APA/APA (AFP/Archiv)/VIRGINIA MAYO

EU-Gipfel am Freitag als erster Test für den Wiederaufbau

Vor dem EU-Gipfel, der sich am Freitag mit dem europäischen Wiederaufbauplan der EU-Kommission befasst, sind die Erwartungen gedämpft. Die Staats- und Regierungschefs besprechen per Videoschaltung den Entwurf für einen 750 Milliarden Euro Wiederaufbaufonds "Next Generation EU" und für das EU-Budget von 2021 bis 2027 in Höhe von zusätzlich 1,1 Billionen Euro. Kritik kam von den "Sparsamen Vier".

Vor dem EU-Gipfel, der sich am Freitag mit dem europäischen Wiederaufbauplan der EU-Kommission befasst, sind die Erwartungen gedämpft. Die Staats- und Regierungschefs besprechen per Videoschaltung den Entwurf für einen 750 Milliarden Euro Wiederaufbaufonds "Next Generation EU" und für das EU-Budget von 2021 bis 2027 in Höhe von zusätzlich 1,1 Billionen Euro. Kritik kam von den "Sparsamen Vier".

Die Nettozahler-Allianz der "Sparsamen Vier" (Österreich, Niederlande, Schweden und Dänemark) verlangt weiterhin, dass die Wiederaufbauhilfen als Kredite und nicht wie von der EU-Kommission vorgesehen zu zwei Dritteln als Zuschüsse vergeben werden. "Es gibt nicht so etwas wie neues oder frisches Geld. Rettungsfonds werden zurückbezahlt werden müssen", schrieb Schwedens Premier Stefan Löfven am Mittwoch in der "Financial Times".

Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP), die dänische Regierungschefin Mette Frederiksen und der niederländische Ministerpräsident Mark Rutte sind als Ko-Autoren genannt. Die "Sparsamen Vier" warnen, die Corona-bezogenen Ausgaben müssten "verantwortungsvoll" sein. "Wie kann es plötzlich verantwortungsvoll sein, 500 Milliarden Euro geborgten Geldes auszugeben und die Rechnung in die Zukunft zu schicken?", warnte Löfven. Dänemark hatte sich zuletzt offen für höhere Beiträge zum EU-Budget gezeigt.

Zustimmung zu dem Entwurf der EU-Kommission kam dagegen aus Italien, Spanien und Frankreich, die von der Krise besonders stark betroffen sind. Rom und Madrid sollen mit 173 Mrd. Euro bzw. 140 Mrd. Euro den Großteil der EU-Hilfen erhalten.

EU-Ratschef Charles Michel fordert eine rasche Einigung. Demgegenüber hat Europaministerin Karoline Edtstadler (ÖVP) erklärt, dass bei den Verhandlungen über das nächste EU-Budget und den von der EU-Kommission vorgeschlagenen Aufbaufonds nicht "Eile an oberster Stelle" stehen sollte.

Nach Einschätzung von Diplomaten wird der EU-Gipfel am Freitag noch keine endgültige Einigung bringen. "Es ist noch ein sehr, sehr weiter Weg bis zur Einigung", sagte der deutsche Europa-Staatsminister Michael Roth, dessen Land ab Juli den EU-Ratsvorsitz übernimmt. So könnte der Gipfel nunmehr festlegen, ob es im Juli zu einem weiteren Gipfeltreffen in Brüssel auf persönlicher Ebene komme. In Diskussion ist etwa der 9. und 10. Juli.

Gelingt keine rasche Einigung, könnten sich die Diskussionen noch bis in den Herbst hinziehen. Am Ende entscheidet auch das EU-Parlament über das größte Konjunkturprogramm in der Geschichte der EU mit. Viele Delegationen halten eine Einigung nur durch eine persönliche Aussprache der "Chefs" für möglich. Zumindest sollte der Gipfel am Freitag bereits mehr Klarheit über den finanziellen Umfang des Recovery Fonds und das Verhältnis von Krediten und Zuschüssen bringen. In Hinblick auf das EU-Budget können die Nettozahler, darunter Österreich, eine Fortsetzung ihrer Budgetrabatte erwarten, die Höhe ist aber offen.

Neben dem Konflikt zwischen den nördlichen Nettozahlern und den von der Pandemie besonders betroffenen Staaten, tobt der Verteilungskampf auch zwischen den osteuropäischen Kohäsionshilfen-Empfängerländern und dem Süden. Tschechien fordert wie auch die anderen Visegrad-Länder "Fairness" bei den Corona-Wiederaufbauhilfen, wie Außenminister Tomáš Petříček der APA sagte.

Tschechien sei "besorgt" über die Kriterien zur Verteilung der Mittel aus dem Wiederaufbaufonds. Sein Land sei vor der Krise sehr erfolgreich gewesen. Wenn die Arbeitslosenrate vor der Krise nun als Schlüsselkriterium für die Verteilung der Gelder gelte, entspreche dies nicht den Auswirkungen der Pandemie auf die Wirtschaft, sagte Petříček. Tschechien würde es bevorzugen, für die Coronahilfen existierende Programme zu nutzen statt neue Instrumente zu schaffen. "Wir präferieren etwa die Kohäsionspolitik als Instrument zur Verteilung der Mittel, um in den Wiederaufbau zu investieren."

Die EU-Wiederaufbauhilfen sind auch innenpolitisch heftig umstritten. Im Unterschied zu Kurz bekräftigten die mitregierenden Grünen in einem gemeinsamen Brief an die künftige EU-Ratsvorsitzende Angela Merkel ihre grundsätzliche Zustimmung zu den Vorschlägen der EU-Kommission. Der europäischer Wiederaufbau dürfe nicht an Österreich scheitern, forderte SPÖ-EU-Delegationsleiter Andreas Schieder. Und die FPÖ lehnt generell "Geldgeschenke" an andere EU-Länder ab.

EZB-Vizechef Luis de Guindos hingegen plädierte dafür, die geplanten Coronahilfen der EU besonders hoch verschuldeten Staaten als Zuwendungen und nicht als Kredite zu gewähren. Ansonsten würde sich die Schuldenlage einiger Staaten weiter verschlechtern, sagte er am Mittwoch bei einer Videokonferenz der spanischen Stiftung Fundacion Pablo VI. "Es ist sehr wichtig, dass Länder wie Italien, Spanien oder Griechenland Zuwendungen erhalten", fügte der Spanier hinzu.

ribbon Zusammenfassung
  • Vor dem EU-Gipfel, der sich am Freitag mit dem europäischen Wiederaufbauplan der EU-Kommission befasst, sind die Erwartungen gedämpft.
  • Dänemark hatte sich zuletzt offen für höhere Beiträge zum EU-Budget gezeigt.
  • Nach Einschätzung von Diplomaten wird der EU-Gipfel am Freitag noch keine endgültige Einigung bringen.
  • "Wir präferieren etwa die Kohäsionspolitik als Instrument zur Verteilung der Mittel, um in den Wiederaufbau zu investieren."