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Deutscher Bundestag verurteilt Holodomor als Völkermord

Der deutsche Bundestag hat die vor 90 Jahren gezielt herbeigeführte Hungersnot in der Ukraine offiziell als Völkermord anerkannt. Mit großer Mehrheit billigten die Abgeordneten am Mittwochabend einen gemeinsamen Antrag von Ampel-Koalition und Unionsfraktion, in dem von einem "menschenverachtenden Verbrechen" die Rede ist. Bis zu vier Millionen Menschen fielen dem sogenannten Holodomor ("Mord durch Hunger") in den Jahren 1932 und 1933 allein in der Ukraine zum Opfer.

Das Streben der sowjetischen Führung nach einer Kontrolle der Bauern sei damals mit der Unterdrückung der ukrainischen Lebensweise, Sprache und Kultur verschmolzen, heißt es in der Bundestags-Drucksache. "Damit liegt aus heutiger Perspektive eine historisch-politische Einordnung als Völkermord nahe. Der Deutsche Bundestag teilt eine solche Einordnung."

"Interfraktionell eint uns der Wunsch, zu erinnern, zu gedenken, zu mahnen", erklärte der Vorsitzende der Deutsch-Ukrainischen Parlamentariergruppe, Robin Wagener (Grüne). "Mit unserem Antrag setzen wir uns mit der brutalen Wahrheit stalinistischer Gewalt auseinander - nicht um die deutschen Verbrechen in der Sowjetunion zu relativieren, sondern um aus der historischen Wahrheit zu lernen." Auch der menschenrechtspolitische Sprecher der Unionsfraktion, Michael Brand (CDU), erinnerte an die deutsche Rolle im Zweiten Weltkrieg: "Gerade wir Deutschen stehen hier in einer besonderen historischen Schuld und Verantwortung gegenüber der Ukraine."

In der Bundestagsdebatte verurteilten alle Fraktionen den Holodomor, doch die rechte AfD und die Linke enthielten sich bei der Abstimmung über den Antrag. Der AfD-Abgeordnete Marc Jongen sprach von einer "Instrumentalisierung der Geschichte" und wandte sich gegen eine "historische Gleichsetzung" mit dem heutigen Ukraine-Krieg. Gregor Gysi von der Linken warnte zudem vor einer möglichen Gleichsetzung von Adolf Hitler und Josef Stalin: "Stalin war schlimm, sehr schlimm, aber kein Hitler."

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj begrüßte die Entscheidung des deutschen Bundestags ausdrücklich. "Dies ist eine Entscheidung für Gerechtigkeit, für Wahrheit", sagte Selenskyj am Mittwochabend in seiner täglichen Videoansprache. "Und das ist ein sehr wichtiges Signal für viele andere Länder der Welt, dass es dem russischen Revanchismus nicht gelingen wird, die Geschichte umzuschreiben."

In Österreich hatte vergangene Woche der ukrainische Botschafter in Wien, Wassyl Chymynez, sowie die NEOS die Verurteilung des Holodomors als Völkermord im Nationalrat gefordert.

ribbon Zusammenfassung
  • Der deutsche Bundestag hat die vor 90 Jahren gezielt herbeigeführte Hungersnot in der Ukraine offiziell als Völkermord anerkannt.
  • Bis zu vier Millionen Menschen fielen dem sogenannten Holodomor in den Jahren 1932 und 1933 allein in der Ukraine zum Opfer.
  • Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj begrüßte die Entscheidung des deutschen Bundestags ausdrücklich.