker findet das "wenig glaubwürdig". 

Es handle sich um kein "harmloses Positionspapier", viel mehr gehe es auch um "Negative Campaining" gegenüber anderer Parteien, auch der ÖVP. 

ÖVP will Transparenz, zumindest zum Teil

Für Stocker bleibt die Frage, ob die SPÖ einen Vorteil durch die Zusammenarbeit gehabt habe. Deshalb forderte er eine Offenlegung der Vertragsbeziehungen zwischen SORA und SPÖ. Vor allem durch die zeitgleiche Zusammenarbeit mit dem ORF mache die Situation für Stocker "heikel". 

Die ÖVP selbst wolle zwar nicht alle Kooperationen offenlegen, wenn es im Projekte gehe, die im Zusammenhang mit dem ORF stünden, sei man dazu aber bereit. 

Außerdem sei offen, ob die SORA auch für SPÖ-nahe Organisationen arbeite und äußert sich kritisch zu einer möglichen Querfinanzierung der Partei durch Vorfeldorganisationen. 

Für Maurer ein "Alptraum"

"Der Alptraum, dass man etwas an den falschen Verteiler schickt", meinte die Grüne Klubobfrau Sigrid Maurer am Rande des Ministerrats zur Causa. Aber wenn es hier zu einer Vermischung von Wahltagsbefragungen und Parteiarbeit komme, "ist das natürlich problematisch", betonte sie.

Alle Parteien arbeiteten mit Umfrageinstituten zusammen, erklärte Maurer, aber dabei seien ethische Standards einzuhalten.

Holzleitner äußert sich zu Posten-Gerüchten

Eva-Maria Holzleitner äußerte sich im PULS 24 Interview äußert defensiv zu Gerüchten um einen möglichen Ministerposten. "Aktuell bin ich sehr gerne Nationalratsabgeordnete", meinte sie dazu. Deshalb wolle sie auch bei der kommendne Wahl "gerne wieder für den Nationalrat kandidieren". "Das Fell des Bären darf man nicht verteilen, bevor er erlegt ist", sagte Holzleitner und betonte, man wolle nun als SPÖ sich darauf konzentrieren, "stärker zurückzukommen". 

ribbon Zusammenfassung
  • Unabsichtlich soll ein SPÖ-Papier an einen falschen Verteiler geschickt worden sein.
  • Darin wird ein Schattenkabinett für SPÖ-Chef Andreas Babler entworfen.
  • Die Präsentation soll aber vom SORA-Institut ohne Auftrag erstellt worden sein, heißt es von SPÖ und SORA.
  • FPÖ-Chef Herbert Kickl spricht von "Silberstein-Methoden".
  • Beim ORF zieht man Konsequenzen und beendet die Zusammenarbeit.