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EU-Vorsitz "eher optimistisch" zu FPÖ-ÖVP-Regierung

Der polnische EU-Ratsvorsitz blickt "eher optimistisch" auf die künftige österreichische Regierung. Interimskanzler Alexander Schallenberg (ÖVP) habe bei seinem Antrittsbesuch in Brüssel gesagt, dass man sich "keine Sorgen über die neue Regierung machen" solle, sagte der polnische Geschäftsträger in Wien, Zenon Kosiniak-Kamysz, am Montag vor Journalisten. "Ich hoffe, es wird so bleiben." Oberste Priorität des Ratsvorsitzes sei es, die Verteidigungsfähigkeit der EU zu stärken.

"Die Sicherheit Europas ist das Hauptmotto unserer Präsidentschaft", betonte Kosiniak-Kamysz mit Blick auf den russischen Aggressionskrieg in der Ukraine. So gebe Polen beinahe fünf Prozent seines Bruttoinlandsprodukts für Verteidigung aus und hoffe, dass andere EU-Staaten diesem Beispiel folgen. Es gehe nicht darum, eine Parallelstruktur zur NATO aufzubauen, sondern um eine Stärkung des europäischen Anteils.

Als weitere Schwerpunkte des polnischen Ratsvorsitzes im ersten Halbjahr nannte der Diplomat den Kampf gegen illegale Migration, die Stärkung der Widerstandsfähigkeit gegen ausländische Einmischung und Desinformation, die Verbesserung der europäischen Wettbewerbsfähigkeit sowie das Vorantreiben der Energiewende. Kosiniak-Kamysz betonte, dass es in den zentralen außenpolitischen Fragen auch einen Konsens zwischen Regierung und Opposition in Warschau gebe. Innerhalb der Visegrad-Gruppe sei dies nicht so und es falle schwer, sich auf das Verbindende zu konzentrieren. "Für uns ist das eine Grundfrage, das Verhältnis zu Russland", betonte er mit Blick auf die russlandfreundlichen Tendenzen der bisherigen engen Partnerländer Slowakei und Ungarn.

Was die sich abzeichnende FPÖ-ÖVP-Regierung betrifft, blickt der künftige polnische Botschafter hingegen "eher optimistisch in die Zukunft". Diesbezüglich baut er offenbar auch auf den kleineren Koalitionspartner. "Wir haben in Polen Erfahrung mit Koalitionsregierungen. Ich kann mich erinnern, dass manchmal der Vertreter der kleineren Partei viel zu sagen hatte", so Kosiniak-Kamysz. Auch der legendäre deutsche Außenminister Hans-Dietrich Genscher sei sehr erfolgreich gewesen, obwohl seine FDP nur wenige Prozent des Wahlvolks hinter sich gehabt habe.

Optimistisch äußerte sich Kosiniak-Kamysz auch zur weiteren Entwicklung im transatlantischen Verhältnis. Zwar sei zu hoffen, dass bestimmte Aussagen des neuen US-Präsidenten Donald Trump wie etwa zur Territorialansprüchen auf andere Länder "nicht ernst gemeint" gewesen seien. Doch dürften die polnischen Anliegen in Washington weiterhin Gehör finden, zumal es eine zehn Millionen Menschen zählende polnische Diaspora gebe, die in der US-Politik immer "eine große Rolle" gespielt habe. Befragt zum Naheverhältnis des Trump-Lagers zur früheren rechtskonservativen Regierung in Warschau - Ex-Premier Mateusz Morawiecki soll an der Amtseinführung Trumps am heutigen Montag in Washington teilnehmen - sagte der Botschafter, es sei "immer eine große Gefahr, wenn man in der Diplomatie nur mit einer Partei zusammenarbeitet".

Kosiniak-Kamysz mahnte die EU-Staaten eindringlich zu Einigkeit, auch im Auftreten gegenüber den USA. "Wir sind dafür, dass wir mit einer Stimme sprechen. Nur eine gemeinsame Stimme wird gehört", betonte er. Befragt zu einem möglichen Gipfel zwischen Trump und Kreml-Chef Wladimir Putin, ausgerichtet vom ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orbán, sagte der Botschafter: "Wir würden uns in Polen sehr freuen, wenn es zu einer friedlichen Lösung in diesem Krieg käme. Wenn das Volk der Ukraine einverstanden ist, ist es sekundär, wer am Tisch sitzt." Allerdings sei so ein Szenario nicht realistisch, fügt er hinzu. "Nicht annehmbar" wäre es für Polen, wenn ein Abzug nur unter der Bedingung stattfände, dass die Ukraine nicht der EU beitritt.

Die polnische Botschaft plant während des Vorsitz-Halbjahres zahlreiche Veranstaltungen im politischen, kulturellen und wissenschaftlichen Bereich in ganz Österreich. Kosiniak-Kamysz will auch regelmäßige Zusammenkünfte mit seinen Kollegen der anderen EU-Staaten und österreichischen Spitzenpolitikern ausrichten, etwa Ende Februar mit Bundespräsident Alexander Van der Bellen. Auch mit den Ministern der künftigen Regierung soll es Treffen geben, fügte Kosiniak-Kamysz auf eine entsprechende Frage hinzu. Die Eröffnungsveranstaltung für den EU-Ratsvorsitz findet am Donnerstag im Wiener Rathaus statt, und zwar mit einem Auftritt der polnischen Popsängern Natalia Kukulska und dem Streichquartett Atom String Quartet. Ende Mai soll zum Abschluss des Kulturprogramms ein Konzert mit der "America's Got Talent"-Finalistin und Zweitplatzierten des Junior Eurovision Song Contest 2021, Sara James, stattfinden.

ribbon Zusammenfassung
  • Der polnische EU-Ratsvorsitz blickt optimistisch auf die künftige FPÖ-ÖVP-Regierung in Österreich, während Interimskanzler Schallenberg die EU beruhigt, dass es keine Sorgen geben sollte.
  • Polen investiert fast 5% seines BIP in Verteidigung und ermutigt andere EU-Länder, diesem Beispiel zu folgen, um die europäische Verteidigungsfähigkeit zu stärken.
  • Zusätzlich plant die polnische Botschaft während ihres Vorsitz-Halbjahres zahlreiche politische, kulturelle und wissenschaftliche Veranstaltungen in Österreich.