Zadic und StockerAPA/GEORG HOCHMUTH

Beschwerde "daschlogn": Koalitionsstreit um Weisung im Fall Anja Windl

Die ÖVP wirft Justizministerin Zadić eine politisch motivierte Weisung vor - sie habe eine Beschwerde der Wiener Staatsanwaltschaft "daschlogn". Es geht um ein Verfahren gegen Klimaaktivistin Anja Windl, alias Klima-Shakira, die kurz verhaftet wurde. Das Ministerium weist die Vorwürfe zurück.

Eine Weisung des Justizministeriums zur Haftfrage im Ermittlungsverfahren gegen die deutsche Klimaaktivistin Anja Windl sorgt für koalitionäre Verstimmung.

ÖVP-Generalsekretär Christian Stocker verlangte am Dienstag "dringend Aufklärung über die mutmaßlich ideologisch motivierte Intervention durch eine Weisung von Justizministerin Alma Zadić". Aus dem Justizministerium hieß es dazu gegenüber der APA, die Entscheidung habe die für die Fachaufsicht zuständige Sektion getroffen.

"ÖVP sollte nicht von sich auf andere schließen"

Stocker - selbst Jurist - glänze mit seinem Vorwurf, genauso wie die niederösterreichische Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner, durch Unwissen, richtete die grüne Justizsprecherin Agnes Prammer den beiden Dienstagnachmittag via Aussendung aus.

Anja WindlAPA/georg hochmuth

Anja Windl

"Die für die Fachaufsicht zuständige Sektion hat lediglich die rechtsrichtige Ansicht des unabhängigen Gerichts bestätigt. Nicht mehr und nicht weniger", hielt Prammer fest. Bei dem "unwürdigen Schauspiel" gehe es lediglich darum, Zadić eine "politische Weisung" unterzujubeln und dadurch politisches Kapital zu schlagen. "Die ÖVP sollte einfach nicht von sich auf andere schließen", drehte Prammer, die sich von Stocker und Mikl-Leitner aufgrund der "peinlichen Entgleisung" eine Entschuldigung erwartet, den Spieß um.

Gericht wies U-Haft ab

Windl, gegen die von der Staatsanwaltschaft Wien wie gegen weitere Aktivistinnen und Aktivisten der "Letzten Generation" wegen krimineller Vereinigung ermittelt wird, hatte sich im Zuge von Protestaktionen in der Bundeshauptstadt am 20. und 21. November mit einer Mischung aus Quarzsand und Superkleber auf der Fahrbahn festbetoniert. Sie wurde daraufhin festgenommen und in die Justizanstalt Josefstadt überstellt. Ein von der Anklagebehörde eingebrachter Antrag auf Verhängung der U-Haft wurde vom Wiener Landesgericht für Strafsachen aber abgewiesen.

Die Staatsanwaltschaft wollte gegen diesen Beschluss Beschwerde einlegen, ein entsprechender Vorhabensbericht wurde im Weg der Fachaufsicht von den übergeordneten Behörden - der Oberstaatsanwaltschaft (OStA) Wien und dem Justizministerium - aber nicht genehmigt. Der Staatsanwaltschaft wurde die Weisung erteilt, vom Einbringen einer Beschwerde Abstand zu nehmen, das Thema U-Haft war für Windl damit vom Tisch.

Stocker wirft  Zadić Intervention vor

Das Justizministerium stellte dazu bereits am Montagabend klar, das Weisungsrecht sei im Rahmen der Fachaufsicht über die Staatsanwaltschaften von der für Einzelstrafsachen im Justizministerium zuständigen Sektion V ausgeübt worden. Diese habe im konkreten Fall "eine Weisung zur Sachbehandlung erlassen".

ÖVP-Generalsekretär Stocker unterstellte Zadić am Dienstag allerdings, sie habe die Beschwerde der Staatsanwaltschaft "daschlogn". "Nachdem Christian Pilnacek im U-Ausschuss angegeben hatte, Alma Zadić habe auf sein Verfahren Einfluss genommen, indem sie eine Weisung erteilt hätte, das Verfahren gegen ihn nicht einzustellen, ist es nun bereits der nächste Fall einer mutmaßlich politischen Intervention", meinte Stocker. Die Öffentlichkeit habe eine Antwort auf die Frage verdient, "wie viele Weisungen aus dem Justizministerium kommen. Daher muss Zadić die immer noch ausständigen Weisungsberichte für die Jahre 2021 und 2022 endlich vorlegen."

Mikl-Leitner fürchtet "Narrenfreiheit"

Zuvor hatte sich schon Niederösterreichs Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) "höchst irritiert" gezeigt. Es entstehe "der Eindruck, dass Klima-Kleber in diesem Land Narrenfreiheit genießen. Das ist fatal", betonte Mikl-Leitner am Dienstag in einem der APA übermittelten Statement. 

Im Justizministerium war man am Dienstag darum bemüht, die Wogen zu glätten. "Das Landesgericht für Strafsachen Wien hat die beschuldige Klima-Aktivistin enthaftet und ihr Auflagen erteilt (gelinderes Mittel statt U-Haft). In der Folge war zu entscheiden, ob gegen diesen Beschluss des Gerichts ein Rechtsmittel zu erheben ist.

Fachaufsicht hat entschieden

Wie in diesen Fällen üblich, wird ein solches Vorhaben von allen Instanzen fachaufsichtlich geprüft. Im Rahmen der Fachaufsicht wurde entschieden, dass die Beschwerde nicht erfolgversprechend ist, weil die Entscheidung des Landesgerichts für Strafsachen Wien rechtlich zutreffend ist", wurde in einer der APA übermittelten Stellungnahme ausführlich dargelegt. Es handle sich "um eine rechtliche Facheinschätzung, die von der Sektion für Einzelstrafsachen im BMJ unter der Einbeziehung der Sektion für Strafrecht getroffen wurde". Wie gesetzlich vorgesehen, sei der Weisungsrat informiert worden, der sich in der nächsten Sitzung damit befassen wird.

"Die strafrechtlichen Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Wien haben mit dieser Entscheidung nichts zu tun", bekräftigte das Justizministerium. Diese würden "davon unbeeinflusst" selbstverständlich weitergehen.

ribbon Zusammenfassung
  • Eine Weisung des Justizministeriums zur Haftfrage im Ermittlungsverfahren gegen die deutsche Klimaaktivistin Anja Windl sorgt für koalitionäre Verstimmung.
  • ÖVP-Generalsekretär Christian Stocker verlangte am Dienstag "dringend Aufklärung über die mutmaßlich ideologisch motivierte Intervention durch eine Weisung von Justizministerin Alma Zadić".
  • Aus dem Justizministerium hieß es dazu gegenüber der APA, die Entscheidung habe die für die Fachaufsicht zuständige Sektion getroffen.