Pride in PolenAPA/AFP

Warum die EU für LGBTIQ-Rechte so wichtig ist

Der EU-Wahlkampf ist in vollem Gange. Rechte von Minderheiten, insbesondere die von LGBTIQ-Personen, bleiben dabei teils ein Randthema oder werden im Wahlkampf von rechten Parteien angegriffen. Dabei haben LGBTIQ-Menschen bei einem Machtwechsel in der EU viel zu verlieren. Denn für Aktivist:innen bietet die EU Möglichkeiten, um gegen Diskriminierung vorzugehen.

Im EU-Wahlkampf heftet sich die FPÖ an die Fahnen, wie sie die EU "stoppen" könne. Brüssel würde zu viel auf nationaler Ebene bestimmen, davon müsse man wegkommen. Im Parteiprogramm beschäftigen sich die Freiheitlichen mit ihren Kernthemen wie "illegaler Massenmigration" oder dem "EU-Coronaregime".

Die Rechte von LGBTIQ-Personen hingegen werden im Programm nicht erwähnt. Dabei könnten die nach der kommenden EU-Wahl in Gefahr sein. Expert:innen prognostizieren einen Rechtsruck, wie sich die EU dann bei LGBTIQ-Themen positioniert, wird sich erst zeigen.

Klar ist aber, dass rechte Parteien gegen ein "Einmischen" der EU sind – auch bzw. gerade wenn dies zum Wohle von Minderheiten ist. 

Video: Die Gesichter des EU-Rechtsrucks

FPÖ gegen "Verbote" und Regenbogenfahnen

"Wir sehen das so, es soll jeder machen, was er will, solange sich das im Rahmen bewegt. Die Sexualität der Menschen ist eine höchstpersönliche, eigene Sache, wir mischen uns da nicht ein", so FPÖ-EU-Abgeordneter Georg Mayer gegenüber PULS 24. Er sei "gegen Verbote", das inkludiere aber auch ein Eingreifen der EU.

Das Thema LGBTIQ beschäftigt die FPÖ aber durchaus. FPÖ-EU-Spitzenkandidat Harald Vilimsky sprach bei der CPAC-Konferenz davon, dass es gut sei, dass es nur zwei Geschlechter gebe. Dass es in Österreich nach einem Verfassungsgerichtshof-Urteil sechs Optionen zur Geschlechtseintragung gebe, sei "übertrieben".

Auch in Wahlkampf-Reden wird das Thema aufgegriffen. Erst beim Maiaufmarsch in Linz erklärte etwa der oberösterreichische Landeshauptmann-Stellvertreter Manfred Haimbuchner, dass bei einer Wahl der FPÖ, Schluss sei "mit Regenbogenfahnen an öffentlichen Gebäuden".

Eine symbolische Geste, aber eine mit Tragkraft. Ähnlich handhabt auch die ungarische Fidesz-Partei von Ministerpräsident Viktor Orbán das Thema im EU-Wahlkampf. Auf Plakaten schießt Orbán direkt gegen ungarische Oppositionspolitiker, sie seien "demütige Diener von Brüssel" und würden für "Illegale Massenmigration", "Gender" und "Krieg" stehen.

Unter dem weitgefassten Begriff "Gender" fällt dabei typischerweise auch die Gleichberechtigung von LGBTIQ-Menschen. Deren Rechte werden in Ungarn seit Jahren systematisch eingeschränkt, seit 2021 dürfen LGBTIQ-Inhalte Unter-18-Jährigen in Ungarn etwa nicht mehr zugänglich gemacht werden.

Die EU leitete daraufhin ein Vertragsverletzungsverfahren ein, Ungarn verstoße gegen die Grundrechte.

Lage in Polen

Es zeigt, dass Sexualität eben oft nicht privat ist, sondern vom Staat geahndet wird. Erst Maßnahmen der EU können eine Änderung bewirken, wie auch ein Blick nach Polen deutlich macht.

In den vergangenen acht Jahren, in denen die PiS-Partei die Regierungsmehrheit hatte, seien die Menschenrechte von LGBTIQ-Personen in vielen Bereichen nicht geachtet worden, erklärte Olga Plesinska von der polnischen Organisation "Kampagne gegen Homophobie" gegenüber PULS 24.

Rechtlich sind LGBTIQ-Menschen schwer benachteiligt, im internationalen Vergleich belegt Polen nur Platz 41 von 49, berichtet ILGA Europe in seiner neuesten Auswertung.

LGBTIQ-freie Zonen in Polen

Weder eingetragene Partnerschaften noch Adoption stehen gleichgeschlechtlichen Paaren offen, zudem gibt es in Polen immer noch sogenannte "LGBT-freie Zonen". Sie sollen frei von "frei von LGBT-Ideologie" sein.

Waren es im Jahr 2019 noch bis zu 30 Prozent des Landes solch eine Zone, sind es aktuell nur mehr ein Prozent, so Plesinska. Um gegen Diskriminierung vorzugehen, hätten Aktivist:innen gezielt die EU genutzt.

EU-Finanzierung als Druckmittel

Plesinska schildert etwa, dass "Equality Watch", eine Koalition von 14 NGOs, europäische Finanzierungsgesetze nutze, um diskriminierende Beschlüsse zu bekämpfen. Denn Behörden, die diese aufrechterhalten, könnten rechtlich nicht von europäischen Förderprogrammen profitieren. Die Finanzierung sei an Werte wie Menschenrechte und Gleichheit gebunden.

Mehrere lokale Behörden hätten daraufhin die diskriminierenden Beschlüsse zurückgezogen, um Zugang zu EU-Geldern zu erhalten.

So drastisch ist die Lage in Österreich nicht, im internationalen Ranking belegt man hierzulande Platz 19 von 49. Damit werden aber nur knapp 50 Prozent erfüllt, wenn es um "vollständige Gleichstellung" von LGBTIQ-Personen geht.

Führte "Hexenjagd" zum Umdenken?

Es gibt also Luft nach oben, besonders beim Diskriminierungsschutz. "Grundrechteschutz ist eine gesamteuropäische Frage und da gehört die Regenbogen-Community besonders dazu", betonte etwa SPÖ-EU-Spitzenkandidat Andreas Schieder gegenüber PULS 24. Auch jene "LGBTIQ-freien Zonen" in Polen würden abgeschafft gehören.

Aus Polen berichtet Plesinska aber zumindest eine positive Entwicklung: Die "'Hexenjagd' der Regierung" auf die LGBTIQ-Gemeinschaft habe "paradoxerweise zu einem Anstieg der Unterstützung für LGBTIQ-Rechte in der polnischen Gesellschaft". Bei einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Oko.press würden 69 Prozent ein Gesetz zur Einführung der eingetragenen Partnerschaft befürworten.

ribbon Zusammenfassung
  • Der EU-Wahlkampf ist in vollem Gange.
  • Rechte von Minderheiten, insbesondere die von LGBTIQ-Personen, bleiben dabei teils ein Randthema oder werden im Wahlkampf von rechten Parteien angegriffen.
  • Dabei haben LGBTIQ-Menschen bei einem Machtwechsel in der EU viel zu verlieren.
  • Denn für Aktivist:innen bietet die EU Möglichkeiten, um gegen Diskriminierung vorzugehen.