Rohrer: "Die gesamte öffentliche Diskurs-Kultur ist doch ein Jammer"
Zuletzt lieferten sich ÖVP-Verfassungsministerin Karoline Edtstadler und die grüne Justizministerin Alma Zadić eine öffentliche Debatte um ein mögliches Zitierverbot für Medien aus Strafakten. Für den ehemaligen FPÖ-Europapolitiker Andreas Mölzer ist das ein weiteres Zeichen, dass sich die Regierungspartner "nur mehr befehden und gegenseitig blockieren". Für die Direktorin des gewerkschaftsnahen Think-Tanks Momentum Institut, Barbara Blaha, ist Diskurs das "Wesen der Demokratie", Mölzer sieht darin etwas ganz anderes: "Die befinden sich ja alle schon im Wahlkampf-Modus".
Laut Blaha gäbe es im Regierungsprogramm "so viele Punkte, die eigentlich fix fertig am Tisch sind, die nicht und nicht beschlossen werden" und spricht dabei das Transparenzgesetz, die Abschaffung des Amtsgeheimnisses, das weiterhin fehlende Klimaschutzgesetz und die gescheiterte Mietpreisbremse an.
Für Rohrer liegt das auch am medialen Diskurs. Aus Angst vor dem Image von "Streit-Parteien" würde die Regierung nichts machen und am Ende wäre die mediale Aufregung wieder groß, dass nichts geschehe. "Die gesamte öffentliche Diskurs-Kultur ist doch ein Jammer", so Rohrer. Bei der Bewertung der Regierung müsse man berücksichtigen, wie herausfordernd die letzten Jahre mit Themen wie Pandemie, Krieg und Teuerung waren. Hätte sich die Regierung anstelle des Pandemiemanagements anderen Themen gewidmet, hätten sich alle beschwert: "Ja, könnt's ihr euch nicht konzentrieren auf das, was wichtig ist", sagte die Journalistin.
Medien und Expert:innen seien mit "Kaffeesudleserei" beschäftigt, anstatt sich mit der aktuellen Arbeit der Bundesregierung auseinanderzusetzen, findet Blaha. Sie kann die Haltung der Grünen in der aktuellen Regierungszusammenarbeit teilweise nachvollziehen: "Meilensteine in der Klimapolitik" seien liegengeblieben. Deshalb müssten die Grünen nun Druck machen, damit sie "auch ein bisschen was herzeigen können am Ende ihrer Legislaturperiode".
FPÖ-Gegner verleihen ihrem "Höhenflug noch Flügel"
Lachende Dritte in den Dauerquerelen der Bundesregierung ist aktuellen Umfragen zufolge die FPÖ. Für die Ökonomin Barbara Blaha ist das FPÖ-Umfragehoch auf die Schwäche der anderen Parteien zurückzuführen, außerdem biete die FPÖ ein "klares Protestangebot". Anneliese Rohrer stimmt zu: "Die FPÖ ist ja nicht aus sich heraus so stark". Vielmehr würden "die Gegner der FPÖ alles tun, um diesem Höhenflug noch Flügel zu verleihen".
Mölzer sieht den Erfolg der Freiheitlichen auch in anderen Faktoren begründet. In Themen wie Neutralität, Corona und Migration biete die FPÖ eine "relativ klare Position" und, so Mölzer, "bis zu 30 Prozent finden es offenbar gut und glaubwürdig". Rohrer vermisst in diesem Zusammenhang konkrete Nachfragen bei der FPÖ, was sie denn als Regierungspartei wirklich anders machen würden - mehr als Stehsätze und Floskeln erwartet sich die Journalistin davon nämlich nicht.
Zusammenfassung
- Immer wieder geistern Neuwahl-Gerüchte durch die Medien, die beiden Regierungsparteien streiten öffentlich - unterdessen legt die FPÖ einen Umfrage-Höhenflug hin.
- Diese mediale Debatte "sollte uns schon langweilen", findet Journalistin Anneliese Rohrer bei WildUmstritten.