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Arbeiten bis 64? Franzosen streiken erneut gegen Pensionsreform

In Frankreich hat am Dienstag der zweite landesweite Generalstreik gegen die geplante Pensionsreform das öffentliche Leben teilweise lahmgelegt.

Die Pariser Metro verkehrte nur sporadisch und das Liniennetz vom Nahverkehr bis hin zu den Hochgeschwindigkeitszügen vom Typ TGV war stark ausgedünnt. Die Hälfte aller Volksschullehrer beteiligte sich nach Gewerkschaftsangaben am Streik. Große Menschenmengen zogen zugleich durch Paris und andere Städte, um zu protestieren.

Viele marschierten hinter Transparenten mit der Aufschrift "Nein zur Reform" oder "Wir werden nicht aufgeben". Die Protestmärsche seien "eine echte Botschaft" an die Regierung von Präsident Emmanuel Macron, dass die Reform nicht gewollt sei, sagte Laurent Berger, Vorsitzender der CFDT, Frankreichs größter Gewerkschaft. Als mächtigen Hebel, um ihren Forderungen Nachdruck zu verleihen, nutzten die Gewerkschaften auch Ausstände in Kraftwerken und Raffinerien.

Raffinerie-Arbeiter streiken

Die Stromproduktion sank um rund fünf Prozent. Dadurch war das Land wohl gezwungen, die Lücke durch Importe aus Nachbarländern zu schließen. Der Energieriese TotalEnergies teilte mit, die Lieferungen von Erdölprodukten aus seinen französischen Werken seien gestoppt worden. Doch sei die Versorgung der Tankstellen gesichert. 55 Prozent der Beschäftigten in den Raffinerien auf der Frühschicht hätten die Arbeit niedergelegt - eine geringere Zahl als am 19. Jänner, dem ersten großen Streiktag gegen die Pensionspläne.

Damals hatten die Streikenden das Land lahmgelegt - es kam zu Zusammenstößen zwischen Demonstranten und Polizei. Präsident Macron will das Pensionseintrittsalter von 62 auf 64 Jahre heraufsetzen. Er ist damit den Gegnern der Reform entgegengekommen, denn ursprünglich wollte er es auf 65 Jahre erhöhen. Ministerpräsidentin Elisabeth Borne hat die 64-Jahre-Grenze jedoch als unverhandelbar bezeichnet.

Reform wird abgelehnt

Meinungsumfragen zeigen, dass eine große Mehrheit der Franzosen die Reform ablehnt. Macron will das Vorzeigeprojekt seiner zweiten Amtszeit dennoch gegen alle Widerstände durchsetzen. Die Reform sei "lebenswichtig", um das Pensionssystem zukunftsfähig zu machen.

Nach Schätzungen des Arbeitsministeriums wird sie zusätzliche 17,7 Milliarden Euro an jährlichen Pensionsbeiträgen einbringen. Die Gewerkschaften sehen andere Möglichkeiten, die Einnahmen zu erhöhen - etwa die Besteuerung der Superreichen oder höhere Beiträge der Arbeitgeber. Die Pläne der Regierung stoßen bei ihnen auf totale Ablehnung: "Diese Reform ist unfair und brutal", erklärte der Generalsekretär der Gewerkschaft UNSA für die Beschäftigten im öffentlichen Dienst, Luc Farre.

Weitere Streiks geplant

Die Gewerkschaften wollen den Druck auf die Regierung aufrechterhalten. Die radikalere CGT, Frankreichs zweitgrößte Gewerkschaft, hat zu einer neuen Streikrunde vom 6. bis 8. Februar beim staatlichen Stromversorger EDF aufgerufen. An diesen Tagen soll auch der Raffineriesektor erneut von Ausständen betroffen sein.

Laut dem Linkspopulisten Jean-Luc Melenchon wird das Parlament am Montag über einen Antrag debattieren, in dem ein Referendum zur Pensionsreform gefordert wird. "Die Franzosen sind nicht dumm", sagte er auf einem Protestzug in Marseille: "Wenn diese Reform lebenswichtig ist, sollte es möglich sein, die Menschen zu überzeugen."

ribbon Zusammenfassung
  • In Frankreich hat am Dienstag der zweite landesweite Generalstreik gegen die geplante Pensionsreform das öffentliche Leben teilweise lahmgelegt.
  • Die Pariser Metro verkehrte nur sporadisch und das Liniennetz vom Nahverkehr bis hin zu den Hochgeschwindigkeitszügen vom Typ TGV war stark ausgedünnt.
  • Die Hälfte aller Volksschullehrer beteiligte sich nach Gewerkschaftsangaben am Streik.