Anwalt: Pride-Anschlagspläne an den "Haaren herbeigezogen"

Der Anwalt jenes 14-Jährigen, dem Anschlagspläne auf die Regenbogenparade in Wien vorgeworfen werden, erhebt schwere Anschuldigungen gegen Innenministerium, DSN und Regierung. Die Anschuldigungen gegen seinen Mandanten würden nicht halten, es gehe um politisches Kalkül, um neue Überwachungsmaßnahmen zu ermöglichen, sagt er zu PULS 24.

Andreas Schweitzer vertritt den 14-jährigen Beschuldigten, der laut Verfassungsschutz gemeinsam mit zumindest einem weiteren Burschen einen Anschlag auf die heurige Pride-Parade in Wien geplant haben soll.

Der Verteidiger des 14-Jährigen weist die Vorwürfe zurück. Es ginge aus dem Akt nicht hervor, dass der 14-jährige Wiener einen Anschlag verüben hätte wollen. Der Anwalt sieht die Vorwürfe an den "Haaren herbeigezogen".

Die bei dem Jugendlichen gefundenen Waffen - ein Säbel und eine Axt - hätten mit dem Mandanten selbst nichts zu tun. Man müsse dazu den Vater befragen, so der Anwalt.

"Nicht radikalisiert"

Der 14-Jährige habe sich "dumm" verhalten, so der Anwalt. Aber es gebe keine Anhaltspunkte, dass der Teenager konkrete Anschlagspläne auf die Pride gehabt habe. Sein Mandant sei ein gläubiger Muslim, würde "Homosexuelle nicht mögen", aber alles akzeptieren.

Auch die Terrormiliz "Islamischer Staat" und den Anschlag vom 2. November in Wien würde der 14-Jährige nicht mögen und dessen Taten nicht Ordnung finden. Der 14-Jährige sei nicht "radikalisiert", so der Anwalt.

In IS-Telegram-Chatgruppe aktiv

Der 14-Jährige war in einer internationalen Telegram-Gruppe mit Personen mit IS-Nähe. Die Aktivitäten in der Chatsgruppe gab der 14-Jährige bereits zu. Ein ausländischer Geheimdienst habe die österreichischen Behörden darauf hingewiesen.

Die zwei anderen Beschuldigten, das Bruderpaar aus St. Pölten im Alter von 17 und 20, würde sein Mandant aber nicht kennen, so der Anwalt. Die drei seien in derselben Telegram-Gruppe gewesen. Der Anwalt selbst habe noch keine Chatprotokolle gesehen. "Viel gibt der Akt bis dato nicht her", meint er.

Instrumentalisiert für Bundestrojaner

"Einzige Erklärung" für die Anschuldigungen gegenüber seinem Mandanten sei, dass von der Direktion für Staatsschutz und Nachrichten (DSN, dem Nachfolger des Bundesamtes für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung BVT) versucht werde, den Bundestrojaner einzuführen.

"Irritiert hat mich jedenfalls, dass man am Samstag den 14-Jährigen festgenommen hat, am Sonntag sofort eine Pressekonferenz gemacht hat und dann alle Medien" von Staatsanwaltschaft, DSN und Regierung mit Informationen "pulverisiert" worden seien. Die Beschuldigten hätten keine Möglichkeit gehabt, sich zu rechtfertigen. 

Dass der festgenommene 20-Jährige bereits am Montag enthaftet wurde, sieht Schweitzer als Indiz dafür, dass die Anschuldigungen nicht halten. 

Mit den Informationen würden auch nicht die Anwälte an die Medien gehen, diesen Schritt hätten Innenministerium, die Regierung und die DSN am Sonntag getätigt. Das sei politisch motivierte Stimmungsmache, so der Anwalt. Schweitzer will jedenfalls so schnell wie möglich einen Antrag auf Enthaftung des 14-Jährigen stellen.

Parallelen zu Terror-Anschlag 2020

Ein Nachrichtendienst "aus dem Ausland hat hier die Meldung abgegeben an die Direktion für Staatsschutz und Nachrichtendienst. Eine angeblich glaubhafte Information, dass hier ein Anschlag passieren soll", so der Anwalt. "Aber sie dürfen nicht sagen, von welchem Nachrichtendienst", kritsiert er.

Schweitzer sieht das "wahrheitsgetreu", aber die gesamte Geschichte sei nur wegen "außereuropäischer nachrichtendienstlicher Informationen zustande gekommen". Sein Mandant sei als Täter identifiziert worden. Vorgeworfen wird ihm der Tatbestand "Beteiligung an einer terroristischen Vereinigung". Kein Mordversuch, so sein Anwalt.

 

ribbon Zusammenfassung
  • Der Anwalt des 14-jährigen Terrorverdächtigen erhebt schwere Anschuldigungen gegen Innenministerium, DSN und Regierung.
  • Sein Mandant sei nur festgenommen worden, damit der Bedarf von Überwachung mit einem Bundestrojaner gerechtfertigt würde.
  • Der Anwalt beschuldigt Regierung, Innenministerium und Verfassungsschutz der "politischen Stimmungsmache".
  • Es sei politisches Kalkül, hier den Sachverhalt "hochzupushen".