EU-Mission in Mali wackelt nach französischem Abzug
"Wenn Frankreich beginnen sollte, sich aus der EU-Trainingsmission zurückzuziehen, dann wird es auch für Österreich Zeit sein, das zu tun", sagte Nehammer am Rande des EU-Afrika-Gipfels in Brüssel. Verteidigungsministerin Klaudia Tanner (ÖVP) drängte in einer ersten Stellungnahme gegenüber der APA darauf, die laufende Bewertung der EUTM zu beschleunigen. Österreich stellt seit Dezember mit Brigadier Christian Riener für ein halbes Jahr den Kommandanten der EUTM und rund 80 der 1.000 Soldaten.
Borrell sagte, dass Experten derzeit an Ort und Stelle prüften, ob die Voraussetzungen für die Ausbildung regionaler Streitkräfte durch die EU-Mission erfüllt seien. Er erwarte in den kommenden Tagen einen Bericht. Von der malischen Militärregierung forderte er "Garantien". Die EU könne nicht "um jeden Preis" in Mali bleiben.
Die französische Abzugsentscheidung bezieht sich auf zwei andere Missionen. Mit mehreren europäischen Partnerländern und Kanada gab Paris am Donnerstag das Ende der gemeinsamen Militäroperation "Takuba" mit Juni an. Ebenfalls zu diesem Zeitpunkt wird der französische Anti-Terror-Einsatz "Barkhane" enden. Hintergrund seien die Verschiebung der Wahlen und "zahlreiche Behinderungen" durch die malische Militärjunta, hieß es in Paris. Die Abzugsentscheidung folgt auf einen Militärputsch und das Engagement der umstrittenen russischen Söldnertruppe Wagner in dem Krisenland.
Lambrecht kritisierte, dass die malische Führung ihre Zusagen nicht eingehalten habe. Es sei die Frage, wen man bei dieser Mission eigentlich ausbilde, sagte sie mit Blick auf die Militärjunta und ihre Zusammenarbeit mit russischen Söldnern. Ähnlich äußerte sich auch die deutsche Außen-Staatsministerin Katja Keul, die erst kürzlich das Krisenland besucht hatte. Das Ziel de Einsätze bleibe bestehen, nämlich die Sicherheit der Menschen und die Stabilität der Region zu verbessern. Zu klären sei aber die Frage, "ob und wie wir diese Ziele erreichen können". Deutschland stellt ein Drittel der EUTM-Soldaten und müsste sein Ende Mai auslaufendes Mandat demnächst verlängern.
Der französische Schritt werde "auch Auswirkungen auf das gemeinsame internationale Engagement haben", sagte die Grün-Politikerin. "Dazu stimmen wir uns eng mit unseren Partnern ab." Das Ziel der.
Nehammer betonte, Österreich werde in Mali "im europäischen Gleichklang agieren". In Mali herrsche eine sehr komplexe Situation, sagte er mit Blick auf den Putsch und die Präsenz der Söldnertruppe Wagner, die "eindeutig von der Russischen Föderation geführt wird". Diese Gemengelage sei derzeit sehr ungünstig, sagte der Kanzler, der am Donnerstag auch mit seinem belgischen Amtskollegen Alexander De Croo darüber sprach. Auch Belgien wolle sich an einer Entscheidung der Franzosen orientieren.
Verteidigungsministerin Tanner hatte sich im Vorfeld der französischen Abzugsentscheidung gegen "übereilte Schritte" gewandt und auf die prekäre Sicherheitssituation im Krisenland verwiesen. "Es bleibt immer die Frage übrig, wer besetzt dieses Vakuum, wenn man überschnell reagiert", sagte sie am Mittwoch im APA-Interview. Am Donnerstag teilte sie auf APA-Anfrage mit, dass die französische Entscheidung "zu respektieren" sei. "Wichtig ist mir aber, dass die Sicherheit unserer Soldaten sowie die Durchführungstätigkeiten der EUTM Mali gewährleistet bleibt", betonte sie.
Nach der französischen Entscheidung sei der laufende Prozess zur strategischen Überprüfung der EUTM zu "beschleunigen", so Tanner. Sie plädierte dafür, "Optionen für das künftige europäische Engagement nicht nur in Mali sondern in der gesamten Sahelregion zu aktualisieren und zu diskutieren". Als kommandoführendes Land wolle sich Österreich "aktiv einbringen" und die Entscheidungen sollen "im europäischen Verbund" fallen, unterstrich die Ministerin.
Der französische Präsident Emmanuel Macron begründete den Abzug damit, dass für die malische Militärjunta der Kampf gegen Terrorgruppen keine Priorität habe. Das im Jahr 2013 begonnene französische Engagement in der Ex-Kolonie sieht er dennoch nicht als gescheitert an. Mit dem Eingreifen habe Frankreich nämlich "das Schlimmste verhindert". Damals seien jihadistische Gruppen kurz davor gestanden, regionale Kalifate zu erreichten und bis in die Hauptstadt Bamako vorzudringen, betonte er. Damals habe Frankreich auf Bitten der dortigen Regierung gehandelt, betonte er. Die Abzugsentscheidung wurde knapp zwei Monate vor der französischen Präsidentenwahl und unter dem Eindruck einer wachsenden anti-französischen Stimmung in Mali bekanntgegeben.
Der französische Abzug könnte auch Auswirkungen auf die größte Mission in Mali haben, den rund 15.000 Soldaten zählenden UNO-Einsatz MINUSMA. Bei diesem stellt Österreich zwei Soldaten. Lambrecht sagte, dass die deutsche Bundeswehr auch die Zusammenarbeit mit MINUSMA überprüfen müsse. Bisher habe man sich etwa auf französische Kampfhubschrauber und ein Lazarett gestützt. Das Lazarett könne Deutschland "relativ einfach und unkompliziert kompensieren". Der Einsatz von Kampfhubschraubern würde aber ein völlig verändertes Mandat bedeuten, dem der Bundestag zustimmen müsse. Auch in diesem Fall läuft das Mandat für die derzeit 1.000 deutschen Soldaten Ende Mai aus.
Die innenpolitischen Reaktionen in Deutschland deuten darauf hin, dass es im Bundestag wohl keine Mehrheit für eine Verlängerung des Mali-Einsatzes geben wird. Neben Verteidigungsministerin Lambrecht (SPD) und Außen-Staatsministerin Keul (Grüne) äußerte sich nämlich auch die Vorsitzende des Verteidigungsausschusses, Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP) skeptisch, während die oppositionelle Linke einen sofortigen Abzug forderte. Einzig der Vizechef der Unions-Fraktion, Johann Wadephul, warnte die Ampel-Regierung davor, dem Beispiel Frankreichs zu folgen. Sowohl MINUSMA als auch EUTM Mali seien "wichtige" Missionen.
Zusammenfassung
- Nach einer französischen Abzugsentscheidung wackelt auch die von Österreich geführte EU-Ausbildungsmission (EUTM) in Mali.
- "Ich muss sagen, dass ich sehr skeptisch bin, ob es bei EUTM zu einer Verlängerung des Mandates kommt", sagte die deutsche Verteidigungsministerin Christine Lambrecht am Donnerstag in Brüssel.
- Die EU könne nicht "um jeden Preis" in Mali bleiben.
- Nehammer betonte, Österreich werde in Mali "im europäischen Gleichklang agieren".