Behördenchaos: "Ansteckungsverdächtiger" Wochen zu spät gemeldet
Skigebiete sind zum Hotspot der Corona-Krise in Österreich geworden. Unkontrollierte Abreisen und zu spätes Handeln brachten Politikern auf Landes- und Gemeindeebene heftige Kritik ein. Auf Behördenseite wird stets betont, man habe alles im Griff. Ein Beispiel aus Tirol und Vorarlberg lässt das Gegenteil vermuten - besonders wenn es über die Grenzen der Bundesländer geht.
Das sorgte dafür, dass ein Quarantänebescheid von der Bezirkshauptmannschaft Imst drei Wochen nach der eigentlichen Quarantänezeit ausgestellt wurde. Der Grund: Die Vorarlberger Behörden haben ebenfalls erst nach der verordneten Quarantänezeit die BH Imst informiert, dass ein Tiroler im Skigebiet Lech Kontakt mit einer infizierten Person hatte.
Was ist passiert?
In einem Hotel im Nobelskiort Lech am Arlberg wurde am 21. März bekannt, dass sich ein Angestellter mit dem Coronavirus infiziert hatte. H., ein Kellner des Hotels der Kontakt mit dem Infizierten K. hatte, meldete sich daraufhin bei der Corona-Hotline. Da er keine Symptome hatte, wurde er nicht getestet. H. hat sich dennoch vorsorglich in Selbstisolation begeben.
Bereits am 14. März wurde die Skisaison in Lech wegen der Corona-Krise vorzeitig beendet. H. hat daraufhin am 15. März das Skigebiet verlassen und ist in seine Tiroler Heimatgemeinde im Bezirk Imst gefahren. Zwei Tage später wurde die Gemeinde Lech aufgrund mehrerer Corona-Fälle unter Quarantäne gestellt.
Bescheid kam drei Wochen zu spät
Am 9. April, knapp drei Wochen nachdem bekannt geworden war, dass sich ein Hotelmitarbeiter infiziert hatte, erhielt H. ein Schreiben der BH Imst. Er solle sich vom 15. März bis 30. März in Quarantäne begeben. Ein Zeitraum der zum Ausstellungszeitpunkt des Bescheids bereits in der Vergangenheit lag.
Dem Schreiben nach hätte H. zwei Wochen lang seinen Aufenthaltsort nicht verlassen dürfen und Kontakt zu anderen Personen unterlassen müssen. Bei der BH Imst heißt es auf PULS 24-Anfrage, man habe erst am 9. April von der Vorarlberger Landesregierung erfahren, dass H. Kontakt mit einer infizierten Person hatte. Daraufhin habe man sofort Kontakt zu ihm aufgenommen und im Nachhinein den Bescheid ausgestellt.
12 Tage später
Die Vorarlberger Landesregierung erklärt gegenüber PULS 24, die infizierte Person K. habe den Behörden am 27. März ihre Kontakte übermittelt, nachdem K. am 25. März vom Infektionsteam kontaktiert wurde. Die weitere Bearbeitung habe aufgrund der großen Zahl an Fällen ein paar Tage gedauert, sodass der Fall, laut Angaben der Vorarlberger Behörden, erst am 8. April, also zwölf Tag nach Übermittlung der Kontakte, nach Tirol weitergeleitet wurde.
Eine potentielle Ausbreitung des Coronavirus wurde in diesem Fall nur verhindert, weil sich H. unter Selbstquarantäne gestellt hat.
Zeitlicher Ablauf im Überblick
15.3. H. verlässt das Hotel in Lech und fährt in seine Tiroler Heimatgemeinde.
21.3. H. erfährt, dass ein Mitarbeiter im Hotel mit dem Coronavirus infiziert ist.
25.3. Die infizierte Person K. wird vom Vorarlberger Infektionsteam kontaktiert.
27.3. K. übermittelt seine Kontakte an die Vorarlberger Behörden.
28.3. Das Infektionsteam meldet die ansteckungsverdächtigen Person H. an die Landessanitätsdirektion Vorarlberg.
8.4. Die Landessanitätsdirektion leitet den Fall an die Behörden in Tirol weiter.
9.4. Die zuständige Bezirkshauptmannschaft in Imst erfährt von den Vorarlberger Behörden von dem Fall und stellt nachträglich einen Quarantänebescheid für H. und den Zeitraum 15.03.2020 bis 30.03.2020 aus.
Zusammenfassung
- Ein Tiroler hatte Mitte März Kontakt mit einer infizierten Person im Vorarlberger Skiort Lech.
- Die zuständige Behörde in Tirol wurde darüber erst am 9. April informiert, ein Quarantänebescheid erst Wochen nach der verordneten Quarantänezeit zugestellt.
- Jede Menge Zeit für ein Virus, das sich rasant ausbreitet.
- Zwei Tage später wurde die Gemeinde Lech aufgrund mehrerer Corona-Fälle unter Quarantäne gestellt.