Israels Militär schoss auf UNO-Soldaten im Libanon - 2 Verletzte
Ein Panzer der israelischen Armee habe einen Beobachtungsposten der Vereinten Nationen direkt getroffen, teilte ein Sprecher am Donnerstag mit. An UNIFIL sind auch Bundesheersoldaten beteiligt.
Keine Bestätigung Israels
Es sind die ersten Opfer in den Reihen der UNIFIL-Mission seit Beginn von Israels Bodenoffensive im Libanon gegen die pro-iranische Hisbollah-Miliz vor rund einer Woche. Von der israelischen Armee gab es auf Nachfrage zunächst keine Bestätigung oder Details zu dem Vorfall.
Die UNO-Beobachtermission überwacht das Grenzgebiet seit Jahrzehnten. Daran sind mehr als 10.000 UN-Soldaten aus rund 50 Ländern beteiligt, darunter auch Österreicher. Zu den größten Truppenstellern gehören Indonesien, Italien und Indien.
Hauptquartier "wiederholt getroffen"
Der Beschuss ereignete sich in Naqoura im südlichen Grenzgebiet zu Israel. An der Mittelmeerküste ist es der erste größere Ort im Libanon nahe der Demarkationslinie mit Israel. Die UNIFIL-Mission hat hier ihr Hauptquartier. Dieses und die Umgebung seien "wiederholt getroffen" worden, erklärte der UNIFIL-Sprecher. Die beiden UNO-Soldaten seien nicht schwer verletzt, nach dem Angriff aber im Krankenhaus.
Ein weiterer israelischer Angriff habe auch den Eingang zu einem Bunker getroffen, in dem UNO-Soldaten Schutz gesucht hatten. Dabei seien auch UNO-Fahrzeuge und ein Kommunikationssystem beschädigt worden.
Israels Armee hatte vor eine Woche eine Bodenoffensive im Libanon begonnen und kämpft dort nach eigenen Angaben gegen die islamistische Hisbollah. Zugleich steigt die Gefahr möglicher Zusammenstöße mit der libanesischen Armee sowie mit den UNO-Soldaten.
Die libanesische Armee ist nicht direkt am Konflikt beteiligt, doch hat auch sie bereits Todesopfer nach Zusammenstößen mit israelischen Truppen gemeldet.
Video: Wird Israel Irans Atomanlagen angreifen?
Scharfe Kritik an Israel
Irlands Präsident Michael D. Higgins, dessen Land mehr als 300 der UNO-Soldaten stellt, hatte das israelische Vorgehen zuvor scharf kritisiert. Israels Armee habe die Friedenstruppen bedroht und wolle sie evakuieren lassen, teilte Higgins vor einigen Tagen mit. Israel fordere sogar, dass die gesamte UNIFIL-Mission sich aus dem Grenzgebiet entferne.
Schon vor einigen Tagen hatte sich die UNO-Mission "zutiefst besorgt" gezeigt über Aktivitäten des israelischen Militärs "in unmittelbarer Nähe" zu einem ihrer Posten. Sie bezog sich dabei auf einen Angriff nahe Maroun ar-Ras im Grenzgebiet weiter östlich von Naqoura.
-
Mehr lesen: UNO: Humanitäre Krise im Libanon spitzt sich zu
Ein UNO-Insider sagte, israelische Streitkräfte hätten eine Panzergranate auf einen Wachturm der UNO-Friedenstruppen abgefeuert. Dies sei einer von drei Fällen innerhalb der vergangenen 24 Stunden, in denen Stellungen der Friedenstruppe unter israelisches Feuer gerieten.
Tausende flüchten aus Libanon: Drängen auf Waffenruhe
Bereits zwei Vorfälle zuvor
Die zwei UNIFIL-Angehörigen seien verletzt worden, als auf den Wachturm am Hauptstützpunkt der Truppe in Naqoura geschossen wurde. Am Mittwoch und Donnerstag habe es bereits zwei andere Vorfälle zwischen UNIFIL und Israel gab. Dabei habe es keine Opfer gegeben.
