EU-Gipfel fixiert Topjobs für von der Leyen, Costa, Kallas
Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) begrüßte die Entscheidung. "Es ist wichtig, dass wir ein Vakuum verhindert haben, dass wir wichtige Personalentscheidungen gemeinsam getroffen haben", sagte Nehammer nach den Beratungen in der Nacht auf Freitag. Inhaltlich erwartet der Kanzler von der neuen EU-Kommission mehr Pragmatismus und mehr Subsidiarität, wie er sagte. Es gelte, dem Ergebnis der EU-Wahl Rechnung zu tragen.
Bereits Anfang der Woche hatten sich Verhandlerteams der europäischen Konservativen (EVP), Sozialdemokraten (SPE) und Liberalen (Renew) auf das Personalpaket geeinigt. Der ungarische Ministerpräsident Viktor Orban hatte schon vor dem Gipfel angekündigt, nicht zustimmen zu wollen.
Die italienische Ministerpräsidentin Giorgia Meloni enthielt sich bei der Abstimmung über von der Leyen und stimmte gegen Costa und Kallas, wie die Nachrichtenagentur Reuters mit Verweis auf Diplomaten meldete. Beim Gipfel reichte eine Mehrheit von 20 EU-Ländern, die 65 Prozent der europäischen Bevölkerung vertreten. Die nötige absolute Mehrheit von 361 der 720 Abgeordneten im Europaparlament ist der 65-jährigen von der Leyen allerdings weniger sicher.
Von der Leyen bedankte sich bei der Pressekonferenz für ihre erneute Nominierung. Sie wolle nun mit dem gesamten EU-Parlament arbeiten, sagte sie. Auf die Frage, ob sie weiterhin mit den Stimmen der nationalistischen EKR-Fraktion rechne, der auch Melonis Fratelli d'Italia angehören, antwortete von der Leyen, dass sie mit allen Fraktionen reden werde, von denen sie eingeladen werde. Die Erfahrung zeige aber, dass es die nationalen Parteidelegationen seien, die Entscheidungen fällen und dabei auch von ihren Fraktionen abweichen.
"Da ist unsere Absicht, dass die politische Plattform, die Frau von der Leyen in der Vergangenheit getragen hat, das auch in Zukunft tun soll", erklärte der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz im Hinblick auf die Europäische Volkspartei (EVP), die Sozialdemokraten und Liberalen im Europaparlament laut AFP.
Costa will die Aufgabe als Ratspräsident mit einem "starken Sinn für die Mission" angehen, wie er auf X schrieb. "Als Präsident des Europäischen Rates werde ich mich ab dem 1. Dezember voll und ganz für die Förderung der Einheit aller 27 Mitgliedstaaten einsetzen und mich auf die Umsetzung der strategischen Agenda konzentrieren." Die Agenda war zuvor vom EU-Gipfel beschlossen worden.
Kallas zeigte sich geehrt über ihre Ernennung, "das ist eine enorme Verantwortung in diesem Moment von geopolitischen Spannungen. Der Krieg in Europa, zunehmende Instabilität in unserer Nachbarschaft und weltweit sind die Hauptherausforderungen für die europäische Außenpolitik. Mein Ziel wird sein, EU-Einigkeit zu erzielen, die Interessen und Werte der EU in einem geänderten geopolitischen Kontext zu schützen und globale Partnerschaften aufzubauen." Kallas gilt als eine vehemente Unterstützerin der Ukraine gegen den Angriffskrieg Russlands. Der Kreml hat sie zur Fahndung ausgeschrieben.
Die Wahl von der Leyens findet frühestens in der ersten Sitzung Mitte Juli statt. EU-Parlamentspräsidentin Roberta Metsola nannte am Donnerstag den 18. Juli als möglichen Termin.
Der EVP-Fraktionsvorsitzende im EU-Parlament, Manfred Weber, zeigte sich sehr erfreut über die Einigung des Gipfels auf von der Leyens zweite Amtszeit. "Bereit für die nächsten Schritte", twitterte er.
Zusammenfassung
- Die EU-Staats- und Regierungschefs haben Ursula von der Leyen für eine zweite Amtszeit als EU-Kommissionspräsidentin nominiert, während António Costa als künftiger Ratspräsident und Kaja Kallas als nächste EU-Außenbeauftragte designiert wurden.
- Eine Mehrheit von 20 EU-Ländern, die 65 Prozent der europäischen Bevölkerung vertreten, stimmte für die Nominierungen, doch die absolute Mehrheit von 361 der 720 Abgeordneten im Europaparlament ist für von der Leyen noch unsicher.
- Die Wahl von der Leyens findet frühestens am 18. Juli statt, und sie möchte mit allen Fraktionen im EU-Parlament zusammenarbeiten.