Freizeitpädagogen protestieren gegen Reform
Darüber hinaus macht bei einem Aktionstag ein Netzwerk aus Bildungsinitiativen mit etwa Lehrer- und Elternvertretern, Behindertenverbänden und der Kindergarten-Plattform Educare mit diversen Aktionen Stimmung für Reformen im Bildungssystem.
Die Kritik der Freizeitpädagogen richtet sich gegen eine geplante Umwandlung ihres Berufsbilds zu Assistenzpädagogen. Derzeit sind sie an ganztägigen Schulen für die Gestaltung des Freizeitteils zuständig - künftig sollen sie auch Lernzeiten übernehmen bzw. auch im Unterricht mithelfen dürfen. Laut einem ersten Entwurf sollen sie dafür anders als bisher ab 1. September 2024 Matura haben müssen, umgekehrt würde die Dauer ihrer Ausbildung von zwei auf ein Semester halbiert. Bisheriges Personal soll zwar die Matura nicht nachmachen müssen und grundsätzlich übernommen werden - sie würden allerdings in ein öffentliches Dienstverhältnis überführt.
Derzeit sind die österreichweit rund 5.000 Freizeitpädagogen bei diversen Vereinen bzw. gemeindenahen Trägern beschäftigt. Die meisten davon gibt es mit 2.300 in Wien bei "Bildung im Mittelpunkt", einer zu 100 Prozent im Eigentum der Stadt stehenden GmbH. "Letztlich geht es um eine Verstaatlichung dieses Bereichs, ein unfriendly takeover ", bemängelte Walter Marschitz, Geschäftsführer der Sozialwirtschaft Österreich.
Mit den Plänen des Bildungsministeriums würden mehrere Ziele vermengt: Die Schaffung pädagogischen Unterstützungspersonals, der Ausbau der Nachmittagsbetreuung und eine Kompetenzbereinigung im Bildungsbereich. "Diese Intentionen werden von uns im Grundsatz geteilt", meinte Marschitz. "Wir glauben aber nicht, dass das derzeit bewährte System der schulischen Nachmittagsbetreuung zerstört werden muss." Die Branchenvertreter fordern daher eine Einbindung und ein Gipfeltreffen.
Freizeitpädagoginnen und Freizeitpädagogen würden derzeit etwa zahlreiche Zusatzaufgaben erfüllen und direkt am Standort mit den Schulleitungen kooperieren, meinte Hilfswerk-Geschäftsführerin Elisabeth Anselm. So würde etwa Frühbetreuung oder Ferienbetreuung übernommen oder die Essensbestellung organisiert. Mit den Plänen würde die Organisation der Tagesbetreuung in die Bildungsdirektionen wandern und die lokale Vielfalt zerstört.
BiM-Geschäftsführer Mario Rieder befürchtete durch die Umstrukturierung ein Absinken der Qualität. Für die Aufgaben in der Freizeitpädagogik brauche man nicht unbedingt Matura, sondern etwa Lebenserfahrung. Die geplante Erfordernis einer Reifeprüfung ab Oktober 2024 schrecke jetzt schon Bewerberinnen und Bewerber ab. Darüber hinaus wisse man nicht, was konkret mit dem derzeitigen Personal passiert. Wenn dieses den Arbeitgeber wechsle, müsse es zuerst gekündigt und dann neu angestellt werden. "Es gibt keine Rechtssicherheit, ob sie übernommen werden und in welcher Form sie übernommen werden."
Grünen-Bildungssprecherin Sibylle Hamann betonte gegenüber der APA, dass die Verhandlungen zum neuen Berufsbild der Assistenzpädagogen erst ganz am Anfang stünden. "Das Ganze wird nur passieren, wenn alle an Bord sind." Die Inhalte der Reform verteidigte sie. Der Bund biete den Ländern an, das Personal aus den diversen Vereinen und GmbHs in den öffentlichen Dienst zu überführen und damit für eine dauerhafte Bestandsfinanzierung zu sorgen. Wenn die Finanzierung dieses Personals nicht mehr an den Gemeinden hänge, sei das auch ein Anreiz für einen Ausbau der Ganztagsschulen. Diese Umstellung sei auch eine langjährige Forderung von Rechnungshof, Arbeiterkammer, Gemeinde- und Städtebund und Bildungsexperten, so Hamann.
Die Sorgen der Träger um Rechtssicherheit bei der Übernahme in den öffentlichen Dienst sind für Hamann verfrüht, "wir sind noch fünf Etappen davor". Auch die Gefahr eines Qualitätsverlusts sieht sie nicht. Die geplante Reform bringe erstmals einheitliche Ausbildung und Zugangsvoraussetzungen, derzeit gebe es in manchen Ländern keinerlei Ausbildung. Die Matura als Zugangsvoraussetzung wiederum sei nicht fix, man werde auch Personal mit anderen Ausbildungen etwa im Kreativ- oder Sportbereich brauchen. Die wahrscheinlichste Variante sei, dass die Ausbildung für Personen ohne Matura länger dauert.
Unterstützung für die Streiks und Demos kommt von der SPÖ. "Dass die Regierung hier eine unausgegorene Reform des Berufes gegen den Willen der Beschäftigten durchpeitschen will, ist nicht zu akzeptieren", so Bildungssprecherin Petra Tanzler in einer Aussendung. "Türkis-Grün muss endlich die Gewerkschaft an den Verhandlungstisch holen."
Zusammenfassung
- Die Freizeitpädagoginnen und Freizeitpädagogen an ganztägigen Schulen demonstrieren am Donnerstag erneut gegen eine Reform ihres Berufsbilds, in Wien und Graz finden sogar Streiks statt.