Naqoura ist der erste größere Ort nahe der Demarkationslinie zwischen Israel und dem Libanon. Die UNIFIL-Mission (United Nations Interim Force in Lebanon) hat hier auch ihr Hauptquartier. Die UNO-Mission überwacht das Grenzgebiet seit Jahrzehnten.
Auch Österreich Teil der UNIFIL-Mission
Österreich ist seit 2011 Teil der UNIFIL. Die Mission - eine der ältesten aktiven im Rahmen der UNO - umfasst insgesamt etwa 10.000 Soldaten und 800 Zivilisten aus mehr als 40 Ländern. Seit Beginn der Mission kamen mehr als 300 Einsatzkräfte der Friedenstruppen ums Leben. Im Jahr 2006 kamen während einer ähnlichen israelischen Offensive vier UNO-Soldaten beim Beschuss eines Beobachtungsposten im Südlibanon ums Leben, darunter auch der österreichische Major Hans Peter Lang.
-
Mehr lesen: Israel weitet Bodeneinsätze im Libanon aus
Die rund 170 Soldatinnen und Soldaten aus Österreicher sind bei UNIFIL vornehmlich für die Planung und Durchführung von Transporten zuständig, als Wächter sind sie in aller Regel nicht im Einsatz.
Schallenberg: "Extrem alarmierend"
"Extrem alarmiert" zeigte sich Außenminister Alexander Schallenberg auf "X"am Donnerstagabend. "Das ist völlig inakzeptabel und muss sofort aufhören! Alle sind verpflichtet, die Sicherheit der Blauhelme zu jeder Zeit zu gewährleisten!"
https://twitter.com/a_schallenberg/status/1844397239164411995
Verteidigungsministerin Klaudia Tanner erklärte: "Wir sind im ständigen Austausch mit dem israelischen Botschafter in Österreich und haben klar gemacht, dass wir keine, auch unbeabsichtigte, Gefährdung von österreichischen Truppen akzeptieren. Darüber hinaus haben wir erneut zum Ausdruck gebracht, dass alle dazu verpflichtet sind, keine UNO-Truppen in der Region zu gefährden."
"Schwerer Verstoß gegen Völkerrecht"
Israels UNO-Botschafter Danny Danon legte der UNIFIL einen Abzug aus dem Kampfgebiet nahe. "Unsere Empfehlung lautet, dass die UNIFIL sich fünf Kilometer nach Norden verlegt", heißt es in einer Erklärung. Damit könnten angesichts der sich intensivierenden Kämpfe "Gefahren vermieden werden".
Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell verurteilte den "inakzeptablen Akt", für den es keine Rechtfertigung gebe. In einem Post auf "X" sagte er, im Libanon sei eine weitere Linie gefährlich überschritten worden. Jeder vorsätzliche Angriff auf Friedenstruppen sei ein schwerer Verstoß gegen das humanitäre Völkerrecht und die Resolution 1701 des UNO-Sicherheitsrates.
Israel sei verpflichtet, beide Gesetze zu respektieren. Die Täter müssten vollständig zur Rechenschaft gezogen werden.
https://twitter.com/JosepBorrellF/status/1844385197560824311
Zusammenfassung
- Israelische Truppen haben im Libanon nach Darstellung der Vereinten Nationen das Hauptquartier der UNO-Friedensmission UNIFIL beschossen und dabei mindestens zwei Blauhelmsoldaten verletzt.
- Ein Panzer der israelischen Armee habe einen Beobachtungsposten der Vereinten Nationen direkt getroffen, teilte ein Sprecher am Donnerstag mit. An UNIFIL sind auch Bundesheersoldaten beteiligt.
- Es sind die ersten Opfer in den Reihen der UNIFIL-Mission seit Beginn von Israels Bodenoffensive im Libanon gegen die pro-iranische Hisbollah-Miliz vor rund einer Woche.
- Von der israelischen Armee gab es auf Nachfrage zunächst keine Bestätigung oder Details zu dem Vorfall.