EU-Innenminister rügen Italien wegen Migration
Die EU-Innenminister berieten am Donnerstag in Brüssel zu den hohen Migrationszahlen und einer gemeinsamen Asylpolitik. Österreich und sechs weitere Schengen-Länder zeigten sich besorgt über das Weiterziehen von Migranten. Sie werfen der italienischen Regierung von Giorgia Meloni vor, das Dublin-Abkommen einseitig aufgekündigt zu haben. In einer gemeinsamen Erklärung forderten sie, "unkontrollierte Migrationsbewegungen wirksam einzudämmen".
Die Erklärung wurde im Vorfeld des Innenministerrates von Österreich, Belgien, Dänemark, Frankreich, Deutschland, den Niederlanden und der Schweiz unterzeichnet. Nach dem Dublin-System wäre das Land der Erstaufnahme für Asylverfahren zuständig. In der Praxis hat das System allerdings in der EU unzureichend funktioniert. "Die Umsetzung der Dublin-Regeln ist vor allem vor dem Hintergrund der gestiegenen Ankünfte in den Schengenraum über alle Routen sowie durch Herausforderungen in den Asylsystemen einiger Dublin-Staaten immer komplexer und infolgedessen in der Praxis ineffizienter geworden", heißt es in der Erklärung.
Italiens "unverantwortliches" Handeln
"Das ist Gesetz, und sie sind eigentlich verpflichtet zurückzunehmen", sagte die deutsche Innenministerin Nancy Faeser (SPD) in Hinblick auf das Dublin-Abkommen. Solche Staaten müssten "sich ihrer Verantwortung bewusst" sein, betonte sie, ohne Italien explizit zu nennen. Auch Griechenland nimmt laut Medienberichten nur einen Bruchteil der beantragten Migranten zurück. Deutlicher wurde der französische Innenminister Gérald Darmanin: Das Übereinkommen von Dublin "funktioniert quasi gar nicht mehr in einigen Ländern, vor allem in Italien", sagte er in Brüssel. Diese Staaten hätten das System für "tot" erklärt.
Verfechter der Außengrenze
Es gehe um einen robusteren Außengrenzschutz sowie dessen technische und finanzielle Unterstützung, sagte Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) vor dem Treffen. Auch müssten rechtliche Möglichkeiten gefunden werden, um schnellere Verfahren durchführen zu können. Karner forderte Tempo bei der Umsetzung des Gipfelbeschlusses.
"Es geht bei diesem Thema, wie man sieht, nie schnell genug, wenn man sich die tragischen Ereignisse in Italien ansieht", sagte Karner im Hinblick auf das jüngste Bootsunglück mit Dutzenden Toten im Mittelmeer. Jetzt seien "Taten gefordert", betonte der Innenminister. Die Debatte in Großbritannien um die verschärfte Asylpolitik zeige, dass der Druck, was illegale Migration und Asylmissbrauch betreffe, immer stärker werde, so Karner. Auch müssten Rückübernahmeabkommen und Rückführungen stärker auf die Tagesordnung gebracht werden.
Registrierung in Bulgarien
Im vergangenen Jahr wurden in der EU sowie in der Schweiz und in Norwegen fast eine Million Asylanträge gestellt - so viele wie seit 2016 nicht mehr. Ein Sondergipfel der Staats- und Regierungschefs verständigte sich deshalb im Februar unter anderem darauf, dass die Außengrenzen besser geschützt und abgelehnte Asylbewerber konsequenter abgeschoben werden sollen.
Als eine zügige Maßnahme kündigte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen nach dem Gipfel unter anderem zwei Pilot-Projekte an: eines zum Schutz der Grenze zwischen Bulgarien und dem Nicht-EU-Land Türkei sowie eines zur Registrierung von Migranten, einem schnellen Asylverfahren sowie zu Rückführungen direkt an der Außengrenze.
Auch das Bootsunglück mit mehr als 70 toten Migranten vor der Küste Süditaliens Ende Februar sowie die Seenotrettung im Allgemeinen dürften bei dem Treffen in Brüssel zur Sprache kommen. Außerdem soll über die gemeinsame Visa-Politik gegenüber Drittstaaten beraten werden. Konkrete Beschlüsse sind keine geplant.
Zusammenfassung
- Die EU-Innenminister sind am Donnerstag in Brüssel angesichts der hohen Migrationszahlen zu Beratungen zur gemeinsamen Asylpolitik zusammengekommen.
- In einer gemeinsamen Erklärung forderten sie, "unkontrollierte Migrationsbewegungen wirksam einzudämmen".
- Karner forderte Tempo bei der Umsetzung des Gipfelbeschlusses.
- Österreich hat wegen der illegalen Migration im Dezember ein Veto gegen den Schengen-Beitritt Bulgariens und Rumäniens eingelegt.