Gas: Regierung begegnet Krise mit Informationsoffensive

Nachdem der Regierung wochenlang Intransparenz und Untätigkeit in der Energiekrise vorgeworfen worden ist, will man nun mehr kommunizieren.

Der Krieg Russlands gegen die Ukraine habe zu sehr viel Unsicherheit in der Bevölkerung geführt, sagte Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) am Mittwoch nach dem Ministerrat. An die zuständigen Ministerien sei daher der Auftrag ergangen, die Öffentlichkeit regelmäßig zu informieren. 

Nehammer: Herausfordernde Zeiten

"Es sind tatsächlich herausfordernde Zeiten", meinte Nehammer, und man wolle als Bundesregierung Sicherheit und Zuversicht geben. Energie werde von Russland als "Mittel der Kriegsführung" eingesetzt, kritisierte Nehammer bei einem gemeinsamen Auftritt mit Energieministerin Leonore Gewessler (Grüne) und Wirtschaftsminister Martin Kocher (ÖVP). Es handle sich um "Angstkampagnen vonseiten der Russischen Föderation". Dies führe zu sehr viel Unsicherheit in der Bevölkerung.

Russischer "Angstmache" entgegenwirken

Um der "Angstmache" entgegen zu wirken, seien das Energieministerium, das Wirtschaftsministerium und das Finanzministerium aufgerufen, regelmäßig zu informieren, unter anderem zur Gasbevorratung und -diversifizierung, zu Infrastrukturprojekten, der Beschaffung auf europäischer Ebene und Schritten bei möglichen Lieferausfällen.

Bei der Pressekonferenz erinnerten die Regierungsmitglieder denn auch an bereits eingeleitete Maßnahmen: Österreich lege eine strategische Gasreserve an, man habe das Use-it-or-Lose-it-Prinzip bei Gasspeichern eingeführt und arbeite daran, die Abhängigkeit von russischem Gas durch Erneuerbare Energien zu reduzieren und kurzfristig andere Gasanbieter zu finden, bekräftigte Nehammer.

Alarmstufe wird vorerst nicht ausgerufen

Die Alarmstufe des Gas-Notfallsplans werde vorerst nicht ausgerufen, betonte Gewessler einmal mehr. Diese trete erst dann in Kraft, wenn die Speicherziele für die Heizsaison gefährdet seien. Aktuell seien die Speicher mit 44 Terawattstunden Erdgas gefüllt, das entspreche fast der Hälfte des österreichischen Jahresverbrauchs. Dies sei freilich auch "kein Grund, beruhigt zu sein", mahnte die Ministerin. Potenziell nächstes kritisches Ereignis sei die Wartung der Pipeline Nord Stream 1 ab 11. Juli. Niemand könne seriös vorhersagen, was passieren wird, räumte Gewessler ein, aber man könne sich jedenfalls auf Gazprom und Putin nicht verlassen.

Gewessler ist sich trotz der bereits gesetzten Maßnahmen "sicher, das wird's noch nicht gewesen sein - wir werden noch weitere Schritte brauchen". "Wir sind ohne jeden Zweifel in einer ernsten Lage", erklärte auch Wirtschaftsminister Kocher. Er versicherte aber, man habe ständig auch mit Experten das Interesse Österreichs im Blick und nutze alle Möglichkeiten, das Land vorzubereiten.

"Kaum ein europäisches Land" informiert so wie Österreich

Kritik, dass allerdings nach wie vor Informationen beispielsweise zu etwaigen Verträgen im Flüssiggasbereich fehlten, wies der Bundeskanzler recht energisch zurück. Es gebe "kaum ein europäisches Land", das so transparent etwa über die Speicherkapazität informiere wie Österreich. Es handle sich um einen privaten Markt, man müsse mit Informationen auch vorsichtig sein. Bei der staatlichen Gasreserve informiere man über Erfolge, wenn man sie erreicht habe - sonst könne man sich wieder Kritik anhören, nur Dinge anzukündigen und nicht umzusetzen. Seiner Erfahrung nach könne man es für die Journalisten aber ohnehin nie richtig machen, beschwerte sich der Kanzler.

EU-Energieminister berufen Krisentreffen Ende Juli ein

Die Energieminister der EU-Länder treffen sich Ende Juli zu einer Krisensitzung angesichts der stark steigenden Preise und ausbleibenden russischen Gaslieferungen. Ziel des Treffens am 26. Juli sei es, "die Vorbereitung der EU auf den kommenden Winter im Energiebereich" zu erörtern, erklärte die tschechische EU-Ratspräsidentschaft am Mittwoch im Onlinedienst Twitter.

Mit turnusgemäßer Übernahme des Ratsvorsitzes hatte die Regierung in Prag die EU-Energiepolitik zum wichtigsten Schwerpunkt der kommenden sechs Monate erklärt. "Wir werden viel zu diskutieren haben. Es wird nicht einfach sein, aber unser aller Ziel ist dasselbe: die Inflation und die hohen Energiepreise zu bekämpfen und die Auswirkungen auf unsere Bürger abzufedern", sagte Regierungschef Petr Fiala am Mittwoch in Straßburg zu Journalisten.

ribbon Zusammenfassung
  • Die Regierung will in der Energieversorgungskrise mehr kommunizieren.
  • Der Krieg Russlands gegen die Ukraine habe zu sehr viel Unsicherheit in der Bevölkerung geführt, sagte Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) am Mittwoch nach dem Ministerrat.
  • An die zuständigen Ministerien sei daher der Auftrag ergangen, die Öffentlichkeit regelmäßig zu informieren.
  • Die Alarmstufe wird vorerst weiter nicht ausgerufen, betonte Energieministerin Leonore Gewessler (Güne).