Dänischer Minister gegen SP-Wahltaktik in Migrationsfrage
Die dänischen Sozialdemokraten haben sich unter Ministerpräsidenten Mette Frederiksen auf eine rigide Asyl- und Migrationspolitik verständigt, die international stark beachtet wird. Lob dafür gibt es insbesondere von rechtsgerichteten Parteien wie der ÖVP, der es aber kaum gelungen ist, das dänische Asylmodell in Österreich umzusetzen. Mit Spannung wird erwartet, ob die SPÖ im Zuge ihres Vorsitzwechsels auch die Migrationspolitik nach dänischem Vorbild neu ausrichten wird. Sowohl der burgenländische Landeshauptmann Hans-Peter Doskozil als auch der Traiskirchner Bürgermeister Andreas Babler gelten diesbezüglich als besonders kompetent.
"Wir haben uns die Zeit genommen, um diese Dinge ausführlich zu diskutieren, weil man die richtige Migrationspolitik machen sollte und nicht die, von der man glaubt, dass sie Wahlen gewinnt", sagte Dybvad mit Blick auf die dänischen Sozialdemokraten. "Unsere Analyse hat gezeigt, dass die stark sozialdemokratisch geprägten Arbeiterviertel in Dänemark diejenigen sind, die den Preis für Migration zahlen." Sie seien nämlich nicht nur von Lohndumping betroffen, sondern auch von Integrationsproblemen und höherer Kriminalität in ihren Wohnvierteln.
Wenn Migranten für sehr niedrigere Löhne arbeiteten, "dann ist das gut für Rechtsanwälte oder höhere Angestellte, weil sie günstige Reinigung, günstigere Zustellung und eine Reihe günstiger Dienstleistungen bekommen, aber für die Arbeiterschicht bedeutet dies, dass ihre eigenen Löhne unter Druck kommen", sagte der sozialdemokratische Politiker. Umgekehrt seien Wohlhabende nicht unmittelbar mit den Problemen der Migration konfrontiert, die sich in "Plattenbausiedlungen" zeigen würden. "Es sind nicht die Leute in den reichen Vorstädten Wiens, die mit den Folgen der Migration leben müssen", veranschaulichte der frühere Wohnbauminister.
"Wenn man also eine Partei der Arbeiter- und Mittelschicht sein möchte, muss man dafür sorgen, dass die Migration ein bewältigbares Ausmaß hat", unterstrich Dybvad. Er brachte zugleich ein demokratiepolitisches Argument für die Begrenzung der Migration. Es könne nicht sein, dass hunderttausende Migranten ins Land kommen, ohne dass die demokratisch legitimierten Institutionen dem jemals explizit zugestimmt hätten.
Nichts wissen will der dänische Minister jedoch von einer Aufhebung internationaler Übereinkommen im Migrations- und Menschenrechtsbereich. "Dänemark war das erste Land, das die Flüchtlingskonvention unterzeichnet hat und ich denke, wir werden das letzte sein, das sie wieder verlässt", unterstrich er. Die Lehre aus dem Zweiten Weltkrieg sei nämlich gewesen, "dass wir nicht gut genug dabei waren, Menschen zu schützen, die Schutz brauchten und das ist es, worum es bei der Flüchtlingskonvention geht". Nicht da sei die Konvention hingegen für Menschen, "die wirtschaftliche Chancen in anderen Ländern suchen", fügte er hinzu.
Nach dem knappen Ergebnis der Parlamentswahl im vergangenen November wird Dänemark erstmals seit Jahrzehnten von einer lagerübergreifenden Regierung aus Sozialdemokraten und zwei bürgerlichen Parteien regiert. Für ihn als Migrationsminister sei diese Koalition "sehr gut", weil die drei Parteien "mehr oder weniger die gleiche Position" in der Migrationsfrage haben. Bei anderen Fragen sei es schwieriger. So habe er als Bautenminister in der früheren Minderheitsregierung Maßnahmen gegen den Einstieg von US-Hedgefonds im dänischen Immobiliensektor durchgesetzt, um die Mieter zu schützen. "Das ist etwas, was wir in einer lagerübergreifenden Regierung nicht machen können", sagte er.
Dybvad hatte Österreich nach einem Treffen mit Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) am Freitag als "ältesten und stärksten Partner" bei den Bemühungen für eine Reform der EU-Migrationspolitik gelobt. Im APA-Interview kritisierte er das aktuelle EU-Asylsystem als "kaputt und dysfuntional".
Für das österreichische Schengen-Veto äußerte er vor diesem Hintergrund Verständnis. "Unsere Position ist, dass Bulgarien und Rumänien (dem Schengen-Raum) beitreten sollen, aber ich gehöre nicht zu den Ministern, die die österreichische Position kritisieren. Ich lehne sie ab, aber ich verstehe die Frustration wegen der ineffektiven EU-Migrationspolitik", sagte er. "Ich habe auch Bilder von der bulgarisch-türkischen Grenze gesehen und es ist offenkundig, dass es da Verbesserungsbedarf gibt und das mit EU-Hilfe geschehen sollte", so Dybvad. "Sollte das geschehen, denke ich, dass die österreichische Regierung ihre Position überdenken wird."
(Das Gespräch führte Stefan Vospernik/APA)
Zusammenfassung
- Der dänische Migrationsminister Kaare Dybvad Bek hat sich gegen eine auf Wählermaximierung ausgerichtete sozialdemokratische Migrationspolitik ausgesprochen.
- "Das Wichtigste ist, dass man keine taktische Diskussion darüber führt, wie man Wähler anspricht oder eine Mehrheit erlangt", sagte Dybvad im APA-Interview.
- Erforderlich sei eine "gründliche Analyse, wer die Last der Migration trägt".