EU-Außenbeauftragte warnt Israel vor Angriffen auf Syrien
"Die israelischen Angriffe auf Syrien und den Libanon bergen die Gefahr einer weiteren Eskalation", warnte Kallas. Die EU vertrete die Ansicht, "dass diese Maßnahmen unnötig sind, weil Syrien Israel im Moment nicht angreift und dies zu einer weiteren Radikalisierung führt, die sich auch gegen Israel richtet".
Nach Raketenbeschuss aus dem Libanon hatte Israel zudem kürzlich wieder Luftangriffe auf Ziele der libanesischen Hisbollah-Miliz im Nachbarland gestartet. Bei mehreren Wellen von israelischen Luftangriffen auf den Südlibanon kamen am Wochenende laut der libanesischen staatlichen Nachrichtenagentur ANI mehrere Menschen ums Leben. Auch ein Funktionär der Hisbollah wurde nach Angaben aus Sicherheitskreisen bei einem Angriff getroffen.
Seit dem Sturz des langjährigen syrischen Machthabers Bashar al-Assad im vergangenen Dezember hat Israel hunderte Luftangriffe in Syrien geflogen, um die Waffenbestände zu zerstören. Es will dadurch nach eigenen Angaben verhindern, dass strategische Waffen in feindliche Hände fallen, darunter die neuen islamistischen Machthaber in Damaskus. Zudem verlegte Israel Soldaten in eine von UNO-Truppen überwachte Pufferzone in den Golanhöhen.
Neue Machthaber in Damaskus
Auf die Frage nach den Bedenken Israels gegenüber der neuen syrischen Führung antwortete Kallas: "Natürlich machen wir uns die gleichen Sorgen. Sie sagen die richtigen Dinge, aber werden sie auch die richtigen Dinge tun?" Diese Fragen seien in der EU erörtert worden, fügte Kallas hinzu. Die Mitgliedstaaten seien übereingekommen, "dass wir ein stabiles Syrien brauchen".
Der syrische Machthaber Assad war am 8. Dezember durch die islamistische HTS-Miliz und mit ihr verbündeten Gruppen gestürzt worden. Übergangspräsident wurde der bisherige HTS-Anführer Sharaa.
Zuletzt hatte die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock bei ihrem jüngsten Besuch in Damaskus "ein überragendes Interesse" Deutschlands "an einem stabilen Syrien" bekundet und dort die seit Jänner 2012 geschlossene deutsche Botschaft wiedereröffnet. Die neuen Machthaber forderte sie bei ihrem Besuch am Donnerstag auf, "extremistische Gruppierungen in ihren Reihen" unter Kontrolle zu bringen.
Zwei Militärstützpunkte in Syrien im Visier
Bei den neuen israelischen Angriffen sind syrischen Angaben zufolge im Süden des Landes am Dienstag mindestens fünf Menschen getötet worden. Bei der Bombardierung in der Provinz Deraa seien "fünf Menschen getötet wurden", teilten die Behörden an Ort und Stelle mit. Die Bewohner seien angesichts des Beschusses geflohen. Den Angriffen nahe der Pufferzone der Golanhöhen waren israelische Angriffe im Zentrum des Landes vorangegangen.
Die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte teilte mit, dass eine "israelische Militäreinheit" in die Stadt Kuwaya eingedrungen sei und mit schwerer Artillerie auf die Bewohner geschossen habe, die versuchten, sich zu widersetzen.
Die israelische Armee ihrerseits erklärte, dass sie "mehrere Terroristen" identifiziert habe, die "im Süden Syriens das Feuer auf sie eröffneten", ohne dabei einen Ort zu nennen. "Die Truppen erwiderten das Feuer und die israelische Luftwaffe griff die Terroristen an", hieß es weiter.
Zu neuen Angriffen auf Militärbasen in Syrien teilte die israelische Armee mit Bezug auf einen Stützpunkt in der zentralen Stadt Palmyra und einen etwa 50 Kilometer westlich gelegenen Stützpunkt mit, es seien "militärische Einrichtungen getroffen" worden, "die in den syrischen Militärstützpunkten Tadmur und T4 verblieben sind". Bereits am Freitagabend hatte Israel die beiden Stützpunkte ins Visier genommen.
Damaskus sieht Destabilisierungsversuche
Das syrische Außenministerium warf Israel vor, eine Kampagne gegen "die Stabilität des Landes" zu führen. Auf einem arabischen Gipfeltreffen in Kairo Anfang März hatte der syrische Übergangspräsident Ahmed al-Sharaa die internationale Gemeinschaft aufgefordert, Druck auf Israel auszuüben, damit das Land seine Truppen "sofort" aus Südsyrien abzieht.
Schon vor dem Ende der Assad-Herrschaft hatte Israel während des syrischen Bürgerkrieges hunderte Luftangriffe geflogen und dabei überwiegend Regierungstruppen und mit dem Iran in Verbindung stehende Ziele ins Visier genommen, darunter Waffenlager der pro-iranischen, libanesischen Hisbollah-Miliz.
Zusammenfassung
- Die EU-Außenbeauftragte Kaja Kallas warnte in Jerusalem vor einer Eskalation durch israelische Angriffe in Syrien und Libanon, die bereits fünf Tote forderten.
- Israel hat seit dem Sturz Assads im Dezember hunderte Luftangriffe in Syrien durchgeführt, um Waffenbestände zu zerstören, und zielt dabei auf die Hisbollah-Miliz im Libanon.
- Das syrische Außenministerium beschuldigt Israel, die Stabilität des Landes zu gefährden, während die EU die neuen islamistischen Machthaber in Damaskus kritisch beobachtet.