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Autoritär geführtes Belarus hält Parlamentswahl ab

Erstmals seit der gefälschten Präsidentenwahl im Sommer 2020 und den darauffolgenden Massenprotesten hält das autoritär geführte Belarus am Sonntag landesweite Wahlen ab. Die von Machthaber Alexander Lukaschenko ins Exil getriebene Präsidentschaftskandidatin Swetlana Tichanowskaja rief zum Boykott der Parlaments- und Kommunalwahlen im Land auf. Lukaschenko seinerseits kündigte seine Kandidatur für die Präsidentschaftswahl 2025 an.

"Ich fordere die Belarussen und die internationale Gemeinschaft dazu auf, diesen Schwindel kategorisch zurückzuweisen", schrieb Tichanowskaja am Sonntag auf der Plattform X (vormals Twitter). Bei der Abstimmung am Sonntag werden neben 110 Abgeordneten des Parlaments auch rund 12.000 Vertreter von Kommunalversammlungen neu bestimmt.

In ihrer auf Englisch gehaltenen Videoansprache kritisierte Tichanowskaja die Abstimmung scharf. Die sogenannte Wahlkampagne entspräche in keiner Weise demokratischen Grundsätze. Oppositionelle Parteien und unabhängige Medien seien zum Schweigen gebracht worden. Oppositionskandidaten dürften nicht an der Wahl teilnehmen. "Viele werden als politische Gefangene gehalten." Zudem sei eine halbe Million Wähler außer Landes getrieben und somit ihres Wahlrechts beraubt worden, fügte Tichanowskaja hinzu. Sie bat die internationale Gemeinschaft, die Abstimmung nicht als legitim anzuerkennen. Tichanowkaja hatte am Donnerstag in Wien auch die Parlamentarier der OSZE-Länder dazu aufgerufen, die Wahl nicht anzuerkennen.

Die Wahlen in Belarus gelten als unfrei und manipuliert. Schon vor Öffnung der Wahllokale in der Früh sollen offiziellen Angaben zufolge 41,71 Prozent der Wähler in Belarus ihre Stimme abgegeben haben. Die Briefwahl ist seit Jahren ein beliebtes Instrument des Machtapparats von Langzeitherrscher Lukaschenko, um die gewünschten Resultate fernab jeder Überprüfungsmöglichkeit zu erreichen. Die oppositionelle Internetplattform "Serkalo" berichtete am Freitag davon, wie Studierende und Angestellte im öffentlichen Dienst und in Staatsbetrieben dazu genötigt wurden, ihren Stimmzettel vorzeitig und unter Kontrolle von Vorgesetzten in die Wahlurne zu werfen.

Die Wahlen "sind weder frei noch fair", urteilte das österreichische Außenministerium am Sonntag. Es sei nicht überraschend, dass internationale Wahlbeobachter ausgeschlossen wurden. "Wir werden uns weiterhin für ein freies, unabhängiges und wohlhabendes Belarus einsetzen", hieß es in einer Stellungnahme auf X (Twitter).

Beobachtern zufolge will Lukaschenko in erster Linie zeigen, dass er nach den Protesten vor dreieinhalb Jahren die volle Kontrolle hat. Lukaschenko gab sich entsprechend selbstbewusst. Bei der Stimmabgabe kündigte der Staatschef an, bei den nächsten Präsidentenwahlen im Jahr 2025 erneut kandidieren zu wollen. Lukaschenko herrscht seit 1994 autoritär in Belarus. Der Wahl 2020, als er sich zum Sieger erklären ließ, folgten monatelange Demonstrationen im Land. Die Opposition erklärte Tichanowskaja zur eigentlichen Wahlsiegerin, doch Lukaschenko ließ die Proteste blutig niederschlagen. Mehr als 35.000 Menschen wurden damals festgenommen. Die EU hat den Wahlsieg Lukaschenkos nicht anerkannt. Lukaschenko gilt als völlig abhängig von Russland und Kremlchef Wladimir Putin.

"Präsident Lukaschenko hat die Souveränität seines Landes an der russischen Garderobe abgegeben. Die schleichende Übernahme Belarus' durch Russland ist eine brandgefährliche Entwicklung", erklärte Außenminister Alexander Schallenberg (ÖVP) zum Anlass eines Treffens mit Tichanowskaja am Donnerstag in Wien. "Wir haben die in Belarus weiterhin anhaltende und sich sogar verschlimmernde Unterdrückung und Verfolgung von Zivilistinnen und Zivilisten nie vergessen. Politische Gefangene müssen sofort, ohne Wenn und Aber, freigelassen werden."


ribbon Zusammenfassung
  • In Belarus finden am Sonntag erstmals seit der umstrittenen Präsidentenwahl 2020 landesweite Parlamentswahlen statt, bei denen 110 Abgeordnete des Nationalparlaments und etwa 12.000 Kommunalvertreter bestimmt werden.
  • Die Wahlen werden als unfrei und manipuliert eingestuft, internationale Beobachter sind nicht zugelassen. Die Oppositionsführerin Swetlana Tichanowskaja kritisiert die Abstimmung als 'Farce'.
  • Seit 1994 an der Macht, wird Lukaschenko von der EU nicht als legitimer Staatschef anerkannt, nachdem über 35.000 Menschen während der Proteste 2020 festgenommen wurden. Er gilt als stark von Russland abhängig.