Wiederaufbau von Notre-Dame geht voran
"Es ist eine historische Baustelle, so eine Gelegenheit hat man nur einmal im Leben", sagt er voller Stolz. Am vergangenen Wochenende demonstrierten Zimmerleute, Steinmetze und viele weitere Handwerker und Handwerkerinnen, woran sie derzeit im Inneren der brandgeschädigten Kathedrale arbeiten. Diese soll im Dezember kommenden Jahres wieder eröffnet werden.
Besucher dürfen nur selten die Baustelle besuchen. Zu ihnen zählt etwa das britische Königspaar, Charles III. und Camilla, das am Donnerstag gemeinsam mit Präsident Emmanuel Macron und dessen Frau Brigitte eine Führung durch Notre-Dame bekommt.
In den vergangenen Wochen haben die Arbeiten am Dachstuhl begonnen. Etwa 2000 hundertjährige Eichen wurden dafür gefällt und etwa ein Jahr lang getrocknet.
Der mittelalterliche Dachstuhl der Kathedrale wurde "der Wald" genannt, weil die Holzbalken so dicht nebeneinander verbaut waren. Er brannte ab wie Zunder. Um ein ähnliches Unglück zu verhindern, wird es künftig ein ausgeklügeltes Warnsystem und eine Löschanlage geben, die feinen Wassernebel verbreitet.
Auch an der Basis des Dachreiters wird gearbeitet. Der Spitzturm aus dem 19. Jahrhundert, der am 15. April 2019 in Flammen aufging und ins Innere der Kirche stürzte, bekommt wieder eine hölzerne Struktur, die mit Blei verkleidet wird. Er wird von 32 Wasserspeichern in Form kurioser Monster geschmückt. Einige werden nach Fotos neu gestaltet, da die Originale beim Brand schmolzen.
Die Arbeiten gehen gut voran, da nach dem Brand knapp 850 Millionen Euro an Spenden aus aller Welt eingingen, und die Bauherren nicht knausern müssen. Macron hatte schon am Tag nach dem Unglück angekündigt, die Kathedrale innerhalb von fünf Jahren "schöner als je zuvor" wieder aufzubauen. Er ist entschlossen, Notre-Dame zur Vitrine der französischen Handwerkskunst zu machen.
Da sich das Meisterwerk der Frühgotik - wie alle vor 1905 gebauten Kirchen - im französischen Staatsbesitz befindet, hat die Kirche bei der Restaurierung kaum mitzureden. Einzig über die Innenausstattung entscheidet der Erzbischof von Paris.
Seine Wahl fiel auf einen bronzenen Altar, der entfernt an einen halbierten Camembert erinnert. "Er verbindet das Runde, ein Symbol des Göttlichen, mit dem Eckigen, das für die Menschheit steht", erläutert Henri de Villefrance, einer der Priester von Notre-Dame. Das neue Taufbecken, ebenfalls aus Bronze, soll gleich am Eingang der Kirche stehen. Es wird nur einmal jährlich in der Osternacht benutzt werden, da Notre-Dame keine gewöhnliche Pfarrkirche ist.
Wer Notre-Dame vor dem Brand besucht hat, wird die Kathedrale kaum wiedererkennen. Das Gemäuer und die Gewölbe aus hellem Kalkstein wurden vom Ruß der Jahrhunderte gesäubert oder erneuert. Durch die gereinigten Buntglasfenster strömt mehr Licht hinein als zuvor und erhellt die Wandmalereien und bemalten Skulpturen, die ebenfalls in ihren ursprünglichen Farben leuchten.
Zu ihnen zählt etwa ein wuchtiger Engelskopf, der den Schlussstein des Gewölbes schmückt - also dort, wo das Längs- und Querschiff sich kreuzen. Eine Restauratorin zeigt, wie die dünne Goldschicht aufgetragen wird, und verrät dabei Betriebsgeheimnisse: "Wir benutzen Pinsel aus Eichhörnchen- oder Stinktierhaaren, die eignen sich am besten."
Zusammenfassung
- Auf dem Vorplatz der Pariser Kathedrale Notre-Dame liegt ein etwa zehn Meter langer Eichenstamm, den mehrere Zimmerleute in aufwendiger Handarbeit zu einem Balken verarbeiten.
- "Wir nutzen die mittelalterlichen Methoden, weil der Dachstuhl von Notre-Dame originalgetreu aufgebaut wird", erklärt Magnus Frimer-Larsen, ein Zimmermann aus Dänemark.
- Wer Notre-Dame vor dem Brand besucht hat, wird die Kathedrale kaum wiedererkennen.