Migration: Merz-Antrag scheitert im Bundestag
Sitzungsleiterin Petra Pau teilte mit, das "Zustrombegrenzungsgesetz" habe in zweiter Lesung keine Mehrheit gefunden. 692 Abgeordnete gaben ihre Stimme ab: 338 Ja- und 350 Nein-Stimmen bei fünf Enthaltungen. Damit entfiel die dritte Lesung mit der Schlussabstimmung.
Zuvor hatten neben Vertretern von CDU/CSU auch Abgeordnete der AfD, der FDP, des BSW und Fraktionslose Zustimmung signalisiert. SPD und Grüne hatten die Pläne heftig kritisiert. Kritiker hatten gewarnt, die "Brandmauer" anderer Parteien zur AfD falle, wenn ein Gesetz verabschiedet werde, für das AfD-Stimmen maßgeblich gewesen wären. Wie die Abgeordneten im Einzelnen abgestimmt haben, soll noch mitgeteilt werden.
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Die AfD sprach von einer Implosion der Union. Bei der AfD habe es keine Abweichler gegeben, so Co-Parteichefin Alice Weidel in einer ersten Reaktion. Für Unions-Kanzlerkandidat Friedrich Merz sei die Abstimmungsniederlage eine herbe Niederlage. Echten Wandel in der Migrationspolitik werde es nur mit der AfD geben.
Demonstrationen gegen Gesetzesentwurf in ganz Deutschland
Am Mittwoch hatte ein Antrag der CDU/CSU für Zurückweisungen von Migranten an den deutschen Grenzen, der keine bindende Wirkung hat, eine Mehrheit gefunden. Ihm hatten Vertreter von CDU/CSU, AfD, FDP sowie fraktionslose Abgeordnete zugestimmt, was Empörung auslöste.
Zehntausende Menschen gingen allein am Donnerstag auf die Straße - unter anderem in Berlin, Freiburg, Hannover und München. Auch aus den eigenen Reihen gab es Gegenwind für die Union: Die frühere Kanzlerin Angela Merkel (CDU) schaltete sich ein und nannte es "falsch", erstmalig eine Mehrheit mit Stimmen der AfD zu ermöglichen.
Auch für Samstag wurden in zahlreichen deutschen Städten Demonstrationen für Demokratie und gegen eine Zusammenarbeit mit der AfD angekündigt. In Leipzig rufen die Veranstalter unter dem Motto "Brandmauer statt Brandstifter" für den Nachmittag zu einer Kundgebung auf. Ähnliche Aufrufe gibt es auch für Demonstrationen und Protestveranstaltungen in weiteren Städten, etwa Mannheim, Essen, Köln, Stuttgart oder Hildesheim.
Es gehe nun darum "die Schande von Mittwoch" zu korrigieren, hatte Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) in der Debatte am Freitag gesagt. SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich rief Merz zu: "Der Sündenfall wird Sie für immer begleiten. Aber das Tor zur Hölle, ja, ich sage es, das Tor zur Hölle können wir noch gemeinsam schließen."
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Hitzige Verhandlungen und gegenseitige Vorwürfe
Die Debatte zum Gesetzentwurf begann mit einer Verspätung von dreieinhalb Stunden. Die FDP schlug zunächst vor, den Entwurf in die Ausschüsse zurückzuschicken und so einen möglichen erneuten Beschluss mit entscheidenden Stimmen der AfD zu verhindern. Es folgten hektische Beratungen zwischen CDU/CSU, SPD, Grünen und FDP, die allerdings keine Einigung erbrachten. Die FDP verzichtete daraufhin auf ihren Vorschlag.
FDP-Fraktionschef Christian Dürr sagte, er habe SPD und Grünen angeboten, dass die FDP einem rot-grünen Gesetzentwurf zur Migration zustimme, wenn diese im Gegenzug den Entwurf der Union mittragen. Dieses Kompromissangebot sei aber abgelehnt worden. Dürr kündigte an, dass die FDP dem Unions-Gesetzesentwurf zustimmen wolle.
Unionsfraktionschef Merz wies den Vorwurf einer Zusammenarbeit mit der AfD bei den Abstimmungen über eine schärfere Migrationspolitik erneut strikt zurück. Zur Forderung von SPD-Fraktionschef Mützenich, er solle sich dafür entschuldigen, dass er der AfD die Hand gereicht habe, sagte der CDU-Vorsitzende und Unionskanzlerkandidat in der Debatte über den Gesetzentwurf seiner Fraktion: "Von meiner Partei aus reicht niemand der AfD die Hand."
Der parlamentarische Geschäftsführer der AfD-Fraktion, Bernd Baumann, warf der Union einen unglaubwürdigen Kurs in der Migrationspolitik vor. Baumann sagte im Bundestag, Merz wolle vorangehen, er fange aber an zu zaudern und zu tänzeln und verhandle mit Rot-Grün. Außerdem hätten Unions-Ministerpräsidenten bereits angekündigt, dem "Zustrombegrenzungsgesetz" im Bundesrat nicht zuzustimmen.
FDP-Vize Wolfgang Kubicki warf den Grünen eine unmoralische Migrationspolitik vor. "Wer glaubt, andere mit moralischen Appellen beeindrucken zu können, während er selbst nichts tut, um offenkundige Probleme im Land anzugehen, der zeigt nur eins: Es geht ihm nicht ums Land, es geht ihm nur um sich selbst", sagte Kubicki.
Entwurf mit strengeren Regelungen
Kern des Gesetzentwurfs war eine Aussetzung des Familiennachzugs zu Geflüchteten mit eingeschränktem Schutzstatus. Zu dieser Gruppe gehören in Deutschland viele Syrerinnen und Syrer. Außerdem sollten die Befugnisse der Bundespolizei erweitert werden.
Sie sollte, wenn sie etwa an Bahnhöfen Ausreisepflichtige antrifft, selbst für eine Abschiebung sorgen können. Die Union drang in ihrem Entwurf überdies darauf, das Ziel einer "Begrenzung" des Zuzugs von Ausländern wieder ins Aufenthaltsgesetz aufzunehmen.
Zusammenfassung
- Der Deutsche Bundestag hat den auch wegen einer möglichen Unterstützung durch die AfD heftig diskutierten Gesetzentwurf der CDU/CSU-Fraktion zur Begrenzung von Migration abgelehnt.
- Sitzungsleiterin Petra Pau teilte mit, das "Zustrombegrenzungsgesetz" habe in zweiter Lesung keine Mehrheit gefunden.
- 692 Abgeordnete gaben ihre Stimme ab: 338 Ja- und 350 Nein-Stimmen bei fünf Enthaltungen. Damit entfiel die dritte Lesung mit der Schlussabstimmung.
- Zuvor hatten neben Vertretern von CDU/CSU auch Abgeordnete der AfD, der FDP, des BSW und Fraktionslose Zustimmung signalisiert.
- SPD und Grüne hatten die Pläne heftig kritisiert.