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Burgenland-Wahl: Was taugt Doskozils Pflegemodell?

Es ist eines der großen Streitthemen im Burgenland: die Pflege. In den vergangenen Jahren hat SPÖ-Landeshauptmann Hans Peter Doskozil weitreichende Änderungen auf den Weg gebracht, die nicht nur bei der Opposition auf Kritik gestoßen sind. Woran es bei dem burgenländischen Pflegemodell noch hakt.

Am Sonntag wird im östlichsten Bundesland Österreichs gewählt. Naturgemäß haben viele Burgenländer:innen, die an jenem 19. Jänner ihr Kreuzerl setzen dürfen, pflegebedürftige Angehörige oder sind selbst auf Hilfe angewiesen. Etwa 6.000 Personen wurden Anfang 2024 von mobilen Pflegediensten daheim betreut, dem stehen rund 2.900 Wohn- und Pflegeplätze gegenüber.

Landeschef Doskozil rühmt sich mit dem burgenländischen Pflegemodell einer Vorreiterrolle im Pflegebereich. Seine Ideen legt der "Titelverteidiger" nicht nur dem Rest der Republik nahe. Er sei auf "großes nationales und auch internationales Interesse" gestoßen, so der Landeshauptmann etwa im Rahmen eines Treffens mit dem deutschen Botschafter.

Doch was beinhaltet das Pflegemodell eigentlich? Wie gut klappt die Umsetzung der roten Vorstellungen wirklich und was steht in einer möglichen nächsten Amtszeit Doskozils noch auf der To-do-Liste? Ein Überblick zu Pflegeregionen, Pflegestützpunkten und pflegenden Angehörigen.

28 Pflegeregionen, 71 Stützpunkte

Die Einführung von 28 Pflegeregionen mit 71 Stützpunkten "regelt das Thema Pflege abschließend", erklärte Doskozil bei deren Präsentation Anfang 2022. Statt einer Reihe verschiedener gemeinnütziger Trägerorganisationen soll in 28 ausgesteckten Gebieten im Burgenland jeweils nur noch ein Anbieter zuständig sein. Wer das ist, wird mittels Ausschreibung geklärt.

Kritik an dem Plan ließ nicht lange auf sich warten. Ein gut funktionierendes und über viele Jahre gewachsenes System werde zerschlagen, äußerte etwa Volkshilfe-Chef Erich Fenninger starke Bedenken. Neben der Caritas, der Diakonie und dem Roten Kreuz ist die Volkshilfe der vierte große Anbieter, der für die Betreuung in den Regionen infrage kommt. 

Einer der Hauptkritikpunkte ist eine fehlende Wahlfreiheit für die Pflegebedürftigen und ihre Angehörigen. Während sich diese bislang zwischen verschiedenen Anbietern entschieden konnten, hängt es nun vom Wohnort ab, von wem man gepflegt wird.

Daran gibt es auch in Bezug auf Logistik und Effizienz Kritik, wenn beispielsweise Häuser in unmittelbarer Nachbarschaft in eine andere Pflegeregion fallen und deshalb von einem anderen Anbieter angefahren werden müssen.

Wie sich das in der Praxis auswirkt, wird sich in Zukunft zeigen - noch ist nämlich nicht einmal die Ausschreibung erfolgreich abgewickelt. Organisationen wie eben die Volkshilfe oder die Caritas konnten sich zunächst ab November 2023 für die Stützpunkte bewerben. Im März 2024 wurde die europaweite Ausschreibung dann aber vom Land widerrufen.

Video: Milborn on Tour mit Hans Peter Doskozil

In der letzten Phase des Verfahrens hätten mehrere Trägerorganisationen Fragen aufgeworfen, wie es damals in einer Aussendung des Landesrats Leonhard Schneemann (SPÖ) hieß. Gespießt hatte es sich letztlich am Finanzierungsmodell. Statt der tatsächlich anfallenden Kosten sollten den Anbietern Pauschalsätze abgegolten werden.

In einer Neuausschreibung, die sich lange Zeit verzögerte, schwenkte man zu einem sogenannten "Echtkostenmodell" um. Im Dezember letzten Jahres ging diese schließlich raus, aktuell läuft die Bewerbungsphase. Ausgeschrieben wurde übrigens in 24 von 28 Regionen. Die verbleibenden vier sollen künftig von den Sozialen Diensten Burgenland betreut werden.

