Entmachtungsängste der Ärztekammer durch Gesundheitsreform
Mit dem Gesetzesvorhaben soll die Verlagerung medizinischer Leistungen von den kostenintensiven Spitälern in den ambulanten Bereich abgesichert werden. Die Wiener Ärztekammer dürfte hier aber andere Befürchtungen hegen. Laut dem angeblichen Schreiben ihres Kammeramts befürchtet sie den kompletten Verlust ihrer Stellenplankompetenz, ihres Mitspracherechts bei der Gründung von Ambulatorien und vor allem, ab 2026, den Verlust der Mitsprache bei Gesamtverträgen.
Sorgen bereitet den Kämmerern zudem eine gesetzliche Codierungspflicht der Krankheitsbilder ihrer Patienten ab 2025 sowie eine E-Card- und ELGA-Pflicht für Wahlärzte ab 2026. Weiterer Stein des Anstoßes: Ärzte sollen künftig nur noch Wirkstoffe und nicht konkrete Medikamente verschreiben dürfen. Ausnahmen solle es nur geben, wenn die Ärzte maschinenlesbar die Indikation für ein bestimmtes Produkt angeben.
In dem angeblichen Schreiben des Kammeramts wird das Hochfahren einer Kampagne gegen diese Pläne empfohlen. Ob dies authentisch ist, blieb vorerst offen. Ein Kammersprecher versprach der APA lediglich eine Stellungnahme im Laufe des Tages.
Im Gesundheitsministerium hieß es dazu knapp, dass es nach der im Oktober erfolgten Finanzausgleichseinigung über den finanziellen Rahmen (für den niedergelassenen Bereich, den Ausbau von Fachambulanzen, die Digitalisierung und den Pflegefonds) nun auch möglich sei, die Inhalte zu finalisieren. Aktuell stehe man in engem Austausch mit den Bundesländern und der Sozialversicherung über die notwendigen Gesetzesänderungen für die Strukturreformen. Den Ergebnissen dieser Verhandlungen wolle man nicht vorgreifen. Der Finanzausgleich und die damit einhergehende Gesundheitsreform müsse jedenfalls bis Ende 2023 im Parlament beschlossen werden.
Bewahrheiten dürfte sich die Befürchtung der Ärztekammer, dass dies ohne Begutachtungsverfahren geschehen wird - mit dem Argument, dass ohnehin alle Systempartner eingebunden seien, wie im Gesundheitsministerium betont wurde. Die entsprechende Regierungsvorlage soll in der November-Plenarwoche des Nationalrats eingebracht werden, hieß es zur APA. Nach der Ausschussbehandlung soll der parlamentarische Beschluss soll dann im Dezember erfolgen.
Zusammenfassung
- Im Zuge des Finanzausgleichs fließen nicht nur zusätzliche Mittel in das Gesundheitswesen, es sind auch beträchtliche Reformen vorgesehen.
- Die Ärztekammer scheint dadurch ihre Entmachtung in vielen Bereichen zu befürchten.
- Die entsprechende Regierungsvorlage soll im November im Parlament eingebracht werden.
- Der Finanzausgleich und die damit einhergehende Gesundheitsreform müsse jedenfalls bis Ende 2023 im Parlament beschlossen werden.