Atomwaffenverbots-Kampagne "sehr beunruhigt" wegen Putin
"Wir sind dem Einsatz von Atomwaffen näher, als wir es vor einem Monat waren", warnte Fihn im Gespräch mit der APA in Wien, wo sie sich zur Vorbereitung einer Konferenz zum Verbot von Atomwaffen aufhielt. ICAN hatte 2017 den Friedensnobelpreis gewonnen.
Die Konferenz der Vertragsstaaten des Atomwaffenverbotsvertrags soll voraussichtlich im Juni in Wien stattfinden. Der Vertrag ist seit 2021 in Kraft. 120 Länder haben sich für ein Verbot von Atomwaffen ausgesprochen. 68 Staaten haben den Vertrag unterschrieben, 59 ratifiziert. Nicht dabei sind allerdings all jene Staaten, die selbst Atomwaffen besitzen.
Beispiel Streumunition
"Internationales Recht hält Menschen wie Putin nicht davon ab, etwas zu tun, aber es ist die Basis dafür, wie der Rest der Welt reagiert. Es ist von Bedeutung, es erzeugt Druck und ist die Basis für Sanktionen", betonte die schwedische Juristin. Dies habe sich auch beim Abkommen über das Verbot von Streumunition gezeigt. Sowohl Russland als auch die Ukraine bezeichnen diese Waffen als illegal, obwohl keiner der beiden Staaten den Vertrag unterschrieben habe. Auch die USA verurteilen den Einsatz von Streumunition, ohne dem Abkommen beigetreten zu sein.
Fihn erinnerte daran, dass noch vor Putins Invasion der Ukraine Russland und Belarus eine große Atomwaffenübung durchgeführt und Putin "nie da gewesene" Konsequenzen angekündigt hatte, sollte ihn jemand stoppen wollen. Die ICAN-Chefin interpretierte dies als Drohung zum Gebrauch von Atomwaffen. "Das ist dazu gedacht, Menschen zu verängstigen und die Ukraine ungestört angreifen zu können. Das bedeutet, der Rest der Welt kann nur zuschauen, wie er ukrainische Bürger massakriert, weil er Atomwaffen hat", betonte Fihn. "Wie lange akzeptieren wir das, dass Einzelpersonen fast zu Terroristen werden und die ganze Welt paralysieren?"
"Taktischen, kleinen Atomwaffen sind Hiroshima-groß"
Nuklearwaffen seien einzigartig im Hinblick auf ihre zerstörerische Wirkung, betonte Fihn. Selbst wenn Putin eine sogenannte taktische Atomwaffe in der Ukraine einsetzen würde, hätte dies verheerende Folgen: "Diese taktischen, kleinen Atomwaffen sind Hiroshima-groß", erklärte Fihn. Die Bombe von Hiroshima tötete 140.000 Menschen. Langzeitfolgen wie Krebs und auf die Reproduktion hielten Jahrzehnte an. Hilfe von außen für die Überlebenden gebe es im Fall eines Atombombenangriffs kaum. Organisationen wie das Rote Kreuz oder die UNO müssten das Gebiet verlassen, um ihre Mitarbeiter vor Radioaktivität zu schützen.
Durch die Zustimmung von Belarus, russische Atomwaffen zu lagern, kämen diese der Ukraine und Europa geografisch näher. In den Arsenalen der neun Atomwaffen-Staaten lagern insgesamt etwa 12.700 Atomsprengköpfe (Stand 2021), sagte Fihn. Zu den Atommächten zählt ICAN außer Russland die USA, Frankreich, Großbritannien, China, Indien, Pakistan, Israel und Nordkorea. Der Iran gehört laut Fihn nicht dazu. "Sie arbeiten nicht an einer Atombombe, sie arbeiten an Nuklearenergie", erklärte sie. Dieser Prozess müsse beobachtet werden, hoffte sie auf ein positives Ergebnis der Iran-Verhandlungen für einen neuen Atomvertrag. Wegen des Iran sei sie nicht besorgt, so Fihn: "Besorgt bin ich über die Staaten, die Nuklearwaffen haben."
Fihn hofft auf "Moment der Mobilisierung"
Von der Juni-Konferenz erwartet sich Fihn einen "Moment der Mobilisierung": Regierungsvertreter, Parlamentarier, Bürgermeister, Aktivisten, NGOs und die Zivilgesellschaft sollen teilnehmen und die Gefahren von Nuklearwaffen zurückzuweisen, den Besitz, die Verwendung und Entwicklung von Atomwaffen verurteilen und "eine starke Botschaft an die Nuklearmächte senden, dass der Rest der Welt das nicht akzeptiert".
Die österreichische Regierung habe in Bereich Abrüstung "Leadership" gezeigt, so Fihn. Die österreichische Bevölkerung sei sehr stark gegen Atomwaffen eingestellt. Österreich sei unter jenen sieben oder acht Ländern, die Antriebskraft für den Vertrag waren. Fihn erklärte dies mit der Erfahrung aus der Zeit des Kalten Kriegs und dem Bewusstsein: Nicht nur die Atommächte seien betroffen, ein Atomwaffeneinsatz werde auf alle Auswirkungen haben.
Zusammenfassung
- Die Direktorin der Internationalen Kampagne zur Abschaffung von Atomwaffen (ICAN) Beatrice Fihn, ist angesichts der "nuklearen Erpressung" durch den russischen Präsidenten Wladimir Putin "sehr beunruhigt".
- "Wir sind dem Einsatz von Atomwaffen näher, als wir es vor einem Monat waren", warnte Fihn im Gespräch mit der APA in Wien, wo sie sich zur Vorbereitung einer Konferenz zum Verbot von Atomwaffen aufhielt. ICAN hatte 2017 den Friedensnobelpreis gewonnen.
- Die Konferenz der Vertragsstaaten des Atomwaffenverbotsvertrags soll voraussichtlich im Juni in Wien stattfinden. Der Vertrag ist seit 2021 in Kraft. 120 Länder haben sich für ein Verbot von Atomwaffen ausgesprochen.
- 68 Staaten haben den Vertrag unterschrieben, 59 ratifiziert. Nicht dabei sind allerdings all jene Staaten, die selbst Atomwaffen besitzen.
- Selbst wenn Putin eine sogenannte taktische Atomwaffe in der Ukraine einsetzen würde, hätte dies verheerende Folgen: "Diese taktischen, kleinen Atomwaffen sind Hiroshima-groß", erklärte Fihn.
- Durch die Zustimmung von Belarus, russische Atomwaffen zu lagern, kämen diese der Ukraine und Europa geografisch näher. In den Arsenalen der neun Atomwaffen-Staaten lagern insgesamt etwa 12.700 Atomsprengköpfe (Stand 2021), sagte Fihn.