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Salieris Opernrarität "Die verdrehte Welt" in Salzburg

Heute, 09:15 · Lesedauer 3 min

Uniformierte Frauen und schmachtende Männer in Rosa: So zeigte Alexandra Liedtke Antonio Salieris Opernrarität "Die verdrehte Welt - Il mondo alla rovescia", in der Frauen eine Insel und die Männer beherrschen. Die Premiere am Samstagabend erheiterte das Publikum des Salzburger Landestheaters durchaus. Musikalisch überzeugend und voller Spielfreude blieb die Inszenierung jedoch zu sehr im Klamauk stecken, um als Gesellschaftssatire wirklich zeitgemäß zu wirken.

Der historische Stoff überrascht. 1795 entstand die Oper über eine Gruppe Frauen, die der männlichen Unterdrückung überdrüssig auf eine Insel fliehen, wo sie die Rollen umkehren. Frauen kümmern sich um Verteidigung und Versorgung, Männer um Hausarbeit und Mode. Als zwei Europäer stranden, gerät die Ordnung ins Wanken.

Liedtke bleibt nah an Salieris Vorlage: Frauen geben die Befehle, Männer ducken sich. Das ist klug gedacht und an vielen Stellen charmant erzählt. Doch die Umsetzung driftet oft ins Klamottige ab. Das nahezu durchgängig matschohafte Benehmen der Frauen gegenüber einer weichgespülten, in Rosa getauchten Männerschar ließ die Rollenbilder karikaturenhaft wirken. Immer wieder fühlte man sich an Greta Gerwigs "Barbie"-Film erinnert.

An guten Regieideen fehlte es keineswegs. Doch die Lust an der Überzeichnung kostete der Inszenierung die Chance auf eine wirklich moderne Auseinandersetzung mit Geschlechterrollen. Salieris feministische Utopie blieb ein Männertraum.

Lust an Melodien

Musikalisch hingegen hatte der Abend einiges zu bieten. Carlo Benedetto Cimento, Erster Kapellmeister des Landestheaters, hat die Oper selbst in Salieris Geburtsstadt Legnago wiederentdeckt und für Salzburg eine eigene Fassung erarbeitet. Sein Dirigat sprühte vor Lust an den Melodien, und das Mozarteumorchester bewies einmal mehr seine Klasse: präzise, federnd, mit viel Drive.

Die durchaus komplexe Partitur forderte das Ensemble spürbar, doch alle Sängerinnen und Sänger bestanden die Herausforderung mit Bravour. Besonders Daniele Macciantelli als Generala im Bassfach sorgte in Frauenuniform für große Lacher. Insgesamt hielt das Tempo: Trotz fast drei Stunden Spieldauer blieb der Abend unterhaltsam, actionreich und gut getaktet.

Dennoch bleibt am Ende die Erkenntnis: Der Geschlechterkampf ist hier nicht überwunden. Es bleibt eine Frauenwelt, wie Männer sie sich damals ausgemalt haben. Das Publikum feierte den spritzigen Abend mit großem Applaus und stehenden Ovationen.

(Von Larissa Schütz / APA)

(S E R V I C E - "Die verdrehte Welt - Il mondo alla rovescia" von Antonio Salieri. Musikalische Leitung: Carlo Benedetto Cimento, Inszenierung: Alexandra Liedtke, Bühne: Philip Rubner, Kostüme: Johanna Lakner, Dramaturgie: Anna N. M. Lea, Lichtdesign: Sebastian Schubert. Auf der Bühne: La Generala: Daniele Macciantelli, La Colonella: Hazel McBain,L"Ajutanta Maggiora: Katie Coventry, La Marchesa: Nicole Lubinger, Amaranto: Luke Sinclair, Il Conte: George Humphreys, Il Comandante: Yevheniy Kapitula, Il Gran Colombo: Michael Schober, Girasole: Alexander Hüttner, Chor des Salzburger Landestheaters, Mozarteumorchester Salzburg. Weitere Aufführungen: 30. April, 9., 11., 14., 23. und 27. Mai., www.salzburger-landestheater.at )

Zusammenfassung
  • Die Premiere von Antonio Salieris 'Die verdrehte Welt' im Salzburger Landestheater überzeugte musikalisch, fiel jedoch durch klamaukhaft überzeichnete Rollenbilder auf.
  • Unter der musikalischen Leitung von Carlo Benedetto Cimento begeisterte das Mozarteumorchester das Publikum, das die fast dreistündige Aufführung mit großem Applaus feierte.
  • Die Inszenierung von Alexandra Liedtke verpasste die Chance auf eine moderne Gesellschaftssatire und erinnerte stark an den Stil von Greta Gerwigs 'Barbie'-Film.