Für Filzmaier war Wirtschaft entscheidend für Trump-Sieg
Als Quasi-Amtsinhaberin habe die Vizepräsidentin nämlich nicht die Möglichkeit gehabt, sich in der Wirtschaftspolitik "mit vollmundigen Versprechungen" zu präsentieren. Vielmehr habe sie die strategische Entscheidung getroffen, Trump Persönlichkeit zum Thema zu machen. Durch die scharfe Kritik an ihm habe sie ihm aber zusätzliche Präsenz in den Medien verschafft, so Filzmaier, der diesbezüglich auch von einer "unheiligen Allianz" zwischen dem Rechtspopulisten und den Massenmedien sprach, für die Trump mit seinen Provokationen ein Quotenbringer sei.
Filzmaier zeigte sich überrascht vom Ausmaß der Niederlage der Demokratin. "Ich persönlich hätte nicht erwartet, dass Harris derart unterperformt im Vergleich zum Biden-Ergebnis", sagte der Experte mit Blick auf das Ergebnis des Jahres 2020, als Trump in sechs von sieben Swing States gegen Biden den Kürzeren gezogen hatte. Allerdings dürfte man daraus nicht den Schluss ziehen, dass Biden auch heuer der bessere Kandidat gewesen wäre. Ein Problem sei vielmehr "der späte Wechsel" von Biden zu Harris gewesen.
Seine These zum bestimmenden Wahlmotiv Wirtschaft untermauerte Filzmaier mit den Ergebnissen von Wählerbefragungen. Diejenigen, die eine Verschlechterung der eigenen wirtschaftlichen und sozialen Lage in den vergangenen Jahren sahen, hätten mit überwältigender Mehrheit Trump gewählt. Zugleich hätten die Themen, bei denen Harris stark war, nicht so sehr gezogen. "Die Abtreibungsverbote haben im Vergleich eine geringere Rolle gespielt."
Filzmaier räumte ein, dass Harris auch mit unterschwelligem Sexismus zu kämpfen hatte. "Als Alleinerklärung reicht das nicht aus." Schließlich könne man umgekehrt sagen, dass es der Demokratin nicht ausreichend gelungen sei, Frauen zu motivieren. "Sie hat speziell bei Frauen, auch konservativen Frauen, nicht so performt, wie sie musste", sagte er etwa mit Blick auf die klare Niederlage im Staat Iowa, in dem das jüngst beschlossene Abtreibungsverbot für große Aufregung gesorgt hatte.
Die Demokraten sieht der Politikwissenschafter nun in einer "fundamentalen Oppositionsrolle", weil Trumps Republikaner auch beide Häuser des Parlaments kontrollieren. "Trump hat die Chance, die Politik weit über seine Amtszeit hinaus zu prägen", sagte Filzmaier mit Blick auf anstehende Richterernennungen, gegen die es kaum Widerstand geben werde. Die Demokraten könnten aber darauf hoffen, dass bei den Zwischenwahlen im Jahr 2026 das Pendel wieder in die Gegenrichtung ausschlagen könnte.
Die im Vorfeld der Wahl gerade auch vom Harris-Lager hervorgehobenen Sorgen um die US-Demokratie sieht Filzmaier differenziert. Verfassungsänderungen seien wegen der hohen Mehrheitserfordernisse kaum möglich, und auch Wahlen werden weiterhin stattfinden. Allerdings könnte Trump versuchen, Wahlregeln zugunsten seines Lagers zu ändern. "Die Aushöhlung demokratischer Spielregeln ist eine sehr reale Gefahr, davon muss man ausgehen."
Zu den internationalen Auswirkungen von Trumps Comeback sagte Filzmaier, dass das Entstehen einer Art rechtspopulistischen Internationale eher unwahrscheinlich sei, weil der Republikaner ein Isolationist sei und solchen Kooperationen keine Priorität einräume. Rechtspopulistische Politiker weltweit dürften den Wahlsieg Trumps "bejubeln" und den straffälligen und provokanten US-Politiker als "Role Model" dafür sehen, "wie weit man gehen kann und was man sich leisten kann".
(Das Gespräch führte Stefan Vospernik/APA)
Zusammenfassung
- Peter Filzmaier sieht die Wirtschaft als entscheidenden Faktor für Trumps Wahlsieg gegen Kamala Harris, da viele Wähler eine Verschlechterung ihrer Lage erlebten.
- Harris' Fokus auf Trumps Persönlichkeit anstatt auf Wirtschaftsthemen verschaffte Trump zusätzliche Medienpräsenz, was zu ihrer unerwartet deutlichen Niederlage beitrug.
- Die Demokraten stehen nun vor einer fundamentalen Oppositionsrolle, da Trumps Republikaner beide Häuser kontrollieren und er die Möglichkeit hat, die Politik langfristig zu prägen.