Australien erlaubt MDMA als Medizin: Wer zieht nach?
In Australien dürfen seit Samstag Psychedelika auf Rezept verschrieben werden. Konkret dürfen Ärzte eine posttraumatische Belastungsstörung mit MDMA (Ecstasy) behandeln. Bei einer schwer therapierbaren Depression darf außerdem Psilocybin verabreicht werden. Das ist ein Inhaltsstoff von halluzinogenen Pilzen.
Australien ist damit das erste Land, das erlaubt, psychische Erkrankungen mit Psychedelika zu behandeln. Selbst Forschende waren überrascht über die Entscheidung, als diese im Februar bekannt gegeben wurde.
Fast drei Jahre lange hatte die Entscheidungsfindung der australischen Aufsichtsbehörde TGA gedauert. Studien hätten gezeigt, dass MDMA ein Durchbruch für die Behandlung von posttraumatischen Belastungsstörungen sein könnte. Auch würden sie Potenzial für Patienten mit Ängsten, Anorexie und Suchtkrankheiten zeigen.
Gefahr von Horror-Trips
Viele australische Therapeuten und Ärzten haben die aktuelle Zulassung aber auch kritisiert. Sie zeigen sich besorgt, dass man noch nicht genau genug wisse, welche Patienten tatsächlich auf die Behandlung ansprechen. Bei falscher Anwendung können die Medikamente auch zu schlimmen Trips führen und für mehr Probleme sorgen.
Kritik kommt auch von Psychiatern, die befürchten, dass die Medikamente ohne medizinisch-psychologische Aufsicht verschrieben werden können. Es sei aktuell viel zu unklar, wie genau die Einnahme aussehen wird, sagt der Psychiater Steve Kisely, von der Universität Queensland, gegenüber dem Wissenschaftsmagazin Nature. Sie sollten immer in einem klinischen Setting mit intensiver psychologischer Betreuung verabreicht werden.
Behörde weist Lobbying-Vorwürfe zurück
Die Aufsichtsbehörde weist die Kritik zurück, dass die Entscheidung zu schnell gekommen wäre oder man von Lobbygruppen beeinflusst worden war.
Deutschland: Positive Ergebnisse bei extremen Dosen
In Österreich sowie auch in Deutschland wird Psilocybin als klassisches Suchtgift eingestuft. Im deutschen Nachbarland wird jedoch bereits an einer möglichen Therapieform geforscht. Aktuell nehmen 144 Patienten und Patientinnen an einer ersten Studie der Universität Mannheim und der Berliner Charité teil. Dafür nehmen sie eine sehr hohe Dosis des Magic-Mushroom-Wirkstoffs Psilocybin ein. Teilnehmen dürfen nur jene Menschen, denen keine Psychotherapie mehr helfen konnte.
In einem Interview mit Deutschlandfunk Nova erklärte Lea Mertens, eine der leitenden Forscherinnen, dass die Teilnehmer einen sehr intensiven psychedelischen Trip unter psychotherapeutischer Aufsicht erleben würden. Einerseits würde die Gehirnaktivität dabei sehr stark nach unten reguliert werden, gleichzeitig können sie dadurch auf sehr tiefe emotionale Ebenen kommen, diese seien sonst oft verschlossen.
Ziel sei es, an Emotionen heranzukommen, die sonst oft unter einer Depression versteckt sind. Diese könnten dann neue Ansätze für die anschließenden psychotherapeutischen Sitzungen liefern. Mertens betonte aber auch, dass die Medikamente nur im Rahmen eines psychotherapeutischen Konzepts Sinn ergeben würden.
Erste Forschungsergebnisse seien auch in Deutschland positiv ausgefallen, bis die Therapien allgemein verfügbar sind, könne es aber noch 5 bis 10 Jahre dauern, heißt es von den Forschern.
Zusammenfassung
- Australien ist das erste Land, in dem ab sofort psychische Erkrankungen mit MDMA und dem Wirkstoff von Magic Mushrooms behandelt werden dürfen.
- Auch in Deutschland werden dazu bereits Studien mit sehr hoher Dosierung durchgeführt.