"Wirecard: Last Exit Bad Vöslau": Ein Skandal zum Schmunzeln
Bei der Uraufführung von "Wirecard: Last Exit Bad Vöslau" am Donnerstag fand man sich in einem Shareholder-Meeting wieder. Wirecard-Vorstandschef Markus Braun wird in der Inszenierung von Marie-Christin Rissinger wie ein Superstar angekündigt, der dann plötzlich an Schurken erinnernde Klauenhände auspackt, aber letztlich von nichts gewusst haben will. Auf seinen österreichischen Landsmann Jan Marsalek, der ihm als Finanzvorstand zur Seite stand, wartet man vergeblich. Zu wichtig die Geschäfte der mittlerweile in Russland vermuteten Schlüsselfigur - immerhin gibt es viel zu verschleiern und eine möglichst friktionsfreie Flucht vorzubereiten.
Da kann einem der Wirtschaftsprüfer Richard fast schon leid tun. Der "stolze BWL-Krieger" - den durchaus gelungenen Text steuerte Kabarettistin Maria Muhar bei - ist auf der Suche nach den 1,9 Milliarden Euro und bekam trotz mehrfacher, lustvoll in den Laptop gehämmerter E-Mail-Anfragen keine zufriedenstellende Antwort. Also will er die Sache selbst in die Hand nehmen und in Manila Treuhandkonten inspizieren. Leichter gedacht als getan.
Zwar reist Marsalek mit ihm auf die Philippinen. Doch anstatt sich mit leidigen Finanzangelegenheiten zu beschäftigen interessiert doch viel mehr, was Richards Meinung zu einer Aufnahme von Jan ist, der sich oberkörperfrei auf einem Pony vor einer Bergkette in Szene setzen ließ. Auch ein Saunaaufenthalt samt fröhlich geschwungenem Umschnalldildo muss sein. Und gutes Essen und Party sowieso.
Es sind unreife, lächerliche Buben mit übersteigertem Ego und einer gehörigen Packung Dreistheit im Gepäck, die in dem 75-minütigen recht kurzweiligen Stück voller bunter Kostüme, Gesangseinlagen und schrillen Videos die Fäden ziehen. Selbst als die Seifenblase kurz vor dem Platzen ist, werden kritische Journalistenfragen mit Managerfloskeln abgetan oder von Braun mit einer Glockenspieldarbietung beantwortet.
Am Ende flüchtet Marsalek bekanntlich per Flugzeug von Bad Vöslau über Minsk nach Russland. Der Theaterabend vermag dagegen nicht so recht abzuheben. Auch wenn die Beteiligten sichtlich mit Herzblut bei der Sache sind, zünden mehrere Gags nicht und gerät so manche Szene etwas gar plump. Es wäre wohl für alle Beteiligten besser gewesen, wenn Marsalek von Anfang an am Boden geblieben wäre.
(Von Lukas Wodicka/APA)
(S E R V I C E - "Wirecard: Last Exit Bad Vöslau" von Blind Date Collaboration. Eine Produktion von Olympionik_innen in Koproduktion mit Theater am Werk. Inszenierung: Marie-Christin Rissinger, Text: Maria Muhar, Bühne und Kostüm: Johann Brigitte Schima und Ariella Karatolou, Musik: Elise Yuki Mory, Videogestaltung: Rajarshi Sarkar. Mit: Dionysus Opoku, Dolores Winkler, Nora Jacobs, Stephanie Skrein, Xena Petrovic, Zoe Gudovic. Theater am Werk im Kabelwerk, Wien 12., Oswaldgasse 35A. Weitere Vorstellungen am 12. (ausverkauft), 13., 17. 18. und 19. April. www.theater-am-werk.at)
Zusammenfassung
- Die Insolvenz des Zahlungsdienstleisters Wirecard und der Verlust von 1,9 Milliarden Euro werden im Theaterstück 'Wirecard: Last Exit Bad Vöslau' satirisch verarbeitet.
- Das 75-minütige Stück, inszeniert von Marie-Christin Rissinger und mit Texten von Kabarettistin Maria Muhar, zeigt schrille Szenen mit Gesang und Dragkings.
- Trotz des Engagements der Beteiligten und bunter Kostüme kritisiert die Rezension, dass einige Gags nicht zünden und manche Szenen zu plump wirken.