APA/Wolfgang Huber-Lang

wean hean: Wienerlied-Festival startete Jubiläumsausgabe

Heute, 08:13 · Lesedauer 4 min

Das Wienerlied-Festival wean hean begeht heuer "Des SüWEANe". Die Ausgabe zum 25-Jahr-Jubiläum wurde am Samstag im Theater Akzent würdig gestartet. Hausherr Wolfgang Sturm, einst Mitorganisator, erinnerte sich an den Erstversuch im Oktober 2000 im Palmenhaus in Schönbrunn: "Es kommt mir vor, als wäre es gestern gewesen." wean hean wurde unter Kulturstadtrat Peter Marboe (ÖVP) ins Leben gerufen. Nach-Nachfolgerin Veronica Kaup-Hasler (SPÖ) eröffnete das Jubiläumsfestival.

Kaup-Hasler freute sich in ihren Eröffnungsworten, dass sich die große Tradition des Wienerlieds stetig weiterentwickelt habe: "Es war nie Stillstand." Ihre Bewerbung des Publikumssingens als Teil des umfangreichen Eröffnungsprogramms nutzte sie für einen kleinen Verweis auf den sonntägigen Wahltag: "Heute Abend zählt jede Stimme. Morgen auch. Bitte nicht die Stimme verlieren!" Die Stadträtin ging jedenfalls mit gutem Beispiel voran - und nahm in den Reihen des von Herbert Zotti, dem Vorsitzenden des Volksliedwerks, geleiteten Publikumschors just dann Platz, als der Schlager "Veronika, der Lenz ist da" angestimmt wurde. Wer Sinn für Zwischentöne hatte, durfte jedoch bei einer Liedzeile aufhorchen: "Veronika, die Welt ist grün ..."

Das Wienerlied war immer auch politisch, aber vor allem philosophisch und melancholisch, aufmüpfig, grantig und unkorrekt. So manche, Frauen betreffende, Textzeile über die daheimsitzende "Alte", die den herumziehenden Männern den Spaß verderbe, könne heute nicht mehr ohne weiteres gesungen werden, gab Zotti zu. Doch das Wienerlied hat sich eben weiterentwickelt. Nicht nur, dass längst Frauen den Ton angeben, gab es alleine am Eröffnungsabend kaum ein Thema, das unbesungen blieb - vom Schrebergarten bis zur U-Bahn, vom Vulkanausbruch bis zum Spritzwein. Und ohne Tod ist auch und vor allem in Wien kein Leben und auch kaum ein Lied vorstellbar.

Auf drei Bühnen wurde im Haus der Arbeiterkammer gleichzeitig Programm gemacht, und dass auch das dazwischenliegende Buffet während der vier Stunden ständig gut besucht war, zeugte vom regen Publikumsandrang. Das Kollegium Kalksburg bewies gleich zu Beginn, dass neben Ziehharmonika und Kontragitarre auch Singende Säge und geblasener Kamm zu den Standard-Instrumenten des Wienerlieds gehören. Wiener Blond, seit 2016 bei wean hean dabei und an diesem Abend im Trio mit Bassist Marc Bruckner vertreten, zeigte einmal mehr, wie gut freche und heutige Texte zur alten musikalischen Tradition passen, während hinter ihnen eine Diashow vorführte, wie bunt und prominent die ersten 24 Ausgaben besetzt waren. Zu den seither zu betrauernden großen Toten zählen Friedrich Cerha und Walther Soyka.

Wienerliedpflege hinter dem Semmering

Das steirische Liedermacher-Duo Seitinger & Maierhofer, das zwei Tage zuvor sein zweites Album "Hauptsoch die Leut habn was zum Redn" released hatte (offizielle Präsentation am 23. Mai im Theater am Spittelberg), stellte mit Band-Begleitung unter Beweis, dass das Wienerlied nicht am Semmering aufhören muss. Die junge Mezzosopranistin Hannah Rehrl machte mit einem fulminanten Auftritt mit vier ebenso jungen Instrumentalistinnen in dem Studierenden-Projekt "wean schbüün" im Club-Keller u.a. zwei Menschen im Publikum glücklich: Andreas Mailath-Pokorny, Rektor der Musik und Kunst Privatuniversität der Stadt Wien (MUK), und Agnes Palmisano, ebendort Dozentin für Wiener Lied. Die Nachwuchspflege funktioniert.

Palmisano wartet erst am Nachmittag des 18. Mai gemeinsam mit dem Gitarristen Daniel Fuchsberger im Schutzhaus Waidäcker auf das Publikum. Zum Festivalabschluss veranstaltet man eine "Jubiläumsrallye", bei der es über die Blaue Nos'n mit Tanzmusik vom Albtrieb Trio zum Liebhartstaler Bockkeller geht, wo die Strafitelgrabenmusi zum Grande Finale aufspielt.

Agnes Palmisano als "Dudel Diva"

Wer nicht darauf warten will, muss sich die kürzlich bei Gramola erschienene neueste CD Palmisanos besorgen. Darauf präsentiert sie sich mit einem - je nach Interpretation entweder ironischen oder grauenhaft kitschigen - Cover und einem überaus informativen Begleitheft als "Dudel Diva". 13 Titel geben eine Übersicht über Koloraturdudler und Dudler aus drei Jahrhunderten, jenen Genres also, in denen sich die heute 50-jährige Sängerin als legitime Nachfolgerin der 2009 verstorbenen Trude Mally positioniert hat.

Für sie sei Jodeln und Dudeln "musikalisch überhöhter emotionaler Ausdruck auf einer non- und vorsprachlichen Ebene", schreibt Palmisano. Auf dieser sei die Menschheit "über die Sprachentwicklung hinaus mittels Lauten wie dem zufriedenen Lallen, aber auch dem Jammern und Quengeln miteinander verbunden". Die auf der CD zusammengetragenen Beweisstücke reichen von Johann Nepomuk Hummels "Air Tyrolienne avec variations" aus 1831, einem Lied aus der Nestroy-Posse "Glück, Mißbrauch und Rückkehr oder Das Geheimniß des grauen Hauses" (1838) und einem aus der Millöcker-Operette "Drei Paar Schuhe" (1871) bis zu den herzzerreißenden Liedern "Sehnsucht" und "S'Leachal", zu denen jeweils Palmisano den Text und Helmut Stippich bzw. Daniel Fuchsberger die Musik geschrieben haben. Die jüngste Nummer ist der "Insel Dudler" von Palmisanos Kollegin und "Wiener Blond"-Sängerin Verena Doublier. Der Kreis schließt sich. Das Wienerlied lebt.

(Von Wolfgang Huber-Lang/APA)

(S E R V I C E - http://weanhean.at/)

Zusammenfassung
  • Das Wienerlied-Festival wean hean feiert sein 25-jähriges Jubiläum mit einer Eröffnung im Theater Akzent.
  • Veronica Kaup-Hasler betonte die kontinuierliche Weiterentwicklung des Wienerlieds und nahm am Publikumssingen teil.
  • Auf drei Bühnen im Haus der Arbeiterkammer wurde ein vierstündiges Programm geboten, das vom Publikum stark besucht war.
  • Das steirische Duo Seitinger & Maierhofer stellte ihr neues Album vor, und Agnes Palmisano präsentierte ihre neue CD als 'Dudel Diva'.
  • Das Festival endet mit einer 'Jubiläumsrallye', die das vielfältige Programm abschließt.