In der Zwischenzeit hat man zumindest den zweiten von insgesamt 71 Pflegestützpunkte gebaut und bereits eröffnet. Nach dem Pilotstandort in Schattendorf, der bereits 2022 an den Start ging, nahm Ende des Vorjahres der Stützpunkt in Stinatz den Betrieb auf. Das Modell soll den "Betreuungsbogen von Hauskrankenpflege über betreutes Wohnen und Seniorentagesbetreuung bis hin zur Pflege- und Sozialberatung" spannen. Am Standort in Schattendorf gibt es etwa mobile Betreuung, Wohnmöglichkeiten und eine Tagesstätte.

Noch werden die Stützpunkte von den Sozialen Diensten Burgenland betrieben, nach erfolgreicher Ausschreibung soll der neue Anbieter der Pflegeregion übernehmen.

Weniger pflegende Angehörige als gedacht

Geht es nach der burgenländischen Landesregierung, soll neben den Pflegeregionen und -stützpunkten auch das Modell der pflegenden Vertrauenspersonen die Betreuungssituation im östlichsten Bundesland revolutionieren.

Ab 2019 konnten sich Angehörige von pflegebedürftigen Menschen - ob von älteren Burgenländer:innen oder Kindern mit Beeinträchtigungen - vom Land Burgenland für deren Pflege anstellen lassen. Innerhalb eines Jahres müssen sie dafür eine Grundausbildung beim BFI im Ausmaß von 100 Stunden Theorie absolvieren. Bezahlt wird der Mindestlohn für Landesangestellte, 2.000 Euro netto.

Dozkozil spricht wieder einmal von einer "Vorreiterrolle", das Land ortet einen "sozialpolitischen Meilenstein". Die Zahl an Angehörigen, die das Angebot nutzen wollen, hat man jedoch deutlich überschätzt. Von den zu Beginn geplanten 600 laufenden Anstellungen steht man derzeit bei 350.

Video: Parteitag der SPÖ Burgenland - Ex-Kanzler Kern an Doskozils Seite

Seit dem Start 2019 haben insgesamt 630 Personen das Angebot in Anspruch genommen. 151 Pflegebedürftige aus dem Programm sind mittlerweile verstorben, andere befinden sich mittlerweile doch in stationärer Pflege.

Laut dem Land Burgenland fallen 34 Prozent der Anstellungen auf Eltern von erwachsenen, pflegebedürftigen Kindern. Insgesamt nutzen zu 82 Prozent Frauen das Programm.

Seit Jänner 2024 konnten neben Angehörigen auch "Vertrauenspersonen" wie etwa Freunde der Familien sich für die Pflege anstellen lassen. Von den angepeilten Zahlen an Teilnehmer:innen am Programm ist man allerdings nach wie vor ein ganzes Stück weit entfernt. Von Ende 2023 auf Ende des vorigen Jahres konnte man sich zwar um rund sechzig Anstellungen verbessern. Luft nach oben bleibt dennoch, ebenso wie die Häme der Opposition.

Pflege als Teil der Landesholding

Für den Pflegebereich hat das Land die Soziale Dienste Burgenland GmbH (SDB) und drei Tochterorganisationen geschaffen. Allesamt gehören sie zur burgenländischen Landesholding, der Schaltzentrale der mit einer absoluten Mehrheit regierenden SPÖ Burgenland. 

Tochter Nummer eins, der Pflegeservice Burgenland (PSB), stellt pflegende Angehörige an. Die Betreuung und Pflege Burgenland GmbH (BuP) ist für den mobilen und teilstationären Bereich samt der 71 neuen Pflegestützpunkte in 28 Regionen zuständig.

Die Burgenländische Pflegeheim Betriebs-GmbH (BPB) wiederum betreibt Pflegewohnhäuser in Oberpullendorf, Rechnitz und Neudörfl. Alle Unternehmen sind letztlich Teil der Landesholding Burgenland.

Seit dem 1. Jänner 2025 dürfen neue Pflegeeinrichtungen im Burgenland keinen Gewinn mehr mit Pflege machen. Für alle bestehenden gilt eine Übergangsfrist bis 1. November 2029. Sollten sie bis dahin nicht gemeinnützig werden, will das Land selbst für Unterbringungsplätze in der Umgebung sorgen. Passend, nimmt das rote Burgenland die Dinge doch nur allzu gern selbst in die Hand.

ribbon Zusammenfassung
  • Es ist eines der großen Streitthemen im Burgenland: die Pflege.
  • In den vergangenen Jahren hat Landeshauptmann Hans Peter Doskozil weitreichende Änderungen auf den Weg gebracht, die nicht nur bei der Opposition auf Kritik gestoßen sind.
  • Woran es bei dem burgenländischen Pflegemodell hakt.