Wiener "KaDeWe" wird "Lamarr" heißen
Für die Ernsthaftigkeit der Präsentation steht nicht zuletzt Danielle Spera gerade, bis vor kurzem Direktorin des Jüdischen Museums Wien, die als Kuratorin mit an Bord ist. Sie stellt auch die Verbindung zum Lamarr-Nachlass dar, um den lange ein Tauziehen herrschte, das nun zu einem hollywoodwürdigen Happy End findet. So hatte das Jüdische Museum noch unter Direktorin Spera im Vorjahr den Ankauf der Memorabilia aus dem Besitz des Lamarr-Sohnes Anthony Loder für 50.000 US-Dollar fixiert und die Gründung eines Hedy-Lamarr-Museums angekündigt.
Nachdem die stadteigene Wien Holding aber binnen Jahresfrist nicht der vertraglichen Verpflichtung zur Realisierung des Museums nachgekommen war, wurde der Kauf von Loder rückabgewickelt. Nun also wird Hedy auf der zentralen Einkaufsmeile der Stadt gewürdigt, wobei Christoph Stadlhuber, Geschäftsführer von René Benkos für das Projekt verantwortlichen Signa Holding, die Rechte am Namen persönlich bei Hedy Lamarrs Kindern an der Westküste sicherte. Schließlich zöge ein Museum Hunderte Menschen pro Tag an, während Hedy nun täglich Tausenden ins Bewusstsein komme, so Stadlhuber gegenüber der APA: "Man kommt an Hedy Lamarr nicht mehr vorbei." Über diese Lösung freut sich auch der 75-jährige Anthony Loder: "Meine Mutter war Österreicherin von der Geburt bis zum Tod. Sie musste nach Amerika gehen, aber sie sehnte sich nach Wien."
Die Ehrung als Namensgeberin eines Luxuskaufhauses sei durchaus passend für eine Frau wie Hedy, deren Leben von Glamour, Mode und Eleganz bestimmt war, meint auch Spera. Schon von weitem soll ein Schriftzug an der Fassade des von Rem Kolhaas' Architektenbüro OMA gestalteten Baus grüßen. Zentrales Element der Lamarr-Würdigungen wird das geplante Museumscafé im fünften Stock des Warenhauses sein. Hier wolle man an die Wiener Kaffeehaustradition anschließen, so Ellen van Loon, Partnerin im Rotterdamer OMA und zuständig für das Lamarr, im APA-Gespräch.
"Eigentlich läuft Shopping überall auf der Welt gleich ab", macht die Niederländerin deutlich: "Deshalb ist die Verankerung in der Wiener Kultur so wichtig." So orientiert man sich bei der Materialwahl an der Loos-Bar, setzt also auf dunkles Holz und Grüntöne. In diesem Ambiente sollen Gäste die Möglichkeit haben, in den Publikationen der einst als "schönste Frau der Welt" vermarkteten Schauspielerin blättern können. Überdies sollen sich hier auch Originale in einer Vitrine finden, sowie die Möglichkeit für Auftritte und Vorträge geschaffen werden.
Hedy findet sich aber auch abseits des Cafés im gesamten Haus in der Mariahilfer Straße 12-18. In Schaufenstern sollen demnach ihre Augen in einer digitalen Projektion die Passanten grüßen. Drehbare Paneele in den Passagen werden die Namensgeberin des Department Stores zeigen, und hinter dem Spiegel des Aufzugs erscheint "die Lamarr" Gästen bisweilen als Projektion. "Heutzutage muss man erst einmal Neugier schaffen", umriss van Loon das Konzept. Zu diesem gehören nicht zuletzt passende Zitate der Leinwandgöttin an der Wand wie "Gebt Euer Geld aus. Die meisten Menschen sparen ihr ganzes Leben und überlassen es dann jemand anderem. Geld sollte genossen werden."
Neben den zahlreichen versteckten und evidenten Würdigungen thront Hedy aber auch gleichermaßen über allen: So wird der rund 1.000 Quadratmeter große Dachpark über dem Hotel, der als öffentlich zugängliche Gartenanlage der Stadt firmiert, den Namen Hedy-Lamarr-Park tragen. Hier will man nicht nur auf üppige Begrünung setzen, sondern auch eine Skulptur in memoriam aufstellen. Damit kommt die 1914 in Wien geborene und 2000 in Florida verstorbene Künstlerin zu Ehren, die heute in einem Ehrengrab der Stadt Wien am Zentralfriedhof liegt. Lamarr machte ab den späten 1930ern in Hollywood Karriere, wurde mit einem Stern am Walk of Fame in Hollywood bedacht und war zugleich von der Öffentlichkeit unbemerkt als Erfinderin aktiv, die inmitten des Zweiten Weltkriegs zur Torpedosteuerung das Frequenzsprungverfahren konzipierte, das noch heute als technische Basis für Mobilfunk, Bluetooth und WLAN dient. Zugleich sorgte sie, die sechs Mal verheiratet war, in späteren Jahren mit verunglückten Schönheitsoperationen und Ladendiebstählen für Schlagzeilen. Ein filmreifes Leben eben.
Mit dem Lamarr soll aber selbstredend nicht nur einer großen Wienerin der Rote Teppich ausgerollt, sondern auch die Anbindung des neuen Luxuswarenhauses an seinen Standort gewährleistet werden. "Alle unsere Department Stores sind Ikonen ihrer Städte und damit tief in der jeweiligen Stadt verankert. Der neue Store ist in erster Linie für die Wienerinnen und Wiener, weshalb die Verbindung zur österreichischen Metropole unbedingt gegeben sein muss", begründet André Maeder als Chef der KaDeWe Group die Namenswahl. Zur KaDeWe-Group gehören bis dato das gleichnamige Berliner Luxuskaufhaus, das Alsterhaus in Hamburg und das Oberpollinger in München. Neben dem Lamarr in Wien soll hierzu 2024 dann auch das Carsch Haus in Düsseldorf stoßen.
Aktuell ist das Areal der einstigen Leiner-Zentrale in Wien aber entsprechend noch eine Großbaustelle. Doch ab Herbst 2024 soll das neue Lamarr mit seinen 20.000 Quadratmetern die Gäste dann auf acht Stockwerken begrüßen, wobei zum Gesamtprojekt auch ein Hotel der Hyatt-Gruppe unter der Marke Thompson Vienna gehört. In zwei Jahren also dürfte sich "Gemma ins Lamarr?" dann zur stehenden Redewendung in Wien entwickeln.
Zusammenfassung
- Lange war es ein gut gehütetes Geheimnis, nun aber steht fest: Das künftige Luxuswarenhaus der KaDeWe Group auf Wiens Mariahilfer Straße wird den Namen "Lamarr" tragen.
- Damit erweist man der aus Wien stammenden Hollywooddiva und Erfinderin Hedy Lamarr seine Referenz, die sich bei weitem nicht auf den Namen beschränkt.
- Ein filmreifes Leben eben.
- In zwei Jahren also dürfte sich "Gemma ins Lamarr?" dann zur stehenden Redewendung in Wien entwickeln.